„Finanzielle Lücke“Elterngeld in Rhein-Erft beantragen kann dauern – Eltern brauchen Rücklagen

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Eine Figur, die ein Paar mit kleinem Kind zeigt, steht auf Euro-Münzen.

Im Rhein-Erft-Kreis dauert eine durchschnittliche Bearbeitung eines Elterngeld-Antrags derzeit 2,5 Monate. (Symbolbild)

Wenn die Bewilligung des Elterngelds auf sich warten lässt, sind Familien dazu genötigt, auf finanzielle Rücklagen zurückzugreifen.

Mutterschutz- und Elterngeld soll nach der Geburt eines Kindes Einkommensausfälle ersetzen. Wenn die Bearbeitung des Antrags aber wie im Rhein-Erft-Kreis nach Angaben eines Sprechers im Durchschnitt 2,5 Monate dauert, kann das finanzielle Sorgen bereiten. Werdende Mütter sollten sich darauf einstellen, rät eine Mitarbeiterin der Pro Familia-Beratungsstelle in Köln: „Finanzielle Rücklagen vor der Geburt des Kindes zu bilden, ist empfehlenswert.“

Da der Antrag erst nach der Geburt gestellt werden kann, klafft „eine finanzielle Lücke in jedem Fall auf“. Um die so gering wie möglich zu halten, rät sie: „Füllen Sie alle Formalitäten im Vorfeld aus, so dass Sie im Fall von Köln nur noch das Datum einfügen müssen – oder eben auf die Geburtsurkunde warten und dann schnellstmöglich abschicken können.“

Rhein-Erft: Familie in Hürth wartet seit Monaten auf Bewilligung des Elterngeld-Antrags

Das hat auch eine Familie aus Hürth gemacht. Sie wartet seit fast einem halben Jahr auf die Bewilligung des Elterngeldes. Noch wird der Antrag im Sozialamt des Rhein-Erft-Kreises bearbeitet. „Es kann doch nicht vorausgesetzt werden, dass man solche finanziellen Rücklagen hat und in Vorleistung gehen kann“, sagt Monja Linnartz.

Als Mitinhaberin einer Gemeinschaftspraxis für Physiotherapie in Köln-Dünnwald habe sie auch beruflich laufende Kosten. Nachdem ihre Tochter Ende Oktober in einer Kölner Klinik geboren ist, hat sie auf die Geburtsurkunde gewartet und sobald diese da war, den Antrag auf Elterngeld beim Rhein-Erft-Kreis gestellt, erzählt sie im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nicht mit eingereicht wurden allerdings für die Beantragung benötigte Unterlagen.

Mitte Dezember habe sie dann ein Schreiben erhalten, dass die Bearbeitung des Antrags länger dauern könne. Im Februar folgte die erste Rückmeldung der Elterngeldstelle, dass Unterlagen, wie ein Nachweis über den Anspruch des nachgeburtlichen Krankentagegeldes sowie der Steuerbescheid oder eine Gewinn-Verlustrechnung für das Jahr 2021 fehlen.

Anfang April sollte zudem ein Nachweis über die Anteile der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nachgereicht werden. „Für mich ist es unverständlich, dass nach einem halben Jahr auffällt, dass andere Unterlagen benötigt werden“, sagt Linnartz.

Der Rhein-Erft-Kreis teilt dazu auf Anfrage mit, dass es bei Eltern in selbstständiger Tätigkeit in der Regel zu längeren Bearbeitungszeiten kommt, da das Einkommen schwerer nachzuweisen sei. „Regelmäßig liegen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht alle Unterlagen vor und das Einreichen von Unterlagen kann die Nachforderung anderer Nachweise ergeben“, sagt ein Sprecher. Zudem müsse geklärt werden, ob während des Bezugs von Elterngeld die selbstständige Arbeit parallel ausgeübt werde.

Allerdings gibt auch der Sprecher des Kreises zu: Bearbeitungszeiten von „vier Monaten sind dennoch zu lang und müssen reduziert werden“. Es seien bereits personelle und organisatorische Maßnahmen ergriffen worden. Danach würde die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von aktuell 2,5 Monaten sinken, so der Sprecher.

Elterngeldbescheid für Krankentagegeld für den Mutterschutz nötig

Solange Monja Linnartz auf ihren Elterngeldbescheid wartet, kann sie auch ihr Krankentagegeld für den Mutterschutz bei der privaten Krankenversicherung nicht beantragen. „So hieß es zumindest in der ersten Liste für notwendige Unterlagen für die Beantragung. Im April sagte man mir dann, ich könnte den Bescheid auch nachreichen“, so Linnartz.



Ein Sprecher des Verbands der Privaten Krankenversicherung erklärt: Die Krankenversicherung benötigt den Elterngeldbescheid, weil die Höhe des Krankentagegeldes von der Höhe des Elterngeldes abhängig ist. Die Dauer der Bewilligung durch den Rhein-Erft-Kreis verzögert also auch die Auszahlung des Krankentagegeldes im Mutterschutz.

Während die Lebenshaltungskosten weiterlaufen, gilt es auf die Bewilligung des Elterngeldantrags zu warten. „Das Schlimme ist, dass man uns so in der Luft schweben lässt und meine Frau von ihren Rücklagen lebt, die sie zum Glück mal gebildet hat“, sagt Monja Linnartz Mann, Sven Linnartz.

Elterngeld-Antrag im Rhein-Erft-Kreis – „Sachbearbeiterin nicht zu erreichen“

Doch nicht nur die Dauer der Bearbeitung stört die Familie Linnartz, sondern auch die Kommunikation der Sachbearbeiterin. Die sei währenddessen für Rückfragen weder telefonisch noch per E-Mail zu erreichen gewesen. „Einmal konnte ich mich mit dem Vorgesetzten verbinden lassen, danach hat ein Telefonat stattgefunden“, sagt Monja Linnartz. E-Mails seien nicht beantwortet worden. Außerdem ist für sie nicht nachzuvollziehen, dass es für die ganze Abteilung nur eine E-Mail-Adresse gibt.

Nach Angaben des Rhein-Erft-Kreises gehören die telefonische Beratung und die Beantwortung von Rückfragen zum Alltagsgeschäft der Elterngeldstelle. Die Erreichbarkeit sei durch die Weiterleitung auf das Telefon eines Vertreters sichergestellt. „Entgangene Anrufe werden angezeigt und in der Regel später beantwortet“, sagt ein Sprecher des Kreises. Auch E-Mails würden beantwortet werden. Es könne aber „nicht ausgeschlossen werden, dass bei der hohen Anzahl der Verfahren im Einzelfall eine Antwort verspätet erfolgt.“