Stunde der „Verzällcher“Aktuelle Themen beim dritten Kölsch-Literaturwettbewerb

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Dichten op kölsch: (v.l.) Elisabeth Kump, Rita Goldammer, Michael Hehn, Hans Heinz Eimermacher, Stefanie Brands, Mario Maintz.

Dichten op kölsch: (v.l.) Elisabeth Kump, Rita Goldammer, Michael Hehn, Hans Heinz Eimermacher, Stefanie Brands, Mario Maintz.

Rösrath – Mutig gaben sich die Veranstalter des Kölsch-Literaturwettbewerbs, ließen sie sich doch von der Corona-Krise nicht einschüchtern. „Die Stadt hat unser umfassendes Hygienekonzept genehmigt und damit auch ein Zeichen für das Überleben der Kultur und der Kulturschaffenden gesetzt“, freute sich Kulturvereinsvorsitzende Ingrid Ittel-Fernau. Zum dritten Mal lud der Verein zum Wettbewerb in den Bergischen Saal von Schloss Eulenbroich ein – mit reduzierter Teilnehmerzahl von nur 25. Manch einer behielt den Mund-Nase-Schutz auch einfach an, denn auch damit lässt sich lachen. Und dazu gab es immer wieder Anlass.

Der mit Abstand lustigste Beitrag kam von Stefanie Brands und erreichte mühelos Platz 1 und damit das Preisgeld von 300 Euro im Genre Prosa – oder wie es auf Kölsch heißt, Verzällcher. Unter der Überschrift „Unfug-Irrwitz ’sch geh Aldi“ beschrieb die 1954 in Köln geborene ehemalige Puppenspielerin am Hänneschen Theater, welchen Einfluss der Discounter auf das Leben der Menschen hat. „Minge Vater sagte immer Aldi es wie et Vater unser oder de Mess op Latein: man kann se in allen Ländern verstonn“, startete Brands. Ob in Österreich, Frankreich oder Italien, man wisse überall sofort, wo „de Butter stonn“. Und dann überschlug sie sich mit einem Ritt durch die Angebotspalette, die für jede Lebenslage etwas vorhält. „Für Omi en Likörche, für Papi en Grappa un für de Mutti Mon Cherie“. Aldi bestimme die Tischdecken und Lichterketten an Weihnachten, die Deko an Ostern und Halloween und die Kostüme an Karneval. Am Ende bliebe nur noch „een Frach übrisch: Wat jib et übrigens nächste Woch bei Lidl?“ Das Publikum brüllte vor Lachen.

Den zweiten Platz (200 Euro) im Genre Prosa belegte die ehemalige Grundschullehrerin Elisabeth Kump mit ihrem Beitrag „Et gitt nix Schlemmeres wie Minsche“. Darin thematisierte die in der Eifel lebende Autorin die Radionachrichten etwa über Mord und Totschlag, Hamsterer in der Corona-Krise und den Umgang der Menschen damit. Platz drei und hundert Euro gingen an Rita Goldammer für ihren Beitrag „Poschte 2020“. Die pensionierte Amtsleiterin der Bauaufsicht in Pulheim, die auch Texte fürs Kölsch-Kabarett verfasst, beschrieb darin das Osterfest wie es früher einmal war: mit Ostereiersuchen der „dre kleenen Ströpche“ und Festmahl, das die Oma kochte. Und wie es in diesem Jahr abgelaufen war, nämlich ohne all das.

Während das Genre Prosa fest in Frauenhand war, war die Lyrik von den Männern besetzt, wie Dr. Jürgen Rembold, Gründer der Rembold-Stiftung und Initiator des Kölsch-Literaturwettbewerbs, in der Pause bemerkte. Hier gewann der als Letzter vortragene Mario Maintz den ersten Platz und die 300 Euro mit seinen „Rümcher“ mit dem Titel „Eimolig - E drövsillig Fröhjohr oder: Mer kann et su oder su sinn““. Darin beschrieb der 47-Jährige sein Erleben der Corona-Krise. Der Lehrer für Deutsch, Religion und Praktische Philosophie hatte eigentlich ein anderes Gedicht einreichen wollen, doch seine Zeit im „Home Office“ brachte ihn zu der Erkenntnis, dass „die Corona-Krise eine Welle englischer Begriffe über uns hereinschwappen ließ“. „Ich saß im Home Office, machte Social Distancing und Digital Learning, chattete und skypte.“ Das Ganze ginge doch auch auf Kölsch, hatte er sich gesagt und sein Gedicht verfasst. Das beschrieb die Trübsal geschlossener Museen und das Verbot, andere Menschen zu berühren. Doch Letzteres wolle er sich bei seiner Partnerin nicht verbieten lassen, denn: „Mit dir ens zosamme, dat is klor, jonn ich verjnüjt durch das missliche Jahr“.

Den zweiten Preis mit 200 Euro erhielt Michael Hehn für das Gedicht „Et Ömmerjönche“. Ums ewige Jammern drehte sich der Beitrag des Lehrers am Dreikönigsgymnasium, der auch als Büttenredner, „Dä Nubbel“ und Autor kölscher Beiträge einen Namen hat. Den dritten Platz (100 Euro) belegte der „Ur-Lohmarer“ Hans Heinz Eimermacher mit seinem Verzällcher „Me sin jetz elektrisch“. Der 83-Jährige hat schon diverse Anekdötscher unter dem Titel „Irdische und himmlische Geschichten“ herausgebracht. Alle Gewinner erhielten neben dem Geldpreis auch einen Fair-Trade-Kaffee und eine Tasse von Rembold. Beides vertreibt der Initiator der Literaturwettbewerbs exklusiv in seinem Café.