Solange es gehtMorsbacherin hält 130-jährige Familien-Polsterei am Laufen

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Das Handwerk ihrer Familie führt die Morsbacherin Jutta Moll-Bork fort. Ihren Job will sie gegen keinen anderen tauschen.

Morsbach – „Mein Beruf hat mich gefunden“, sagt Jutta Moll-Bork, selbstständige Sattlerin in Morsbach. Ihre Interessen schwankten damals immer schon irgendwo zwischen Medizin und Archäologie, und jetzt habe sie beim Aufmöbeln alter Sofas halt beides in einem, verrät sie und lacht. Angefangen hat alles im Jahr 1987, als ihre Mutter überraschend starb.

Jutta Moll, das jüngste Kind von dreien und damals 21 Jahre alt, springt ein und führt das Geschäft ihrer Mutter mit dem Verkauf von Lederwaren und Geschenkartikeln an der Waldbröler Straße in Morsbach erst einmal weiter. Nebenan in der Werkstatt hat der Vater eine Sattlerei und Polsterei. Aus dem Einspringen wird eine Dauerlösung, bis sie den heimeligen Laden der Mutter 2013 im Trend des Einzelhandelssterbens schließen muss. Doch da ist ja noch das volle Auftragsbuch ihres Vaters Walter Moll in der Werkstatt nebenan, dem sie dort schon seit geraumer Zeit zur Hand gegangen ist.

Ihr Vater bildete sie zur Sattlerin aus

„Ein Jahr lang durfte ich erst mal nur Tackerklammern entfernen und zuschauen“, erinnert sich Jutta Moll-Bork. Die erste Eckbank, die sie ohne den Vater restauriert hat, kann sie noch heute in jedem Detail beschreiben. In der Werkstatt war der Vater der Lehrherr, doch ihr familiäres Verhältnis habe das nie belastet, betont die Tochter. Nur dass er immer so irrsinnig gründlich und penibel gewesen sei, das habe ihre eh schon magere Geduld oft auf die Probe gestellt.

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Das Handwerk ihrer Familie führt die Morsbacherin Jutta Moll-Bork fort. Ihren Job will sie gegen keinen anderen tauschen.

Heute ist Walter Moll 89 Jahre alt, kommt ab und zu mal in der Werkstatt vorbei, um mit der Tochter, die in seinen Fußstapfen steht, einen Kaffee zu trinken. Oder sie ruft ihn an, wenn sie eine zweite Meinung oder eine Idee bei einem besonders kniffeligen Fall braucht.

Von denen gibt es einige, und wie man es schafft, dass ein Streifenmuster sich in geometrisch perfekter Manier um einen Ohrensessel windet, bleibt das Geheimnis der Sattlerin: 15 Stücke Stoff muss Jutta Moll-Bork zusammennähen, bis der antiquarische Sessel endlich nach zehn bis 15 Arbeitsstunden wie neu aussieht und die Streifen in dem roten Samt tatsächlich parallel laufen.

Die Hälfte der Auftraggeber sind Restaurants

Das Metier der Polsterei ist zwar alt, aber unterliegt durchaus diversen Strömungen. Früher wurden die Stoffe vorwiegend an Stuhllehnen und Sofarücken getackert, heute wird das allermeiste wieder zusammen genäht. Aufwendige Handarbeit ist beides. In die Hände bekommt Jutta Moll bei ihrer Tätigkeit so manches.

Auftraggeber für das zum Teil schweißtreibende Handwerk sind etwa zur Hälfte private Haushalte, die ihre in die Jahre gekommenen Lieblingsstücke in ein frisches Kleid packen oder verblasste Erbstücke im neuem Glanz erscheinen lassen wollen. Die andere Hälfte der Kundschaft sind Restaurants, deren Mobiliar naturgemäß größeren Strapazen unterliegt als der Esszimmerstuhl der Großmutter.

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Das Handwerk ihrer Familie führt die Morsbacherin Jutta Moll-Bork fort. Ihren Job will sie gegen keinen anderen tauschen.

Beim Transport und Verladen helfen Jutta Moll-Bork ihre drei Männer (Mann – Sohn – Sohn), doch in der Werkstatt, die heute auch die Fläche des ehemaligen Ladens einnimmt, ist die Sattlerin allein mit den schweren Möbeln, die sie von links nach rechts und oben nach unten bugsieren muss, um die Polster neu aufzufüttern und zu beziehen. Das spare das Fitnessstudio, sagt die waschechte Morsbacherin, die ihren Beruf für keinen anderen eintauschen würde. Obwohl sie gute Karten für den ein oder anderen Tausch in der Hand gehabt hätte: die abgeschlossene und zertifizierte Ausbildung als Arzthelferin oder eine ebensolche als Einzelhandelskauffrau plus die Qualifikation als Ausbilderin oder das Leben als Ehefrau und Mutter zweier heute erwachsener Söhne.

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Doch Jutta Moll-Bork hat sich entschieden, das Handwerk, das vom Urgroßvater Rudolf an den Großvater Julius und über den Vater Walter an sie gegeben worden ist, weiterzuführen. Und das will sie so lange machen wie sie eben kann.