Reinald, Kunegundis und die SchwesterDie 850 Jahre lange Geschichte von Kürten-Olpe

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Ortseingang Olpe 250821

Olpe gilt als Idyll im Bergischen. Viele Ausflügler nutzen den Ort als Startpunkt für Wanderungen.

Kürten – Woher sie kamen und wohin sie gingen, ist nicht bekannt. Im Jahre 1171 tauchen sie plötzlich aus dem dunklen Mittelalter auf: Reinald von Olpe, seine Ehefrau Kunegundis und deren Schwester, Reinalds Schwägerin.

Die drei haben etwas zu verkaufen, was ihnen gemeinsam gehört: drei Stücke Land mit einer Mühle am Hardtbach in Emmehoven (heute Impekoven/Alfter, Rhein-Sieg) und anderthalb Stücke mit Gutshof und Herrenhaus in Blankenberg (heute Stadt Blankenberg). Reinald und die beiden Schwestern waren vermögend, so muss man es sich denken, es werden ihnen noch weitere Güter gehört haben.

Gepa, Äbtissin des Frauenklosters St. Ursula zu Köln, erwirbt die beiden Ländereien jedenfalls für 112 umgerechnet Euro, und fortan haben die Leibeigenen auf den Gütern ihre Erträge an das Kloster zu liefern. Die Bauern und Knechte auf den Höfen stehen nun in Abhängigkeit des Klosters.

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Neugotisches Kirchlein

Über Reinald, Kunegundis und deren Schwester ist nichts weiter bekannt. Über Olpe schon. Das Dorf gilt heute als eines der schönsten im Bergischen, mit Burg oder Haus Olpe aus dem 13. Jahrhundert, mit der neugotischen Kirche St. Margareta, ebenfalls mit Wurzeln aus dem 13. Jahrhundert, mit selbstbewussten Bürgern, mit Schule, Kindergarten, Dorfbäcker, Gasthaus, Dorfteich, Bürger-Interessengemeinschaft, Pfarrsaal, Lindenallee, Friseur, Denkmalwanderweg, Bouleplatz, Feuerwehr und vielen engagierten Vereinen.

Kirche mitten im Dorf

St. Margareta in Olpe

In Kürten-Olpe liegt die Kirche mitten im Dorf. Das neugotische Gotteshaus St. Margareta, wohl Nachfolger einer Kirche aus dem 16. Jahrhundert (Reste sind Teil der Kreuzkapelle), entstand 1896/97 nach Plänen des Architekten Eduard Endler. Errichtet wurde sie im Bereich des ehemaligen Wassergrabens von Burg Olpe.

St. Margareta gilt als Musterbeispiel für eine neugotische Landkirche (dreischiffige Hallenkirche). Grundsteinlegung: April 1896, Benediktion: November 1897, Übertragung der Reliquien aus der alten Kirche: 1898, Abriss der alten Kirche 1899. Die Olper Kirche ist vollständig im Originalzustand erhalten, mit Hochaltar und den beiden Seitenaltären, mit Chorfenstern der Firma Reuter und Reichardt von 1897/98, mit den Marmorplatten der Firma Heuckeshoven und Worring aus Köln, den Mettlacher Platten der Firma Villeroy und Boch in den Seitenaltären, dem Taufbecken, den Kirchenbänken und der Orgel, gefertigt im Jahr 1903 als „Opus 80“ (Nummer 80) bei der Orgelbaufirma Klais in Bonn für 5500 Mark.

Die Turmuhr schlug erstmals am Palmsonntag 1906. Die Kirche hat zuletzt mehrmals als Filmkulisse gedient, so für die ARD-Serie „Mord mit Aussicht“, für Filme der Rosamunde-Pilcher-Reihe (ZDF) und die Mini-Serie „Little America“.

Das Dorf im Hinterland der Gemeinde Kürten wird 2021 wegen Reinald und Kunegundis 850 Jahre alt, und in „normalen“ Jahren wäre dies ein Anlass, tüchtig zu feiern. Jetzt aber ist Pandemie, und es gibt keine Dorffete, kein Schützenfest, keine Kirmes, kein Platzkonzert, keinen Festakt mit Bürgermeister (Willi Heider stammt auch aus Olpe).

Mehr Fragen als Antworten zu Verkaufsurkunde

Die Ortshistoriker würden gern eine runde Ortsgeschichte schreiben, eine ohne ungelöste Fragen. Das geht im Fall von Olpe nicht. Die größte Hürde: einen Ort gleichen Namens gibt es viermal im weiteren Umkreis, mit der Stadt Olpe im Sauerland als bedeutendsten Vertreter.

