JugendprozessFlatulenz-Attacke auf Bergisch Gladbacher Schulgelände eskaliert

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Saal 106, der größte Verhandlungssaal im Bensberger Amtsgericht.

In Saal 106 im Bensberger Amtsgericht wurde über die Stink- und Schlagattacke verhandelt.

Über eine wüste Schlägerei 2020 auf dem Gelände der Realschule Im Kleefeld verhandelte jetzt das Gladbacher Jugendschöffengericht.

Mehr als drei Jahre nach einer nächtlichen Schlägerei auf dem Gelände der Bergisch Gladbacher Realschule Im Kleefeld haben sich vier junge Männer aus Odenthal, Bergisch Gladbach, Leverkusen und Köln vor dem Bergisch Gladbacher Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen.

Nach mehrstündigem Prozess und einem Rechtsgespräch zwischen den beteiligten Juristen wurde einer der Angeklagten freigesprochen; gegen einen weiteren, der zur Tatzeit den rechten Arm geschient hatte, wurde das Verfahren im Hinblick auf weitere Verfahren eingestellt.

300 Euro an den Weißen Ring

Für die beiden übrigen, teilweise geständigen Angeklagten fielen die Sanktionen mild aus: Der eine wurde verwarnt und muss 300 Euro an die Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ zahlen, der andere, erheblich vorbestrafte Angeklagte wurde unter Betreuungsweisung gestellt.

Die Anklage hatte den vier jungen Männern im Alter von jetzt 20 bis 22 Jahren vorgeworfen, am späten Abend des 16. Mai 2020 zwei andere, heute 23 Jahre alte Männer auf dem Schulgelände brutal zusammengeschlagen zu haben. Die Opfer erlitten Prellungen, verloren Zähne und haben seitdem mit den psychischen Folgen der Attacke zu kämpfen.

Es begann mit einem bösen Geruch

Ausgangspunkt war ein aggressiver Wortwechsel, der entstand, als einer aus der Gruppe der Angeklagten in Richtung eines der Zeugen flatulierte. Dem bösen Geruch folgten böse Worte, die wiederum vonseiten der Angreifer schnell in Gewalt umschlugen.

In der Verhandlung wurde mehrfach bedauert, dass der Prozess erst mehr als drei Jahre nach der Tat stattfand. Die große Verzögerung bedeutete eine enorme Herausforderung an das Erinnerungsvermögen sowohl der Opfer als auch der Täter. Sie widerspricht aber auch dem Grundsatz, dass Sanktionen gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden aus pädagogischen Gründen möglichst schnell folgen sollten.

Richter: Für die Prozessverzögerungen konnten die Angeklagten nichts

Die entsprechende Jugendgerichtsabteilung sei überfordert gewesen, bevor er jetzige Richter Ertan Güven sie übernommen habe, hieß es am Rande der Verhandlung. Güven hielt in der Begründung der Gerichtsentscheidung den Angeklagten zugute, dass sie für die Verzögerungen nichts gekonnt hätten und dass zudem seit dem Abend im Mai 2020 „fast nichts“ mehr passiert sei.

An dem Prozess in Saal 106 nahmen neben den vier Angeklagten und ihren vier Verteidigern auch vier Vertreter der Jugendgerichtshilfe und zwei Bewährungshelfer teil. Zudem verfolgte eine rund 20-köpfige Schülergruppe aus Overath, die im Unterricht gerade das Thema „Rechtsstaat“ behandelt, das Verfahren - volles Haus und insofern dann dicke Luft auch im größten Saal, den die Bensberger Justiz zu bieten hat.