Sexualstraftat in BonnWie die Polizei in Oberberg den Verdächtigen überwacht hat

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Ein Mann aus Oberberg wird verdächtigt, eine Frau in Bonn in ihrer Wohnung vergewaltigt zu haben. (Symbolbild) 

Oberberg – Nachdem ein 36-jähriger Mann in Oberberg wegen des Verdachts, eine junge Frau in Bonn in ihre Wohnung gedrängt und dort sexuell missbraucht zu haben, verhaftet wurde, hat sich die Polizei zu Hintergründen des Mannes, der als Teilnehmer eines Programms für möglicherweise rückfällige Sexualstraftäter geführt wurde, geäußert.

Wie Polizeisprecherin Monika Treutler auf Nachfrage erklärt, lebt der Mann seit etwa zwei Jahren im Kreis, nachdem er eine mehrjährige Haftstrafe wegen Raubdelikten, aber eben auch wegen einer Sexualstraftat verbüßt hat.

Mann aus Oberberg im Programm für rückfallgefährdete Sexualstraftäter

Ursprünglich komme er nicht von hier. Am Ende dieser Haft sei er dann in ein Programm namens „Kurs NRW“ aufgenommen worden. Die Abkürzung steht für: Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Nordrhein-Westfalen. „Das Programm existiert seit etwa zwölf Jahren.

Aufgenommen werden Menschen, die nach Ende weiterhin als gefährlich eingestuft werden“, erklärt Frank Scheulen, Pressesprecher des Landeskriminalamtes (LKA) NRW. Die Weichen dafür stelle zunächst das für die Vollstreckung zuständige Landgericht, indem es für fünf Jahre eine Führungsaufsicht anordne.

„Anschließend“, so Scheulen, „gibt es eine Fallkonferenz, an der neben LKA und Polizei auch die für Vollstreckung zuständige Justiz und das Gericht, aber zum Beispiel auch ein Bewährungshelfer teilnehmen.“ Die Maßnahmen reichten von einer regelmäßigen Gefährdungsansprache – einem Besuch der Polizei beim Teilnehmer zu Hause – bis hin zu einer Observation. „Die ist allerdings die Ausnahme“, erklärt der LKA-Sprecher.

Rückfall sei nach Verhalten der vergangenen Jahre nicht vorhersehbar gewesen

Insgesamt, so Scheulen, sei das Programm ja auch darauf angelegt, demjenigen, der nicht mehr in Haft sitzt, die Rückkehr ins normale Leben zu erleichtern – mit Unterstützung bei der Berufs- oder Wohnungssuche. Scheulen: „Derjenige ist eben nicht mehr in Haft – und auch nicht in Sicherungsverwahrung.“

Welche Maßnahmen genau verhängt werden, das fällt in die Zuständigkeit der örtlichen Polizei. Im vorliegenden Fall habe es verschiedene Auflagen gegeben, zum Beispiel das Verbot, Alkohol zu trinken, erklärt Polizeisprecherin Treutler. Dass der 36-Jährige – wie ihm jetzt nach der Auswertung von DNA-Spuren am Tatort vorgeworfen werde – tatsächlich rückfällig geworden sein soll, sei „nach seinem Verhalten in den vergangenen beiden Jahren nicht vorhersehbar gewesen“, sagt Treutler.

Dass es dennoch – trotz einer engmaschigen Begleitung durch die extra dafür ausgebildeten Beamten – passiert sein könnte, sei natürlich auch für die mit dem Fall befassten Kollegen ein Schock: „Das ist nichts, was spurlos an einem vorbeigeht.“

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LKA-Sprecher Scheulen erklärt, jeder einzelne der Fälle sei schlimm. Allerdings betont er auch: „Unter den Teilnehmern von Kurs liegt die Rückfallquote bei unter fünf Prozent. Die Wissenschaft nimmt als Wahrscheinlichkeit bei Sextätern hingegen 20 Prozent an. Insgesamt betrachtet ist das Programm also erfolgreich.“

Auch NRW-Justizminister Peter Biesenbach kennt die Rückfallquoten: „Oft sind es vor allem solche Täter, die in der gefährlichsten Stufe A eingestuft wurden.“ Ob das bei dem 36-Jährigen der Fall ist, dazu will sich Polizeisprecherin Treutler nicht äußern. Für Biesenbach ist es letztlich immer eine Frage des Einzelfalls, ob nicht schon früher die Gefährlichkeit des Täters erkannt und eine Sicherungsverwahrung nach der Haftentlassung angeordnet wird – entweder sofort oder als Vorbehalt. „Bei Ersttätern“, weiß der Justizminister, „ist das aber die Ausnahme.“ Letztlich, so Biesenbach, müsse man sich da die Urteile im Einzelnen ansehen.