„Ich fühlte mich gejagt“Radfahrerin (49) stürzte in Hennefer City – Lieferfahrer vor Gericht

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Die viel befahrene Frankfurter Straße in der Hennefer Innenstadt mit Autos, Lkw und zwei Radlern.

Seit Herbst 2019 müssen Radlerinnen und Radler in der Frankfurter Straße in Hennef die Fahrbahn benutzen.

Eine Radlerin fühlte sich auf der Frankfurter Straße in Hennef von einem Lkw-Fahrer gejagt. Jetzt landete der Fall vor dem Siegburger Amtsgericht.

Mit dem Fahrrad auf der Frankfurter Straße durch die Hennefer Innenstadt, das war noch nie einfach. Bis September 2019 durfte man auf dem Bürgersteig radeln, was regelmäßig zu Konflikten mit den Fußgängern führte. Im Februar 2022 stärkte die Stadt die Position der Radler auf der Fahrbahn mit dem neuen Verkehrszeichen „Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen“.

Das Bild zeigt die viel befahrene Frankfurter Straße in Hennef mit dem Verkehrszeichen „Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen“.

Der Verkehrszeichen „Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen“ steht seit zweieinhalb Jahren an der Frankfurter Straße in Hennef.

Trotzdem kam es am 16. Oktober vorigen Jahres gegen 6 Uhr morgens in diesem Straßenabschnitt zum Sturz einer Fahrradfahrerin, mit dem sich jetzt das Amtsgericht in Siegburg befasste. Angeklagt war ein Auslieferungsfahrer (40), dem Nötigung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wurde. 

Ich fühlte mich gejagt, der Lkw war direkt hinter mir
Zeugin

Im Zeugenstand schilderte die Radlerin eine für sie bedrohliche Situation: „Der Fahrer hat hinter mir hat mit dem Gas gespielt, der Motor heulte auf.“ Der Lastwagen, ein 3,5-Tonner mit Kofferaufbau, sei immer näher gekommen, obwohl sie mit ihrem Pedelec schon sehr schnell gewesen sei, „vermutlich Tempo 30“. Zunächst habe sie nicht ausweichen können. „Ich fühlte mich gejagt, der Lkw war direkt hinter mir.“

Der Auslieferungsfahrer wies die Vorwürfe von sich

Schließlich habe sie eine Lücke zwischen zwei geparkten Autos genutzt, um von der Straße herunterzukommen. „Es war halsbrecherisch, ich musste über den Bordstein und bin gestürzt.“ Die 49-Jährige erlitt nach eigenen Angaben Prellungen am Unterschenkel und am Arm. Gebrochen habe sie sich nichts.

Eine Radfahrerin habe ich nicht gesehen
Angeklagter

Der Auslieferungsfahrer wies die Vorwürfe von sich. „Ich bin da lang gefahren, wie sechsmal in der Woche.“ Wegen der in der Straßenmitte stehenden Laternen könne man nicht überholen. „Außerdem gilt da Tempo 30.“ Das Lieferfahrzeug habe ein Automatikgetriebe, man könne den Motor gar nicht aufheulen lassen. Und: „Eine Radfahrerin habe ich nicht gesehen.“

Lehrerin aus Hennef zeigt sich nach dem Prozess enttäuscht

„Man muss Abstand halten und darf andere nicht bedrängen“, beharrte der Staatsanwalt darauf, dass sich der Lkw-Fahrer der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht habe. „Wie groß war der Abstand wirklich?“, fragte der Verteidiger rhetorisch, „es gibt keine belastbaren Angaben.“ Augenzeugen hatte es nicht gegeben. 

Am Ende stellte Richter Herbert Prümper das Verfahren ein. Der Angeklagte, verheiratet und Vater von fünf Kindern, hatte sich bereit erklärt, in sechs Raten insgesamt 300 Euro an die Stiftung für Mukoviszidose-Kranke zu zahlen. 

Die Radfahrerin, eine Lehrerin aus Hennef, zeigte sich vom Ausgang des Prozesses enttäuscht und darüber, dass ihre Aussage in Zweifel gezogen wurde. „Wir Fahrradfahrer haben keinen Schutz“, betonte sie gegenüber dieser Zeitung. Der Fahrer habe sie sehen müssen, sie habe Licht an ihrem Rad und zusätzlich auch hinten am Fahrradhelm. „Es ging mir nicht um ein Schmerzensgeld, das habe ich gar nicht beantragt.“