Wegen BorkenkäferplageWildschweine könnten in den Oberberger Wald zurückkehren

Lesezeit 4 Minuten

Oberberg – Das Wildschwein (Sus scrofa) ist ein allseits bekanntes Wildtier. Den gedrungenen Körper mit dem schmalen Kopf, den Rüssel und die sprichwörtlichen Schweinsäuglein hat jeder gleich vor Augen.

Besonders eindrücklich sind die Eckzähne der Eber, die sich aufwärts krümmen und dem Imponiergehabe dienen. Zur Paarungszeit im Winter finden stark ritualisierte Hierarchiekämpfe statt, bei denen diese Eckzähne bedrohlich aneinander geschliffen werden. Ein respekteinflößendes Schauspiel, auch wenn heimische Eber oder Keiler – wie der Jäger männliche Wildschweine nennt – heute anscheinend nicht mehr die enormen Ausmaße annehmen, von denen in altertümlichen Erzählungen berichtet wird.

Körperliche Fähigkeiten

Dass Wildschweine als bedrohlich empfunden wurden, liegt auch an ihren beeindruckenden körperlichen Fähigkeiten. Im „Schweinsgalopp“ erreichen sie Geschwindigkeiten von etwa 40 Stundenkilometern, zudem springen sie rund eineinhalb Meter hoch und können außerdem sehr gut schwimmen.

Die Sorge vor dem Keiler ist aber in der Regeln unbegründet. Natürlicherweise hat das Wildschwein Scheu vor dem Menschen und flüchtet vor ihm. Einzig bedrängte Tiere oder weibliche Wildschweine mit Jungen können sich aggressiv zeigen.

Heute beherbergen ganz Eurasien sowie Japan und Teile der südasiatischen Inselwelt Wildschweinpopulationen mit etwa 20 Unterarten. Eingebürgerte Bestände existieren zudem in Amerika und Ozeanien. Die Verbreitung des Wildschweins hat sich in den letzten Jahrhunderten insbesondere durch anthropogene Einflüsse verändert. Historisch nahm mit der Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft auch die Bejagung des Wildschweins zu, so dass die Art in England beispielsweise bereits vor der Industrialisierung ausgerottet war. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es auch in vielen Teilen Mitteleuropas und Nordafrikas keine Wildschweine mehr. Doch nach und nach haben sich die Populationen erholt und weite Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets zurückerobert. Das ging zügig und hält an, was insbesondere an der erstaunlichen Anpassungsfähigkeit der Wildschweine liegt.

Stadtnahe Wälder erschlossen

Diese zeigt sich gegenwärtig sehr deutlich in deutschen Ballungszentren, allen voran in Berlin. Aber auch vor den Toren des Bergischen Landes haben Wildschweine die stadtnahen Wälder als Lebensraum erschlossen und dringen in die Vorstädte ein. Im Allgemeinen entwickeln die Wildschweine des gemäßigten Mitteleuropas die größten Bestandsdichten nach wie vor in Laub- und Mischwäldern, die einen hohen Anteil an Eichen und Buchen haben und in denen es sumpfige Bereiche sowie wiesenähnliche Lichtungen gibt. Diese Bedingungen herrschen in Bergischen Land vielerorts vor und so verwundert es nicht, dass die Bestandsdichten zunehmen, wie einige Jäger versichern.

Was zu ihrer Anpassungsfähigkeit beiträgt, ist, dass sie ausgesprochene Allesfresser sind. Und „Alles“ ist wörtlich zu nehmen: Von Adlerfarnwurzeln über Eichenlaub und -früchte, Blumenzwiebeln, Kartoffeln, Pilze, Schnecken, Mäusen und sogar Jungkaninchen bis hin zu Aas und Abfällen vertilgen sie ein breites Spektrum organischen Materials. Gerne durchsuchen Sie mit Ihrem Rüssel den Boden nach unterirdischen Pflanzenteilen oder Insektenlarven und Würmern als proteinreichem Ausgleich zu Eicheln und Bucheckern. Für Gartenbesitzer und Landwirte bedeutet das ernstzunehmende wirtschaftliche Schäden und stellt ein erhebliches Ärgernis dar.

Ökologischer Effekt

In der freien Natur hat das Durchwühlen des Bodens einen ökologischen Effekt, es führt zu einer Erhöhung der Pflanzenvielfalt. Das Umpflügen der Grasnarbe fördert kurzlebigere Arten und gibt Samen, die in der Erde ruhen, die Chance, ans Licht zu kommen. So können Wildschweine für ein funktionsfähiges Ökosystem sorgen und einen Beitrag zur Erhöhung der Artenvielfalt leisten.

Nun steht der bergische Wald vor einem Neuanfang. Wenn wieder mehr naturnahe Wälder entstünden, in denen es offene und durch Nässe geprägte Bereiche gäbe und viel Totholz mit den dazugehörigen Insektenlarven und anderen wirbellosen Kleintieren verbleibt, könnte das ein Beitrag sein, den Wald als Nahrungshabitat für Wildschwein wieder attraktiver werden zu lassen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wenn im Wald eine höhere Biodiversität und damit ein üppigeres Angebot an eiweißreicher Nahrung in Form von wirbellosen Kleintieren existieren würden, könnte das dabei helfen, dass Wildschweine den Lebensraum Wald seltener verlassen, um auf landwirtschaftlichen Flächen und in menschlichen Siedlungen nach Nahrung zu suchen.