Ex-Gladbach-Profi aus Kerpen„Selbst Klopp könnte den FC nicht nach oben führen“

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Christian Kulik, Borussia Mönchengladbach, (l.) gegen Wolfgang Overath,1. FC Köln.

Christian Kulik, Borussia Mönchengladbach, (l.) gegen Wolfgang Overath,1. FC Köln.

Kerpen – Christian Kulik war Teil der Mannschaft von Borussia Mönchengladbach, die 1973 im DFB-Pokalfinale den 1. FC Köln mit 2:1 nach Verlängerung besiegte. Manfred Christoph hat den Ex-Fußballprofi zu dem spektakulären Spiel in Düsseldorf, zu seiner Auswechslung für Günter Netzer und zum anstehenden Derby gegen die Geißböcke befragt.

Herr Kulik, der 1. FC Köln tritt am Mittwoch im DFB-Pokal-Achtelfinale beim 13. der 2. Bundesliga an. Erwarten Sie ein ähnliches Spiel wie zwischen Holstein Kiel und Bayern München, das mit einem 3:2-Sieg für den Außenseiter endete?

Ich gehe auf jeden Fall davon aus. Für den Außenseiter aus Regensburg ist ein Sieg natürlich der Anreiz, um Schlagzeilen zu schreiben. Zumal für den FC gilt, dass man ohne Sturm nicht spielen kann. Aber der FC hat in Deutschland einen guten Klang und er ist eine große Hausnummer, gerade mit seinen Fans und dem ganzen Umfeld. Es wird ein enges Spiel und es würde mich nicht verwundern, wenn der Außenseiter gewinnt.

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Sie sprechen von einem engen Spiel, wie ist denn Ihr Tipp?

Puh, das ist schwierig. Ich tippe, dass Jahn Regensburg mit 2:1 oder 3:2, eventuell auch nach Verlängerung, gewinnt. Die werden sicher alles reinschmeißen.

Wo drückt denn der Schuh bei den Geißböcken?

Na ja, es kommt einfach zu wenig Entlastung nach vorne. Jonas Hector ist sicher der herausragende Spieler, aber er ist der einzige. Sonst sehe ich da keinen überdurchschnittlichen Spieler. Spanien hat ja mal ohne einen echten Stürmer gespielt, aber von dieser Klasse ist der 1. FC Köln weit entfernt.

Ist Markus Gisdol der richtige Trainer?

Letztes Jahr war er der richtige Trainer, als er den FC vor dem Abstieg bewahrt hat. Aber mit diesem Kader, den man ihm im Sommer zur Verfügung gestellt hat, ist einfach nicht mehr zu erwarten. Das vordringliche Ziel muss der Klassenerhalt sein. Also, am Trainer liegt es nicht. Selbst Jürgen Klopp würde den FC nicht nach oben führen können. Du musst über ein gutes Scouting verfügen und Leute für wenig Geld holen, die dich aber weiterbringen.

Was halten Sie von den Neuzugängen Emmanuel Dennis vom FC Brügge und Max Meyer von Crystal Palace aus der Premier League?

Das macht schon Sinn, zumal der FC finanziell ja nicht auf Rosen gebettet ist. Und der FC Brügge zeichnet sich durch eine gute Transferpolitik aus, von denen kann man Spieler kaufen.

Sie haben ja 1973 selbst Pokalgeschichte geschrieben, nicht weil sie gegen den 1. FC Köln Pokalsieger geworden sind, sondern weil Günter Netzer sich für Sie eingewechselt hat. Wie war das damals?

Das wäre heute sicher nicht mehr möglich. Ich lag vor der Verlängerung kaputt auf dem Platz und wurde massiert, als Günter mich fragte, ob ich noch könne. Ich war platt und bin gleich liegen geblieben.

Der Mönchengladbacher Mittelfeldspieler Günter Netzer (r.) erzielte 1973 aus vollem Lauf das 2:1 gegen den 1. FC Köln in der Verlängerung des DFB-Fußballpokalfinals.

Der Mönchengladbacher Mittelfeldspieler Günter Netzer (r.) erzielte 1973 aus vollem Lauf das 2:1 gegen den 1. FC Köln in der Verlängerung des DFB-Fußballpokalfinals.

Wussten Sie, dass das nicht mit Trainer Hennes Weisweiler abgesprochen war?

Nein, das war mir auch egal. Ich war ein junger Spieler und Günter eine Respektsperson. Zwei Minuten später macht er das Tor und das war Glück für uns und den Trainer. Die Hauptsache war, dass wir Pokalsieger geworden sind. Am Ende hat die glücklichere Mannschaft gewonnen, denn beide Teams waren gleich gut und es ging hin und her.

Wie haben Sie denn Günter Netzer damals erlebt?

Günter war unkompliziert, auch wenn wir außerhalb des Platzes keinen Kontakt hatten. Ich habe die Auswechslung akzeptiert und war eh überrascht, dass ich gespielt habe und nicht er.

Sie sind ja Stammgast im Borussia-Park. Das geht jetzt in Zeiten von Corona nicht mehr. Was macht das mit Ihnen?

Och, ich verfolge die Borussia im Fernsehen. Da reicht mir die Sportschau. Wenn ein wichtiges Spiel ansteht, gehe ich zu Bekannten, die Sky haben. Geisterspiele machen keinen Spaß, erst recht nicht im Stadion, dort ist es trostlos. Das Emotionale fehlt, das kann man nicht schön reden.

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Gladbach hat seinen Stürmer Breel Embolo ja mit einer Geldstrafe belegt, wie es heißt im niedrigen sechsstelligen Bereich. Zu Recht?

Ich finde, bei Gladbach läuft es gut. Da sind Negativschlagzeilen wie die Spuckattacke von Marcus Thuram einfach nicht angebracht. Da sind hohe Strafen mehr als gerechtfertigt.

Von Augenhöhe können wir, trotz des Erfolgs gegen Bielefeld, vor dem Derby Borussia Mönchengladbach gegen Köln am Samstag nicht sprechen. Was für ein Spiel erwarten Sie und wie geht es aus?

Alles andere als ein Sieg für Mönchengladbach wäre enttäuschend. Selbst wenn der 1. FC Köln überraschend mit 1:0 in Führung gehen sollte, kommt die Borussia zurück. Der FC wird hinten drin stehen und ich tippe auf ein 2:0 für die Borussia.

Info: Der Lebenslauf von Christian Kulik

Christian Kulik wurde am 6. Dezember 1952 im polnischen Zabrze geboren. Der zweifache Familienvater wohnt mit seiner Frau in Kerpen.

Christian Kulik Porträt

Christian Kulik

Von 1971 bi 1981 spielte Kulik als Fußballprofi bei Borussia Mönchengladbach, zu der er aus der Jugend von Alemannia Aachen wechselte. Für die „Fohlen“ kam Christian Kulik auf 220 Bundesligaspiele und erzielte dabei 38 Tore. Dreimal in Serie gewann der ballgewandte Mittelfeldspieler von 1975 bis 1977 die deutsche Meisterschaft, sowie 1975 und 1979 zweimal den UEFA-Pokal.

In den 1990er Jahren war Christian Kulik Jugendtrainer bei Blau-Weiß Kerpen, übernahm dann die zweite Mannschaft in der Kreisliga B, ehe er für ein Jahr das Training der ersten Mannschaft in der Bezirksliga übernahm.