Denkmal reist nach IsraelGüterwagen aus der Zeit der Judendeportation wird verschifft

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Der Eisenbahnwaggon wurde von einem Kran angehoben.

Dieringhausen – Da trauten einige zufällige Passanten am Montag ihren Augen nicht: Ein Eisenbahnwaggon flog durch die Luft. Vorsichtig und zentimetergenau hob ein riesiger Kran den alten Güterwagen von den Schienen des Eisenbahnmuseums in Dieringhausen auf einen bereit stehenden 19 Meter langen Tieflader, der ihn zum Hamburger Hafen bringen soll. Das ist aber nur der erste Teil der Reise: Per Schiff geht es dann 15 Tage lang übers Meer – bis nach Israel. Dort soll er in der Nähe der Hafenstadt Aschdod aufgestellt werden und als Holocaust-Gedenkstätte an die Deportation von sechs Millionen Juden erinnern.

„Bestimmt 30 Jahre lang hat der Wagen ganz unscheinbar direkt neben dem Eingang des Museumsgeländes gestanden“, erzählt Johannes Reucker vom Eisenbahnmuseum. „Wir haben darin Holz gelagert zum Anfeuern unserer Lok ,Waldbröl’.“ Niemand kam auf die Idee, dass viele dieser vor 1945 gebauten Güterwagen der Baureihe „gedeckter Güterwagen G 10“ auch zum Transport von 1,5 Millionen jüdischen Menschen in die Konzentrationslager genutzt wurden. Bis das Eisenbahnmuseum eine Anfrage der auf Eisenbahntransporte spezialisierten Spedition Pacton erreichte, die vor Jahren schon einmal einen baugleichen Waggon transportiert hatte. „Es gibt davon nur noch ganz wenige“, sagt Kay Winkler von der Spedition mit Blick auf den vermutlich um 1910 gebauten Wagen in Dieringhausen, dessen braunes Holz vielfach repariert wurde und teilweise morsch ist. Ob er wirklich zum Transport von Juden eingesetzt wurde, lässt sich nicht mehr nachprüfen. „Aber die meisten dieser Waggons waren damals im Einsatz, es war der gängige Waggontyp“, meint Winkler.

Entdeckt von Tatjana Ruge

Zehn Meter lang ist der Güterwagen, mit einer schweren Schiebetür und zwei vergitterten Lüftungsöffnungen ganz oben unter dem Dach. „Da waren dann 80 bis 100 Menschen eingepfercht“, murmelt Winkler, und für einen Moment halten die Männer, die schwere Ketten von einem eisernen Kranbalken unter dem Waggon befestigen, inne und sind ganz still, ehe sie mit ihrer Arbeit fortfahren. Eine knappe Stunde später ist der Waggon reisefertig.

Entdeckt hatte den Wagen die Berlinerin Tatjana Ruge im Auftrag der Foundation Moneyhouse. Die Stiftung übernimmt auch die Transportkosten.

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Warum der Waggon nicht über die Schienen bis nach Hamburg rollt? Zu kompliziert, zu teuer, erklärt Reucker vom Eisenbahnmuseum. Da müsste er nach einer Generalüberholung die Lauffähigkeitsbescheinigung eines Sachverständigen bekommen, und aus Köln hätte extra eine Lok angefordert werden müssen. Da sei es einfacher, das zehn Tonnen schwere Gefährt nach dem Umrangieren auf der Drehscheibe auf den besonders flachen, 3,05 Meter breiten Tieflader zu hieven. Als Spezialtransport mit Begleitfahrzeugen ging die Reise am Montag zum Hamburger Hafen, da bekommt der Wagen ein seetaugliches Holzgestell. Am 31. August geht es dann weiter – 4291 Kilometer legt er huckepack zurück. Am Ziel erwartet ihn dann eine gründliche Restaurierung, ehe er einige Kilometer außerhalb der Hafenstadt Aschdod als Mahnmal aufgestellt werden soll.