Urteil nach ÜberfallHilflosen Mann in Waldbröl bestohlen

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Das Schöffengericht am Waldbröler Amtsgericht schickte einen 23-Jährigen hinter Gitter. Symbol-

Waldbröl – „So eine Sch ...“, murmelte der 23 Jahre alte Angeklagte, nachdem Richter Carsten Becker das Urteil des Waldbröler Schöffengerichts verkündet hatte: zehn Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Das Gericht hatte den Obdachlosen, der seit März inhaftiert ist, des zweifachen Diebstahls für schuldig befunden.

Spirituosen und Eistee entwendet

Die Staatsanwaltschaft hatte ihn zuvor beschuldigt, im vergangenen Februar in einem Waldbröler Supermarkt zunächst Spirituosen und Eistee entwendet zu haben. Am Tag danach habe er es dann auf eine 61-Jährige abgesehen, die mit ihrem im Rollstuhl sitzenden Mann vom Einkaufen nach Hause zurückkehrte. Dieser habe er die Handtasche mitsamt des Portemonnaies aus dem Korb am Rollstuhl gestohlen und beides weggeworfen, nachdem er das Geld – insgesamt rund 75 Euro – an sich genommen hatte. Nur dem Eingreifen eines Zeugen, so die Staatsanwaltschaft, sei es zu verdanken, dass der 23-Jährige danach von der Polizei festgenommen werden konnte.

Unmittelbar nach seiner Freilassung habe sich der Angeklagte dann am Nachmittag im selben Geschäft mit Energy-Drinks „versorgt“, sei aber diesmal vom Personal festgehalten worden.

Mann bestreitet Probleme mit Alkohol und Drogen

„Ich hatte kein Geld für Essen“, verteidigte sich der Mann, ansonsten gab er sich vor Gericht aber recht einsilbig. Er habe zur Tatzeit zwar etwas getrunken, Probleme mit Alkohol oder Drogen habe er aber nicht.

Die bestohlene Frau schilderte, dass sie den Hausschlüssel aus der Tasche geholt habe, um die Tür aufzuschließen, während ihr querschnittsgelähmter Ehemann auf dem Gehweg gewartet habe, mit dem Rücken zur Straße. Dann habe sie den Schrei einer Nachbarin gehört und ihr Mann habe gerufen: „Wir sind bestohlen worden.“ Die Frau klagte: „Das war unser ganzes Geld für den Rest des Monats.“ Glücklicherweise habe sie es von der Polizei zurückbekommen.

Ein Autofahrer, der den Vorfall an einer Ampel stehend beobachtet hatte, berichtete im Zeugenstand, dass er zunächst mit dem Auto, dann zu Fuß die Verfolgung aufgenommen und den Dieb hinter einer Hecke entdeckt hätte. Dort hätte er ihn bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Der Staatsanwalt dankte ihm für seine Courage.

Viele Vorstrafen

Der Vorsitzende Richter Becker entnahm dem Auszug aus dem Bundeszentralregister, dass der Beschuldigte schon im Alter von 14 Jahren mehrfach straffällig geworden war, mit 17 sei er wegen 14 Betäubungsmitteldelikten zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. „Die gestohlenen Getränke haben zwar nur einen Wert von 32,45 Euro, aber es ist echt mies, eine solche Situation auszunutzen“, sagte der Staatsanwalt im Plädoyer. Er sah „eine erhebliche kriminelle Energie“ bei dem Angeklagten und forderte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten.

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Richter Carsten Becker folgte diesem Antrag. Auch er bezeichnete es als „mies“, eine offensichtlich hilflose Person zu beklauen. Eine Bewährung könne es nicht geben: Kein Arbeitsplatz, keine Bestrebungen um eine Ausbildung, keine feste Wohnung, keine tieferen Bindungen und insgesamt rund 20 noch offene Verfahren seien keine guten Voraussetzungen für eine positive Sozialprognose.