Ausgleichsrücklage in OberbergKreistag kippt eigenen Beschluss

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In Lindlar kippte der Kreistag seinen eigenen Beschluss aus dem März.

Oberberg – Diesmal waren die Reihen fest geschlossen. Die Kreistagsmehrheit aus CDU, FDP/FWO/DU und UWG hat am Donnerstagnachmittag nicht nur den Doppelhaushalt 2021/22 durchgesetzt. Sie hat in namentlicher Abstimmung mit 34 zu 29 Stimmung auch den Beschluss aus der März-Sitzung kassiert, wonach der Kreis seine Ausgleichsrücklage auflösen sollte, um den Kommunen nicht so viel Kreisumlage abnehmen zu müssen.

Trotz der eindringlichen Bitte von SPD-Fraktionschef Ralf Wurth scheiterte die Opposition mit dem Vorstoß, der Kreistag möge den Haushaltsbeschluss bis Juni verschieben. Bis dahin hätte Landrat Jochen Hagt versuchen sollen, mit den Fraktionschefs, den Bürgermeistern und Ratsvertretern eine möglichst einvernehmliche Lösung bei der Festsetzung der Kreisumlage erreichen. Auch die AfD plädierte für dieses Vorgehen.

Verschärfter Ton nach Abstimmung

Nachdem dieser Antrag in geheimer Abstimmung abgelehnt worden war, verschärfte sich der Ton zunehmend. Wer eine Abstimmung so lange wiederholen wolle, bis ihm das Ergebnis gefalle, habe demokratische Grundregeln nicht verstanden, warf Wurth der Kreistagsmehrheit vor. Zur Demokratie gehöre es, Niederlagen zu akzeptieren.

In der März-Sitzung war SPD und Grünen ein Überraschungscoup gelungen, als ihre Anträge zur Auflösung der Rücklage in geheimer Abstimmung mit einer Stimme Mehrheit denkbar knapp durchkam. Und das offenbar auch mit vereinzelter Zustimmung aus den Reihen der Kreistagsmehrheit, deren Sprecher das anschließend als „Versehen“ abzutun versuchten.

Geschrumpfte Rücklagen

Das alles ist aber seit Donnerstag Makulatur. Dem Versuch des Kreises, das „Abstimmungsversehen“ auf juristischen Weg auszuhebeln, weil der Beschluss von einem viel zu hohem Bestand der Rücklage ausgegangen sei, hatte die renommierte Bonner Verwaltungsrechtskanzlei Redeker/Sellner/Dahs bereits im Vorfeld der Sitzung eine Absage erteilt. Dass im Oppositionsantrag vom März die Rede von einer Ausgleichsrücklage von 12 Millionen Euro die Rede gewesen sei, müsse nicht bedeuten, dass sie tatsächlich so viel Geld enthalten habe, stellten die Bonner Juristen fest.

Etliche zusätzliche unerwartete Ausgaben im Laufe des Jahres 2020 ließen die Rücklage nach Berechnungen der Kreiskämmerei schrumpfen. Inzwischen seien nach Abzug von etwas mehr als einer Million Euro, die im Doppelhaushalt über zwei Jahre für die Finanzierung der Ordnungspartnerschaft vorgesehen sind, nur noch gut 6,5 Millionen Euro übrig. Die will der Kreis jetzt für sich behalten.

Reduzierung des Kreisumlage-Hebesatzes

Für 2022 bereits im Kreishaushalt eingeplant ist eine Reduzierung des Kreisumlage-Hebesatzes um einen Prozentpunkt, was etwa 2,7 Millionen Euro entspricht. Das war für die 13 Bürgermeister zwar ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, aber noch nicht genug. Auch sie hatten bereits Mitte März das Geld aus der Rücklage gefordert. Umso heftiger kommt die Kritik jetzt aus den Rathäusern.

Die Auflösung der Rücklage wäre ein nicht zu vertretendes Risiko und würde dem Kreis jedweden Handlungsspielraum nehmen, auf unerwartete Ereignisse reagieren zu können, erklärten die Fraktionschef Michael Stefer (CDU), Reinhold Müller (FDP/FWO/DU) und Jürgen Poschner (UWG). Finanzielle Risiken erwiesen sich im Ergebnis als „Zeitbomben“, bei den nicht die Frage sei, ob sie explodierten, sondern wann. Angesichts der zahllosen Aufgaben für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen in Oberberg sei eine vollständige Auflösung der Rücklage nicht zu verantworten.

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Gut 20 Sprecherinnen und Sprecher der Opposition appellierten vergeblich, den März-Beschluss im Sinne der Kommunen bestehen zu lassen und wiesen auf die zum Teil gravierenden Folgen für die Finanzen dort hin. Vor allem aber wurde immer wieder an das Demokratieverständnis der Kreistagsmehrheit appelliert. Das Aufheben des März-Beschlusses werde Konsequenzen auch für künftige Zusammenarbeit im Kreistag haben.