Kosten explodierenWarum der neue Kunstrasenplatz in Berrenrath mehr als doppelt so teuer wird

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Auf einem Rasenplatz steht das Schild „Rasenplatz gesperrt“. Im Hintergrund ist eine Bank mit Überdach zu sehen.

Der marode Na­tur­ra­sen­platz in Ber­ren­rath soll saniert und mit Kunst­ra­sen aus­ge­stat­tet werden.

Bei der Planung des neuen Kunstrasenplatzes in Berrenrath explodieren die Kosten. Die Verwaltung geht von mehr als 1,3 Millionen statt der ursprünglich geschätzten 610.000 Euro aus. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.

Der neue Kunstrasenplatz an der Straße An Maria Bronn wird erheblich teurer als erwartet. Erst im Juni hatte der Sportausschuss beschlossen, den maroden Naturrasen auf dem Fußballplatz durch künstliches Grün zu ersetzen. Damals stand eine grobe Kostenschätzung von 610.000 Euro im Raum. Inzwischen ist die Kalkulation Makulatur. Die Verwaltung geht jetzt von mehr als 1,3 Millionen Euro aus.

Sportdezernent Jens Menzel räumte in der jüngsten Sportausschusssitzung ein, dass es sich um eine Kostensteigerung handele, die er „so noch nicht erlebt“ habe. Menzel: „Wahrscheinlich werden wir uns in Zukunft daran gewöhnen müssen.“

Die frühere Kostenschätzung hatte sich die Stadt über die Internetseite einer auf Sportplatzbau spezialisierten Firma besorgt – ohne Ortsbesichtigung. Ein konkretes Angebot einzuholen, sei damals laut Verwaltung aus „vergaberechtlichen Gründen“ nicht möglich gewesen. Inzwischen haben Bodengutachter und Fachplaner, die sich auch vor Ort umgesehen haben, nachgerechnet – und kommen auf eine ganz andere Summe.

Probleme bei Entwässerung

Der gewaltige Aufschlag wird unter anderem mit zwischenzeitlich erheblich gestiegenen Baukosten und Kreditzinsen begründet, aber auch mit der Bodenbeschaffenheit. Die Sportanlage hat ein Entwässerungsproblem. Der Fußballplatz liegt im Bereich einer ehemaligen Braunkohlegrube, die überwiegend mit wasserundurchlässigem Lehm verfüllt wurde. Das führt dazu, dass Regenwasser schlecht versickert und künftig ins Kanalnetz abgeleitet werden muss. Auch umfangreiche Erdarbeiten sind erforderlich. Die Mehrkosten beziffert die Verwaltung auf rund 250.000 Euro.

Die Stadtwerke prüfen derzeit noch, ob das Kanalnetz überhaupt genügend Kapazitäten vorhält, um das Regenwasser vom Sportplatz auch bei einem Starkregen abzuleiten. Ansonsten müssten Rückhaltevorrichtungen für das Wasser geschaffen werden, etwa in Form von Tanks, aus denen das Wasser nach und nach in die Kanalisation abfließen kann.

Das würde weitere Kosten verursachen, die selbst in der aktuellen Kalkulation noch nicht erfasst sind. Gegenüber der Unteren Landschaftsbehörde müsse im Frühjahr 2023 dargelegt werden, dass die Häuser in der Nähe des Fußballplatzes „beim nächsten Starkregen nicht unter Wasser stehen“, so Menzel.

Kunstrasen in Berrenrath: Finanzierung wird gestreckt

Die Kostenexplosion hat auch Folgen für das Finanzierungsmodell. Bei allen jüngeren Kunstrasenprojekten muss nach einem Grundsatzbeschluss des Stadtrats der jeweilige Platzverein einen Kredit aufnehmen, den die Stadt dann aus Mitteln der Sportpauschale abstottert, die das Land Nordrhein-Westfalen an die Stadt zahlt. Bislang lief die Tilgung über einen Zeitraum von zehn Jahren, im Fall des FC Berrenrath soll die Rückzahlung wegen der hohen Kosten aber nun auf 15 Jahre gestreckt werden.

Die Verwaltung ist zuversichtlich, dass der Platz tatsächlich so lange halten wird. Menzel: „Die Qualität der Kunstrasen ist deutlich gestiegen, so dass der Platz wohl mehr als zehn Jahre lang zu bespielen ist.“ Sicherheitshalber werden aber weitere 25.000 Euro eingepreist für eventuelle Reparaturen. „Falls der Platz geflickt werden muss“, erklärte Menzel.

SPD Hürth kritisiert die Verwaltung

Trotz der Preissteigerung hielt der Sportausschuss am Kunstrasen in Berrenrath fest. „An den Gründen, die zum Beschluss für die Sanierung des Sportplatzes in Berrenrath geführt haben, hat sich nichts geändert“, betonte Stefan Buro, Ratsmitglied der Grünen. Er verweist darauf, dass der FC Berrenrath künftig bei widrigen Wetterbedingungen nicht mehr auf den Tennenplatz an der Ursfelder Straße ausweichen müsse, der im Gegenzug zu einer naturnahen Fläche zurückgebaut werde, auf der auch Regenwasser versickern könne.

Auch die SPD stimmte zu. Fraktionschef Lukas Gottschalk warf der Verwaltung aber vor, das Vorhaben nicht seriös geprüft zu haben. „Die Umwandlung des Rasenplatzes in Berrenrath in einen Kunstrasenplatz ist weiter offen. Es ist weder geklärt, ob an dieser Stelle überhaupt ein Kunstrasenplatz errichtet werden kann, noch wie teuer ein solches Projekt wird“, so Gottschalk. „Ein halbes Jahr nach der Grundsatzentscheidung ist das ein Offenbarungseid der Verwaltung.“ Er sprach von einem „Chaos“, das der FC Berrenrath nicht verdient habe.