Vor dem Krieg geflüchtetElyssa feiert 4. Geburtstag in Fliesteden in Sicherheit

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Die kleine Elyssa feierte ihren vierten Geburtstag.

Bergheim-Fliesteden – Elyssa strahlt über das ganze Gesicht, sie schlägt ihre Hände zusammen, weiß nicht so recht, wohin mit ihnen und grinst dann verlegen ihre Mutter an. Elyssa steht am frühen Mittwochabend mitten im Bürgertreff in Fliesteden, vor ihr ein leckerer Geburtstagskuchen, denn Elyssa, die vor einigen Wochen mit Mutter Inna, Schwester Polina (15) und Großmutter Rymma aus der Ukraine nach Fliesteden geflohen ist, wird vier Jahre alt.

Vermieter wollten keine Geflüchteten aufnehmen

22 Geflüchtete sind im 2000-Einwohner-Dorf Fliesteden bei sieben Familien untergebracht. Schon Anfang März seien die ersten Gäste eingetroffen, erinnert sich Ortsbürgermeisterin Elisabeth Hülsewig. Elyssa und ihre Familie haben zuerst bei Florian Schrameyer und Nicole Vollmer gewohnt. Ein Wasserschaden zwang sie, für ihre Gäste eine neue Wohnung zu suchen. Dabei haben die Gastgeber nicht nur gute Erfahrungen gemacht.

Es habe Vermieter gegeben, die explizit abgesagt hätten, weil sie nicht an Flüchtlinge vermieten wollten, berichtet Florian Schrameyer und zeigt eine E-Mail. Kurzfristig war die Familie im Bürgertreff, den der Bürgerbusverein betreibt, untergekommen. Inzwischen haben sie eine eigene Wohnung.

Angst vor Fluglärm

Schrameyer berichtet von den ersten Tagen in Deutschland. Bei Fluglärm seien die Gäste völlig verängstigt gewesen. Auch das Essen sei ihnen anfangs schwer gefallen. Inzwischen seien sie aber im Dorf angekommen, so Hülsewig, denn die Fliestedenerinnen und Fliestedener hätten sofort geholfen. Friseure haben Gutscheine ausgestellt, die „Maiguys“ haben beim Tanz in den Mai für die Geflüchteten gesammelt, eine Firma hat Einkaufsgutscheine bereitgestellt, und im Fußballverein spielt inzwischen ein 18-jähriger ukrainischer Kicker.

Viele andere Hilfen kamen schnell zusammen. „Als eine Nachbarin gesehen hat, dass ich einen geflüchteten Jungen bei mir habe, hat sie gefragt, ob er ein Fahrrad gebrauchen könne“, berichtet Rosemarie Wipperfürth, eine Gastgeberin, die eine Mutter mit Tochter (14) und Sohn (12) beherbergt. Einige der jungen Ukrainerinnen und Ukrainer gehen inzwischen in Kindergärten und Schulen in Pulheim und Fliesteden. Zusätzlich nehmen sie am Onlineunterricht aus der Ukraine teil.

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Alle Geflüchteten sind bei Privatpersonen aufgenommen worden und besuchen einen Deutschkurs.

Jeden Montag und jeden Mittwoch bekommen alle Gäste Deutschunterricht im Pfarrheim, das die Kirche zur Verfügung gestellt hat. Lehrerin ist Masha, eine junge Ukrainerin, die bei Familie von Preysing in Fliesteden vor vier Jahren ein Au-pair-Jahr verbracht hat. In der Ukraine ist sie Deutschlehrerin, und über die Volkshochschule konnte Elisabeth Hülsewig den Kursus in Fliesteden organisieren.

Dolmetscher im Einsatz

Ebenfalls für Verständigung sorgt Viktoriya Chasse. Die Dolmetscherin lebt seit fast 20 Jahren in Deutschland. Sie hat nach Kriegsbeginn ihre 15-jährige Nichte Yeva von der polnisch-ukrainischen Grenze nach Fliesteden geholt.

Die vergangenen Wochen und Monate waren nicht leicht für die Geflüchteten, die am Mittwoch im Bürgertreff sitzen. Einige Frauen haben ihre Männer in der Ukraine, sie kämpfen an der Front. Eine Frau berichtet von ihren 70-jährigen Eltern, die nicht fliehen wollen, weil es eben ihr Land sei.

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Beschuss und Bomben haben sie alle mitbekommen, manche mehr, manche weniger. Die Geflüchteten erinnern sich an die Sirenen, die sie bei Kriegsausbruch in ihrer Heimat gehört haben. Einige wissen, dass ihre Häuser in der Ukraine noch stehen, wieder andere werden irgendwann wohl in ein zerstörtes Zuhause zurückkommen.

Die Flucht war für viele nicht leicht. Die meisten hätten sich irgendwann die Kinder geschnappt und das Land verlassen, häufig über Polen. Sie berichten von tagelangen Autofahrten, Nächten auf Fußböden und in Kellern, um vor Einschlägen geschützt zu sein.