Inklusive digitaler BegleitungBrühler Musiker unterrichtet Kinder mit Handicap

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Geiger Sebastian Reimann muss derzeit auf Auftritte verzichten, doch im Verlauf der Corona-Pandemie hat der Brühler auch viel Positives erlebt.

Geiger Sebastian Reimann muss derzeit auf Auftritte verzichten, doch im Verlauf der Corona-Pandemie hat der Brühler auch viel Positives erlebt.

Brühl – Den zweiten Lockdown geht Sebastian Reimann deutlich gelassener an als den ersten. Das heißt aber nicht, dass der erneute Einstieg in einen veränderten Alltag ganz ohne Ruckeln verläuft. „Mein Computer macht leider Probleme, die ich schnell in den Griff bekommen muss“, sagt er an jenem Montagmorgen, an dem sich die Republik ein zweites Mal von der Normalität verabschiedet. Doch nach 30 Jahren als freischaffender Musiker, als sein eigener Chef, wisse er sich zu helfen.

In den nächsten Wochen wird der Brühler seinen Computer intensiv nutzen. Denn Reimann bestreitet einen Großteil seines Unterhalts als Geigenlehrer. Er unterrichtet rund 30 Schülerinnen und Schüler im Auftrag der privaten Musikschule Auftakt in Alt-Hürth und der städtischen Musikschule in Jülich. Und das geht während des Lockdowns eben nur online.

„Viele Tipps von den Eltern bekommen“

Inzwischen kennt er die nötigen Programme, die Tücken der Technik, aber auch die Vorteile. Er setzt nicht bloß auf eine einfache Videoschaltung mit seinen Schülern. „Ich habe eigens Tutorials erstellt. Also kleine Filme aufgezeichnet, in denen ich unter anderem die richtige Bogenhaltung erkläre“, sagt der 53-Jährige. Diese neuen Elemente seien so nützlich, dass er sie auch während des zwischenzeitlichen Präsenzunterricht genutzt habe.

Das technische Know-how musste Reimann sich erst aneignen. „Dabei habe ich viele Tipps von den Eltern meiner Schüler bekommen“, sagt er. Eine Erfahrung, die der Musiker auf der Habenseite verbucht, und die nicht die einzige positive Erkenntnis der Corona-Zeit ist. Alle Schüler seien ihm treu geblieben, er habe viel Wertschätzung erfahren, betont Reimann. Die Eltern, sonst meist nur Chauffeure der Kinder zur Musikschule, hätten einen tieferen Einblick in den Unterricht erhalten. „Und gerade während des ersten Lockdowns waren viele froh um ein Stück Normalität und Abwechslung für ihre Kinder.“

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Reimann hat aber auch die Schattenseiten der Krise erlebt. Er musste auf Auftritte verzichten und als Konzertorganisator selbst Veranstaltungen absagen. Die zweite Einkommensquelle war damit zeitweise versiegt. Um dies zu kompensieren, arbeitet er seit August als Inklusionseinzelhilfe und begleitet Kinder mit Handicap in Kitas und Schulen. „Damit habe ich es einigermaßen geschafft, meine Gehaltsausfälle aufzufangen“, sagt der 53-Jährige. Doch diese Tätigkeit ist mehr als ein Rettungsanker. Für Reimann hat sie eine Tür geöffnet. „Ich erhalte Einblick in einen Bereich unserer Gesellschaft, der Beachtung und Respekt verdient.“ Diese Erfahrung erde ihn und relativiere den Frust und die Sorgen, die Pandemie und Lockdown mit sich brächten.

Haben auch Sie eine Corona-Geschichte erlebt? Möchten Sie uns erzählen, was Sie erlebt haben oder noch erleben, sei es Ernstes oder Lustiges? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen – wir freuen uns drauf. Sie können uns per Post oder per E-Mail erreichen: Kölner Stadt-Anzeiger/Rhein-Erft Rundschau, 50321 Brühl, Uhlstraße 19-23.

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