Drogenprozess in Bergisch GladbachSieben Monate auf Bewährung für kranken Vater

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Justitia am Gericht

Justitia an einem Gerichtsgebäude (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Groß gewachsen ist der Angeklagte, vollbärtig, langhaarig und stark tätowiert – „Vorsicht“, denkt man. In Wirklichkeit aber ist der „Easy Rider“-Typ im Holzfällerhemd, der sich wegen einer Drogengeschichte vor dem Schöffengericht verantworten muss, kein Rocker und kein Gesetzloser aus dem wilden, ländlichen Osten von Rhein-Berg, sondern hat eher ziemlich viel Pech gehabt in seinem Leben. Am Ende kassiert er sieben Monaten auf Bewährung für den Besitz von 150 Gramm Amphetaminen und ein bisschen Cannabis.

150 Gramm Drogen, ein Zufallsfund bei einer Hausdurchsuchung in anderer Sache, sind kein Pappenstiel. Bei der Menge liegt es nahe, nicht an Eigenbedarf zu glauben. Doch die Einlassung, die Peter P. (Name geändert) durch seine Verteidigerin Frauke Hartung vortragen lässt, ist schlüssig und bedrückend. Noch keine 40, ist er seit fünf Jahren Rentner. Seinen gelernten Beruf als Handwerker kann er seit Jahren nicht mehr ausüben, weil bei ihm 2008 Multiple Sklerose diagnostiziert wurde.

Hausdurchsuchung wegen Messerkauf

Er wechselt den Beruf, doch auch mit der neuen Tätigkeit klappt es irgendwann nicht mehr, der Grad der Behinderung liegt bei 80 von 100. Er lebt von monatlich 1200 Euro, Rente plus Lebensversicherung, von denen er auch noch 300 Euro Unterhalt für die Teenie-Tochter zahlt. Plus den Gebühren für Streaming-Dienste. „Netflix, Amazon, was ein junger Mensch heute so braucht“, übersetzt das die junge Juristin Hartung für die älteren Semester im Gerichtssaal.

Die Hausdurchsuchung eine Woche vor Heiligabend 2019 gab es , weil Peter P. bei einer zweifelhaften Shopping-Plattform im Internet ein verbotenes Messer bestellt hatte. Die Plattform habe er über seine Tochter kennengelernt. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt leitete ein Verfahren ein – mit der Hausdurchsuchung und ihren Nebenwirkungen.

Drogentest der Suchtberatung

Für das Messer hat Peter P. 2020 einen Strafbefehl bekommen, ansonsten hat er bisher eine weiße Weste. Und tatsächlich habe er die Drogen ausschließlich für den Eigenbedarf genutzt, weil er das Gefühl gehabt habe, dass sie seine Krankheit erträglicher machen. Mittlerweile sei er aber medikamentös gut eingestellt und weg von illegalen Drogen; zum Nachweis legt er einen frischen Drogentest der Suchtberatung vor.

Die Staatsanwältin geht im Plädoyer von einem Verstoß gegen das Drogenverbot im minder schweren Fall aus und fordert neun Monate Haft zur Bewährung. Schöffenrichterin Birgit Brandes verkündet schließlich sieben Monate auf Bewährung. Zudem muss Peter P. weiterhin durch Drogentests seine Abstinenz nachweisen. Um ihn dabei finanziell nicht zu überfordern, werden die gut 35 Euro teuren Tests nur alle drei Monate fällig.