Adventsserie „Lesenswert“Schonungslose Mount Everest-Expedition mit „In eisige Höhen“

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Eine spannende Geschichte von Jon Krakauer empfiehlt die Bibliothekarin Lisa Joos.

  • In unser Adventsserie „Lesenswert“ stellen ihnen Buchhändler aus dem Rhein-Erft-Kreis ihre Lieblingsbücher vor.
  • Diese eignen sich bestens für die knackig kalten Wintertage.
  • Heute: „In eisige Höhen“ von Jon Krakauer.

Bergheim – Zur Bergsteigerin wird sie dieses Buch nicht mehr machen, da ist sich Lisa Joos sicher. Zu eindrücklich und detailliert erfährt sie in „In eisige Höhen“ von Jon Krakauer, welche Gefahren auf dem Weg zum Gipfel des Mount Everest lauern.

Leseprobe

„Ich stand auf dem höchsten Punkt der Erde, den einen Fuß in Tibet, den anderen in Nepal, und befreite meine Sauerstoffmaske von Eis. Eine Schulter gegen den Wind gestemmt, blickte ich abwesend in die unermessliche Weite Tibets hinab. Ganz entfernt dämmerte mir, dass die Landschaftsflucht zu meinen Füßen ein überwältigender Anblick war. Von diesem Moment hatte ich monatelang geträumt, von dem Rausch der Gefühle, der ihn begleiten würde. Aber jetzt, endlich hier, tatsächlich auf dem Gipfel des Mount Everest angelangt, fehlte mir ganz einfach die Kraft, überhaupt etwas zu empfinden.

Es war am frühen Nachmittag des 10. Mai 1996. Ich hatte seit 57 Stunden nicht mehr geschlafen. Die einzige Nahrung, die ich in den letzten drei Tagen hinuntergewürgt hatte, war eine japanische Ramen-Suppe und eine Handvoll Schoko-Erdnüsse. Wochenlange Hustenanfälle hatten mir zwei beschädigte Rippenknochen beschert, die jeden Atemzug zur qualvollen Folter machten. Auf 8848 Metern hoch oben in der Troposphäre gelangte so wenig Sauerstoff in mein Gehirn, dass meine geistigen Fähigkeiten sich auf die eines kleinen Kindes beschränkten.“

„In eisige Höhen“ von Jon Krakauer, 405 Seiten, zehn Euro, Taschenbuch im Piper-Verlag (ISBN: 9783492229708), April 2000.

Empfehlen kann Lisa Joos das Buch trotzdem: „Ich konnte es nicht mehr aus den Händen legen und habe es in einem Rutsch an einem Wochenende durchgelesen.“ In dem Buch, das 1997 erschienen ist, erzählt Autor Jon Krakauer von seiner Expedition auf den höchsten Berg der Erde ein Jahr zuvor – und das schonungslos.

Nicht alle Expeditionsteilnehmer schaffen den Weg bis aufs Dach der Welt, Krakauers Gruppe gerät in ein Unwetter, Menschen kommen ums Leben. Das Buch, das eher ein Tatsachenbericht als ein Roman ist, glänzt durch viele Details. Krakauer gliedert die Schilderung seiner Erfahrungen in Datum, Uhrzeit und zurückgelegte Höhenmeter.

„Der ganze Irrsinn des Mount-Everest-Tourismus wird dargestellt“, beschreibt Lisa Joos die kritische Haltung des Autors. Zu viele Gruppen würden für eine Tour nach oben zugelassen, weil Nepal auf das Geld angewiesen sei. Dadurch entstünden auf dem Berg buchstäblich Staus, sodass es sein könne, dass Menschen nicht mehr rechtzeitig umkehren könnten.

Joos empfand die Lektüre als sehr spannend: „Man fiebert richtig mit und möchte wissen, ob sie es schaffen“, erzählt sie. Auch wenn sie nach den Ausführungen eine Mount-Everest-Expedition für Irrsinn hält, übten das Buch und das Thema gleichzeitig eine Faszination auf sie aus: „Man kann schon verstehen, warum Leute da hoch wollen, obwohl es so lebensfeindlich ist.“

Die 44-jährige Joos empfiehlt das Buch Menschen, die gern Reise- und Tatsachenberichte lesen. Besonders reizvoll findet sie, dass die im Buch beschriebenen Geschehnisse tatsächlich passiert sind.

Zur Person

Lisa Joos (44) ist die stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek Bergheim, die im Medio Rhein-Erft ihre Heimat hat. Seit 2015 arbeitet sie dort, zuvor war sie in der Stadtbibliothek Brühl tätig. Nach eigener Aussage liest die in Köln lebende Joos ein bis zwei Bücher im Monat. (nip)

Der Autor Jon Krakauer wurde 1954 in den USA geboren. Er arbeitet als Wissenschaftsjournalist für amerikanische Zeitschriften. „In eisige Höhen“ ist 1997 für das US-amerikanische Fernsehen verfilmt worden: „In eisige Höhen – Sterben am Mount Everest“.

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Ein weiteres bekanntes Werk Krakauers ist „In die Wildnis: Allein nach Alaska“, in dem er den Weg des Auswanderers Chris McCandless nachzeichnet. Dieses Buch ist 2007 von Sean Penn unter dem Titel „Into the wild“ verfilmt worden.