Burg Olpe 250821

Haus oder Burg Olpe – bis zu einem Brand im 17. Jahrhundert viergeschossig.  Die Burg liegt neben der Kirche.

Dass die Verkaufsurkunde mehr Fragen als Antworten gibt, hatte bereits Josef Büchel, der verdienstvolle Heimatforscher und exzellente Kenner der Olper Ortsgeschichte, festgestellt. Büchel hat die 1171-er Urkunde aus dem Historischen Archiv des Erzbistums aus dem Mittellatein übersetzt, und aus der Anwesenheit zweier Zeugen auf das bergische Olpe geschlossen.

Reinald und Kundegundis Familie

Ein Theodor von Wipperfürth und ein Heinrich vom Büchel waren unter der großen Schar, die am Tag der Beurkundung auf Einladung des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg in die Metropole gekommen waren; das Dorf Büchel liegt benachbart zu Olpe, Wipperfürth am Heerweg, der bei Bechen verläuft. Die beiden müssen jedenfalls eng mit Reinald und Kunegundis verwandt gewesen sein.

Daran lässt die Urkunde keinen Zweifel: Zur Beurkundung seien „Reinald mit seinen Kindern und alle zusammen mit ihren Miterben“ nach Köln gekommen. So steht es in der Urkunde, die Namen der Kinder werden nicht genannt. Aber die Aussage ist eindeutig: Alle weltlichen Zeugen waren mit Reinald und Kunegundis versippt.

Rudenberg verkauft 1290 an Graf von Berg

Über 40 Anwesende nennt die Urkunde, Kleriker, Äbte, Klostervorsteher, auch zahlreiche kleinere und größere Adelige. Als da wären: Rudolf und Giselbert von Bergheim, Hildger von Remagen, Lambert von Rode, Winand von Steterich, Theodor von Trevenestorp in den Niederlanden, Advokat Gerhard, die Schöffen Emund, Ludwig, Frank und Antonius und der Kölner Ritter Karl von der Salzgasse. Und zwei Grafen: Hermann von Saffenberg und Müllenark als Domvogt und Heinrich („Henricus“) von Arnsberg.

Gerade über letzteren ist vieles bekannt, er war im zweiten Drittel des 12. Jahrhunderts eine „große Nummer“ im Reich, agierte eng im Umfeld des Stauferkaisers Friedrich Barbarossa und herrschte über das südliche Westfalen. Sein Sohn Gottfried II. wird später eine Agnes von Rudenberg (auch ein westfälisches Geschlecht) heiraten, und noch eine Generation weiter verkauft ein Konrad von Rudenberg Hof und Güter zu Olpe an den Grafen Adolf von Berg. Das geschieht 1290.

Angeblich Splitter von Jesus' Kreuz nach Olpe gebracht

Die Burg Olpe ist Zeuge dieser Zeit. Der Ursprung dieses Gebäudes wird in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert, 2006/07 bestätigten Untersuchungen an Holzbalken ein sogar ins 11. Jahrhundert zurückreichendes Alter.

Kreuzkapelle Olpe 250821

Das steinerne Portal der Kreuzkapelle von Olpe wird auf die Jahre 1130 bis 1140 datiert.

Eine Kirche oder Kapelle könnte es damals auch gegeben haben, das steinerne Portal an der Olper Kreuzkapelle wird auf 1130/40 datiert. Ein unbekannter Kreuzritter soll ehedem (angeblich 1228) einen Splitter vom Kreuze Christi nach Olpe gebracht haben, und als Dank für seine Errettung aus sarazenischer Gefangenschaft die Kapelle errichtet haben, so die Überlieferung, und das hohe Mittelalter war die Zeit der Kreuzzüge.

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Die Burg, als Rittersitz geführt, war bis zu einem Brand im 17. Jahrhundert viergeschossig und ein wuchtiges, markantes Gebäude. Es gab einen Wassergraben als Schutz vor Überfällen, heute ist er zugeschüttet. Mehr war nicht: Ein Dorf im heutigen Sinn entstand erst Jahrhunderte später, wohl erst ab 1800.

1383 wird der historische Boden fest. Da verkaufen Herzog Wilhelm II. von Jülich-Berg und seine Gemahlin Anna von Bayern ihren Besitz in Olpe mit 78 Höfen und sieben Mühlen an den Wilhelm von Lülsdorf. Von hierab sind alle Eigentümer der Burg lückenlos bekannt, bis zur Bauernfamilie Häck, der Burg Olpe seit rund 160 Jahren gehört. Reinald und Kunegundis könnten vor 850 Jahren die ersten gewesen sein, die in Burg Olpe gewohnt haben.