Elsdorfer SchornsteinfegerinWie eine Frau sich nach oben durchkämpft

Lesezeit 3 Minuten
Sandra Krings findet es wunderbar, den Leuten aufs Dach zu steigen.

Sandra Krings findet es wunderbar, den Leuten aufs Dach zu steigen.

Elsdorf-Berrendorf – „Ich liebe Schornsteine“, sagt Sandra Krings (36) und schaut nach oben. Wirklich? „Ja, jeder Schornstein ist anders. In Frankreich zum Beispiel gibt es ganz andere als bei uns und auf jedem Dach gleich mehrere. Da kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus“, erklärt sie mit leuchtenden Augen.

Ganz klar, Sandra Krings ist Schornsteinfegerin aus Leidenschaft. Der Ruß liegt ihr anscheinend im Blut. Denn schon als Kind balancierte sie mit ihrem Vater, einem Schornsteinfeger, schwindelfrei über Dachfirste. „Das macht Spaß, man hat da oben eine super Aussicht“, sagt sie und lacht. Auch ihr Bruder ist Schornsteinfeger. Und ihr Ehemann? Selbstverständlich auch.

Kehrbezirke in Männerhand

Als eine der wenigen Frauen in diesem Beruf wollte Sandra Krings ganz nach oben. Und es hat geklappt. Gerade wurde sie zur bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegerin von Elsdorf ernannt. Als zweite Frau in einer Männerdomäne, alle anderen 37 Kehrbezirke im Rhein-Erft-Kreis sind fest in Männerhand. „Das macht mir gar nichts aus“, erklärt Sandra Krings. „Den Respekt verschaffe ich mir durch Kompetenz.“

Schon erstaunlich, wie sie das alles unter einen Hut, also unter ihren Zylinder bringt. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung als Schornsteinfegerin, 2012 ihren Meister und qualifizierte sich anschließend als Gebäude-Energieberaterin. Als vor vier Monaten Sohn Alexander zur Welt kam, machte sie sich selbstständig, und nun hat sie seit Anfang des Jahres einen eigenen Kehrbezirk. Ganz in Schwarz mit einem Lächeln wird sie seitdem als Glücksbringerin in Elsdorf überall freudig begrüßt.

Auf der Suche nach Glücksbringern

Sandra Krings erzählt: „Kürzlich machte eine Frau auf der Straße eine Vollbremsung, stieg aus dem Auto und polierte einen goldenen Knopf meiner Uniform. Sie meinte, sie habe gleich eine Prüfung und könne ein wenig Glück gebrauchen. Das war schon süß.“

Petra Gaspers aus Berrendorf geht es ebenso. „Glück kann man immer gebrauchen“, sagt sie und legt mit den üblichen Glücksritualen los: den goldenen Knopf polieren und dreimal an der Schulter rubbeln in der Hoffnung auf ein wenig Ruß. Sandra Krings indes interessiert sich vor allem für Petra Gaspers Schornstein und Kaminofen: „Da muss ich den Ruß abkehren, damit es keinen Schornsteinbrand gibt.“

Brandgefahr sinkt

Seit dem Mittelalter sind die Schornsteinfeger als Glücksbringer beliebt. Denn war der Schornstein gereinigt, sank die Gefahr eines Brandes der oft strohgedeckten Häuser enorm. Sandra Krings misst mit einem Abgastester, ob Kohlenstoffmonoxid in den Raum austritt, und den Gasverbrauch. „Ist Gefahr im Verzug, muss ich die Heizung ausschalten, bis ein Installateur alles repariert und kontrolliert hat.“

Sie hat auch schon einige Tiere aus den Schornsteinen gerettet. „Einmal hatte sich eine Eule verirrt, einmal waren es Hornissen. Zimperlich darf man da nicht sein“, sagt sie. Sandra Krings erzählt, wie sie bei Komiker und Sänger Bernd Stelter den Kamin gereinigt hat, bei Franz Müntefering, im Verteidigungsministerium, in Schlössern. Aber wirklich interessiert haben sie auch da nur die Schornsteine. „Die in den Schlössern waren wirklich riesig“, erinnert sich Sandra Krings.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was ihr viel bedeutet, ist der Zusammenhalt unter den Kollegen. „Unser Motto lautet ja: Einer für alle, alle für einen“, sagt sie. Und so hat sie ihre Kollegen zur Ehrenschicht, dem traditionellen „Einfegen“, nach Elsdorf eingeladen. 16 Schornsteinfeger, die ihr zum Einstand als Bezirksschornsteinfegerin einen Tag lang beim Fegen helfen. Wenn das kein Glück bringt …

„Ich finde es wunderbar, dass wir jetzt noch eine Frau als Kollegin haben“, sagt Sascha Boveleth aus Bedburg. „Frauen sind ja oft besser organisiert und feinfühliger im Gespräch mit den Kunden.“ Sandra Krings lacht. Unterstützung in Elsdorf hat sie von ihrem Mitarbeiter Daniel Brings. Aber was ihr jetzt noch fehlt, ist ein Auszubildender ab August. „Jemand, der nicht pingelig ist und keine Angst vor Dreck hat“, sagt sie. „Das kann gern auch eine Frau sein.“