Wachen, Fahrzeuge, PersonalWie der Oberberger Rettungsdienst verstärkt werden soll

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Der Rettungsdienst in Oberberg soll verstärkt werden.

Oberberg – Alles hängt an der Zahl 12. Nicht länger als zwölf Minuten soll es dauern von der Annahme des Notrufs in der Kreisleitstelle bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes am Einsatzort. Daran richtet sich der gesamte, knapp 290 Seiten starke Rettungsdienstbedarfsplan aus, den die Kreisverwaltung neu aufgestellt und jetzt der Politik vorgestellt hat.

Wenngleich einige Fraktionen im Ausschuss für Notfallvorsorge noch Beratungsbedarf hatten und das Thema auf den Kreisausschuss vertagten, zeichnete sich in der Politik eine grundsätzliche Zustimmung für das Millionen-Paket ab. Denn daran führt kein Weg vorbei: Um den gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden, muss der Kreis neue Rettungswachen bauen, neue Einsatzfahrzeuge kaufen und mehr Personal einstellen.

Eine Menge Arbeit haben Dr. Ralf Mühlenhaus und seine Mitarbeiter vom Kreisamt für Rettungsdienst, Brand- und Bevölkerungsschutz in den Bedarfsplan gesteckt, der bereits seit 2018 in der Mache ist. Anhand von Einsatzdaten der kreiseigenen Rettungswachen wurde analysiert, ob die Standorte nach wie vor optimal gelegen und ausgerüstet sind, ob es genügend Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge in den einzelnen Kommunen gibt, in welcher Zeit sie welches Gebiet abdecken können und ob es für den Rettungsdienstbetrieb genügend Personal gibt.

Viele Veränderungen seit 2010

Immerhin hat sich seit der Aufstellung des letzten Rettungsbedarfsplans im Jahr 2010 allerhand verändert, wie Mühlenhaus dem Ausschuss erklärte. Obwohl die Bevölkerung tendenziell schrumpfe, gebe es mittlerweile viel mehr zu tun: „Die Inanspruchnahme des Rettungsdienstes durch die Bevölkerung ist gestiegen.“

Feuer- und Rettungsleitstelle

Im Bedarfsplan untersucht wurde auch erstmals die Kreisleitstelle. Deren Ausstattung entspreche nicht mehr dem heutigen Bedarf, erklärte Abteilungsleiter Julian Seeger: Rund 300 Quadratmeter stünden zur Verfügung, tatsächlich benötigt würden aber 1300 Quadratmeter. Ein Neubau müsse her. Auch fehle es an einer adäquaten Ersatz-Leitstelle, die vorhandene in der Gummersbacher Feuerwache entspreche nicht dem Stand der Technik. Geprüft werden soll deswegen auch, ob eine andere Leitstelle in der Region im Ernstfall mitgenutzt werden kann. (ag)

Im Jahr 2019 fuhren Rettungswagen (RTW) rund 26.000 Notfalleinsätze, 21 Prozent mehr als sechs Jahre zuvor. Für Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) gab es 25 Prozent mehr Einsätze (10.705). Das führt dazu, dass immer häufiger die vorgegebenen Hilfsfristen nicht eingehalten werden können. Vorgabe ist: In 90 Prozent der Fälle muss binnen zwölf Minuten Hilfe vor Ort sein.

Daraus ergibt sich ein großes Maßnahmenpaket, dass Amtsleiter Mühlenhaus und Kollegen im Bedarfsplan festgehalten haben. Es ist gleichsam ein Hausaufgabenheft für die Kreisverwaltung. Um das Kreisgebiet besser abdecken zu können, sieht der Plan vor, drei sogenannte „Rettungswagen Akut“ neben den bisherigen RTW in Oberberg zu stationieren, jeweils einen im Kreissüden (Radevormwald oder Hückeswagen), in der Kreismitte (Marienheide-Zentrum) und im Süden (Morsbach-Lichtenberg).

30 Prozent der Fahrten

Diese RTW-A sollen zu den zeitunkritischen Einsätzen ausrücken, bei denen es nicht auf jede Sekunde ankommt. Sie machen laut Mühlenhaus mittlerweile gut 30 Prozent aller Fahrten aus. Auch könnten sie als Ersatz für die sonstigen RTW dienen, falls die gerade in einem anderen Einsatz gebunden sind. Neben den drei RTW-A sollen fünf weitere RTW – zum Teil als Verstärkung bereits vorhandener Wagen nur im Tagdienst – angeschafft  werden, verteilt auf Eckenhagen, Lindlar-Hartegasse, Bergneustadt, Wiehl-Bielstein und Radevormwald.

Zusätzliche NEF im Tagdienst sollen in Bergneustadt und Morsbach-Lichtenberg stationiert werden. Die zusätzlichen Fahrzeuge machen neun Neubauten nötig. In Bergneustadt soll der Rettungsdienst aus dem Feuerwehrhaus ausziehen und ein eigenes Domizil bekommen, in Engelskirchen soll eine neue, strategisch besser gelegene Wache im Bereich Hardt entstehen.

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Weitere Neubauten sind für Hückeswagen, Lindlar-Hartegasse, Marienheide-Zentrum, Morsbach-Lichtenberg, Radevormwald, Eckenhagen und Waldbröl vorgesehen. Erweitert werden soll die Wache in Bielstein. Dafür braucht es erheblich mehr Personal: Der Stamm der hauptamtlichen Notärzte soll auf 28 verdoppelt werden, das Team der Notfallsanitäter und Rettungssanitäter von jetzt 129 auf 204 Vollzeitkräfte wachsen.

Um an sie zu kommen, soll die kreiseigene Agewis-Akademie künftig noch mehr Notfallsanitäter ausbilden. Noch vor dem Sommer soll die Politik grünes Licht für den Bedarfsplan geben, mit den Kostenträgern – also den Krankenkassen, die alles zahlen – abgestimmt ist er schon. Die Umsetzung soll dann so schnell wie möglich beginnen.