Erinnerungen an die FlutFreiwillige beseitigen Müll am Ufer in Unterauel

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Im Gesträuch am Sülzufer in Unterauel hingen viele Überbleibsel der katastrophalen Flut im Juli, die die Helfer einsammelten.

Im Gesträuch am Sülzufer in Unterauel hingen viele Überbleibsel der katastrophalen Flut im Juli, die die Helfer einsammelten.

Overath/Rösrath – Schon über ein halbes Jahr ist es her, dass die Flut auch hier in der Region große Schäden angerichtet hat. Bis heute ist das an vielen Stellen sichtbar, unter anderem an der Sülz in Unterauel. Dort haben am Samstagvormittag rund 20 Helfer für Ordnung gesorgt und so einige kuriose Entdeckungen und Erfahrungen gemacht.

Es ist ein nebliger, trüber Morgen. Hin und wieder kommt Sprühregen herunter, aber davon lässt sich das Aufräumkommando nicht abbringen. Über Stock und Stein, tiefen Matsch und durch das Wasser geht es für die Truppe, die ausgerüstet ist mit Gummistiefeln, Handschuhen, Zangen und Müllsäcken. Ein Teil gehört zum Verein „Lebenswertes Sülztal“, ein anderer zur „Bürgerinitiative Sülzauen“. Alle weiteren haben von der Aktion mitbekommen und sind dazugestoßen, man kennt sich eben. Wie Christiane Zeug aus Bergisch Gladbach, die Gefallen daran hat, etwas Praktisches und gleichzeitig Gutes für die Natur zu tun. Alle Helfer bringen unterschiedliche Fähigkeiten mit, und das ist perfekt für den Ablauf der Müllsammelaktion.

Erinnerungen an die Flut

Friedlich plätschert die Sülz vor sich hin und es ist eigentlich kaum vorstellbar, dass das Wasser im Sommer fast bis zur Straße stand. Kirsten Schou-Harms, Mitglied der Bürgerinitiative, wohnt 150 Meter entfernt vom Fluss und erinnert sich genau an den Tag, als das Wasser kam. Aufgefallen sei es ihr, weil die Hühner im Stall in einer Ecke versammelt waren und das Wasser ihnen gefährlich nah kam. Sie nahm sie dann mit in die Wohnung und stellte die große Transportbox auf einen Tisch im Erdgeschoß, nach ein paar Stunden lief das aber so voll, dass sie die Tiere in separaten Kartons eine Etage höher trug. Was zu retten war, rettete die Familie noch, doch sieht das Erdgeschoß heute, über ein halbes Jahr später, aus wie ein Rohbau.

Mit Kisten und Müllsäcken auf ihren Stand-up-Paddling-Boards reinigten Tom Antony und Bianca Paul die Sülzufer vom Wasser aus.

Mit Kisten und Müllsäcken auf ihren Stand-up-Paddling-Boards reinigten Tom Antony und Bianca Paul die Sülzufer vom Wasser aus.

Aus diesem Grund findet Schou-Harms wie auch ihre Mitstreiter von der Bürgerinitiative und dem Verein „Lebenswertes Sülztal“ es gar nicht gut, dass nebenan ein Gewerbegebiet gebaut werden soll. Die Stadt Overath hat zwar schon vor fast fünf Jahren dort die Grundstücke gekauft und es gebe Interessenten, die sich auch nach der Flut noch dort ansiedeln wollten. „Das Problem ist, dass das Gelände angeschüttet werden müsste. Die Anwohner säßen also in einem Kessel und falls das Wasser wieder bis hierhin kommt, gäbe es überhaupt keinen Ablauf mehr. Es könnte sich nicht mehr auf der Wiese ausbreiten und von da absickern“, erklärt Schou-Harms. „Das ist überhaupt unsinnig, sich an Pläne zu halten, die nicht funktionieren. Die Natur hat eben anders entschieden“, pflichten ihr andere Helfer bei.

Was die Helfer erzählen, macht betroffen

Einige von ihnen sind selbst betroffen von der Flut und im Laufe des Vormittags entstehen viele nette, aber auch ernste Gespräche. Was die Helfer erzählen, macht betroffen. Ebenso wie die Spuren der Verwüstung, die rund um das Flussbett der Sülz deutlich sichtbar sind. Überall sind Hänge abgerutscht, in den Büschen hat sich Unrat verfangen, den die Helfer einsammeln. Kleidungsstücke, Reste von Möbeln, Unmengen von Plastikfetzen liegen und hängen dort. Die Highlights sind eine Schubkarre,ein Schlauchboot, eine Gasmaske, ein „Kurvenbesen“, der verbogen ist, aber seinen Dienst noch tut, und ein riesiges Plastikrohr.

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Kleine Teile landen in Müllsäcken, große transportiert Ralf Mintrop mit seinem Klein-Pick-up zur Sammelstelle an der Straße, wo sie im Lauf der Woche von der Müllabfuhr abgeholt werden. Besonders groß ist die Freude, als zwei Helfer einen Mülleimer finden. Nämlich ihren eigenen, den sie seit der Flut vermisst haben. „Wir haben ihn erkannt, weil unsere Hausnummer draufsteht“, freuen sie sich über den Fund, der erstaunlicherweise noch intakt ist.

Stand-up-Paddler wagen sich bei Temperaturen um den Nullpunkt ins Nass

Während die Trupps entlang der Sülz sammeln, erledigen das Tom Antony und Bianca Paul in der Sülz. Sie sind Stand-up-Paddler und wagen sich bei Temperaturen um den Nullpunkt ins Nass. Denn am Rand hängt auch jede Menge Müll. Den rupfen die beiden aus dem Gebüsch und sammeln ihn in ihren Körben, die sie auf ihre Paddle Boards geschnallt haben. Bis zu einem gewissen Punkt plätschert die Sülz so vor sich hin, dann wird sie wild. Aber auch von der Strömung lassen sich die beiden nicht aus der Ruhe bringen.

Die Strömung machte den Helfern zwar zu schaffen, hielt sie aber nicht davon ab, weiteren Müll einzusammeln.

Die Strömung machte den Helfern zwar zu schaffen, hielt sie aber nicht davon ab, weiteren Müll einzusammeln.

Der Bayerische Gebirgsschweißhund Bruno ist ebenfalls voll bei der Sache und schaut den Helfern genau auf die Finger. Plötzlich kommt ein Spielzeug-Einhorn angeschwommen, es hat ein ziemliches Tempo drauf, verfängt sich dann aber und die Helfer können das Schwimmtier aus dem Fluss ziehen. Nach mehr als zwei Stunden wartet auf alle eine Belohnung: warme Suppe, Brötchen und Kaffee. Die Stärkung hat Schou-Harms gemeinsam mit ihren Nachbarn vorbereitet.