Wipperfürth bleibt BEW treuGemeinde Lindlar hat einen neuen Stromlieferanten

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Die Preise für Strom und Erdgas sind zuletzt stark gestiegen, mehrere Billiganbieter haben die Lieferung eingestellt.

Die Preise für Strom und Erdgas sind zuletzt stark gestiegen, mehrere Billiganbieter haben die Lieferung eingestellt.

Lindlar/Wipperfürth – Seit dem 1. Januar hat die Gemeinde Lindlar neue Lieferanten für Energie. Den Strom – zu 100 Prozent Ökostrom – bezieht Lindlar jetzt von den Stadtwerken Landsberg in Bayern, neuer Gaslieferant ist die Enercity AG aus Hannover. Das ist das Ergebnis einer Ausschreibung.

„Bei einer Auftragsvergabe von Strom und Gas ist dieses Verfahren aufgrund der Höhe zwingend“, erklärt die Lindlarer Kämmerin Cordula Ahlers. Die Vergabeordnung sehe eine Vergabe an den „wirtschaftlichsten“ Anbieter vor. In den meisten Fällen sei dies eben auch der günstigste. „Wenn mir allerdings ein absolutes Dumpingangebot auf dem Tisch liegen würde, dann wäre ich misstrauisch“, so Ahlers.

Bergisch Gladbach sorgt für Schlagzeilen

Ausschreibungen dieser Größenordnung – für Strom und Gas rechnet die Gemeinde Lindlar für 2022 mit Kosten von knapp 700.000 Euro – sind ein aufwendiges und kompliziertes Verfahren. Das Rathaus hat deshalb ein externes Unternehmen zur Hilfe herangezogen. „Als dann das Ergebnis der Ausschreibung feststand, haben wir das zur Kenntnis genommen – mir sagte ,Enercity’ auch nichts“, so Ahlers. Die jetzt geschlossenen Verträge gelten für zwei Jahre, mit der Option einer Verlängerung.

Die Stadt Bergisch Gladbach sorgte vor wenigen Tagen unfreiwillig für Schlagzeilen. Denn obschon „Gläbbisch“ zu 49,9 Prozent an dem Energieversorger Belkaw beteiligt ist, bezog man seine Energie zuletzt von einem Billiganbieter. Erzwungenermaßen, denn der hatte die Ausschreibung gewonnen. Doch dann stellte er plötzlich die Lieferung ein. Seitdem bezieht Gladbach Strom und Gas wieder von der Belkaw, allerdings zu sehr hohen Preisen, denn die Stadt ist in die sogenannte „Grundversorgung“ gerutscht. Dort wird sie vorerst bleiben, denn das Gladbacher Rathaus muss nun erneut neu ausschreiben – und das dauert.

Die betroffenen Kunden rutschen dann in die teure Grundversorgung, davon betroffen ist auch die Stadt Bergisch Gladbach.

Die betroffenen Kunden rutschen dann in die teure Grundversorgung, davon betroffen ist auch die Stadt Bergisch Gladbach.

„So etwas ist der absolute Horror“, sagt Cordula Ahlers. Zumal man unvorhersehbare Mehrausgaben im konsumptiven Bereich nicht durch neue Schulden decken dürfe. „Dann müssen Sie die Steuern erhöhen, und das will niemand.“ Wie kann sich eine Kommune also davor schützen, bei einem Billigstrom-Discounter zu landen? Ahlers stellt eine Gegenfrage: „Müssen denn Discounter grundsätzlich schlecht sein? Die meisten Stadtwerke sind als GmbH organisiert, die können auch den Bach runter gehen.“

Das benachbarte Wipperfürth ist zu knapp 30 Prozent am Energieversorger BEW beteiligt. „Wir haben langfristige Verträge mit der Stadt abgeschlossen und beliefern sie mit Strom und Gas“, erklärt Jens Langner, Geschäftsführer der Bergischen Energie und Wasser GmbH, was das Rathaus bestätigt. Zu den Einzelheiten wie etwa der Laufzeit möchten sich weder Unternehmen noch die Stadt äußern. „Mit Detailregelungen haben wir es geschafft, dass wir die Preisspitzen gut abpuffern können“, heißt es vonseiten der BEW. Bei der Länge der Laufzeit haben die Kommunen große Freiheiten. „Kürten etwa schreibt jedes Jahr neu aus, manchmal erhalten wir den Zuschlag, manchmal nicht“, erklärt Langer.

Ausschreibung

Nach Angaben des Städte und Gemeindebundes NRW können Kommunen bei Dienst- und Lieferleistungen wie Stromlieferung den Auftrag bis zu einem Volumen von 25 000 Euro direkt an einen Anbieter vergeben. Bis 100 000 Euro sind drei Angebote einzuholen, bei einem Volumen darüber hinaus muss öffentlich ausgeschrieben werden, ab 215 000 Euro europaweit. Diese Schwellenwerte wurden von der EU-Kommission festgelegt.

„Das europäische Vergaberecht sieht zwingend vor, dass der leistungsstärkste Anbieter den Zuschlag erhalten muss“, so der Städte und Gemeindebund. Der Zwang zur Ausschreibung soll zum einen den Wettbewerb fördern, zum anderen die Korruption erschweren.

Auch mit Hückeswagen und Wermelskirchen – die ebenfalls maßgebliche Anteile an der BEW halten – gebe es langfristige Verträge, allerdings von unterschiedlicher Dauer, erklärt Langner. Bislang hat sich die Finanzverwaltung der Stadt Wipperfürth um die Lieferverträge mit der BEW gekümmert, künftig soll diese Aufgabe das neue Gebäudemanagement übernehmen. Aus Sicht von Langner ein klarer Vorteil, habe man doch so künftig nur noch einen Ansprechpartner. „Was die Infrastruktur angeht, sind wir sowieso in stetem Austausch mit dem Gebäudemanagement.“

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Ob Wipperfürth die laufenden Verträge mit der BEW noch einmal verlängern kann, scheint fraglich. Bei der Stadtverwaltung geht man davon aus, dass nach Auslaufen der Verträge für Strom und Gas eine Ausschreibung erforderlich wird.