Alle Essensszenen entworfenLohmarer Erlebnisgastronom kochte für den Film „Spencer“

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Seit vielen Jahren arbeitet Christoph Kappes immer wieder an der Ausstattung von Filmen mit.

Lohmar – Auf der Leinwand wird er nicht zu sehen sein, Lampenfieber aber hat Erlebnisgastronom Christoph Kappes aus Krahwinkel dennoch, wenn am Montag der Film „Spencer“ in Berlin seine deutsche Vorpremiere feiert: Der 52-Jährige hat für die internationale Produktion sämtliche Essensszenen entworfen und die Speisen auch selbst zubereitet. Drei Monate mit nur wenig Schlaf, unzählige Kilometer auf der Autobahn und endlose Stunden am Set liegen hinter dem Lohmarer. Aber: „Es war der Hammer“, sagt er in der Rückschau. „Das vergisst man nicht.“

Dabei ist Kappes, seit mehr als zwei Jahrzehnten selbstständig mit seinem Unternehmen, kein Neuling in der Filmbranche. Vor 24 Jahren lieferte er Requisiten für das Drama „Die Welle des Lebens“ – das Sammeln alter Küchen- und Hotelausstattungen ist ein Hobby –, bei „Verbotene Liebe“ kochte er noch für die Schauspieler. Der Mehrteiler „Adlon“ oder „Rubinrot“ und „Saphirblau“ folgten. Produktionen, bei denen der Lohmarer gute Kontakte in die Filmszene knüpfen konnte.

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Kristen Stewart bedankte sich bei dem Lohmarer Erlebnisgastronom. 

Und doch stellte „Spencer“ alles bisherige in den Schatten: Weltstar Kristen Stewart – „eine ganz liebe Frau“ – spielt die Hauptrolle der Lady Diana, die in den Weihnachtsferien 1991 auf Schloss Sandringham ihre Scheidungspläne der Familie eröffnet. In der Regie von Pablo Larraín sind auch Sally Hawkins oder Stella Gonet als Queen Elizabeth zu sehen.

Speisen von pompös bis Essstörung

Am 12. November 2020, tags zuvor erst waren die Arbeiten an den „Goldjungs“ zu Ende gegangen, erhielt Kappes erste Infos zum Auftrag. „Es gab wenig Vorgaben“, erinnert er sich; gefordert waren Speisen zwischen pompös und Essstörung, an denen die Prinzessin ja litt. So wurden Kuchenstücke, die sie sich heimlich in die Tasche steckt, in Tüten verpackt, damit das Versacekleid keinen Schaden nahm. Für die nötigen Flusen sorgte eingefärbte Zuckerwatte.

Bald schon gingen Fotos und E-Mails zwischen Krahwinkel und den Verantwortlichen des Films hin und her; Vorschläge wurden verworfen, anderes aufgenommen. Eines Tages stand ein ganzer Satz edles Porzellan vor Kappes’ Haustür, damit er seine Speisen darauf abstimmen konnte; dass die Queen grundsätzlich achteckige Sandwiches zum Tee isst, fand Kappes bei Recherchen im Internet heraus.

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Eine Pyramide aus Macarons hat Christoph Kappes beispielweise für den Film „Spencer“ gemacht. 

In der Max-Schmeling-Halle in Berlin wurde die Küche des Buckingham-Palastes nachgebaut, eine Mehrheit der anderen Szenen entstand im Schlosshotel Kronsberg im Taunus, wo Kappes auch kochen konnte. Zur „Jagd“ reiste der Tross nach Münster, wo ein privates Wildgehege und die Finanzakademie Nordkirchen als Kulisse dienten. Da die Queen „überhaupt nicht amused“ war, wie Ehefrau Anja Kappes erzählt, wurde nicht in England gedreht. Geregnet hat es aber auch im Münsterland, „immer wieder haben wir das Essen weg- und wieder hingetragen“, erzählt sie.

250 Fasane wurden eigens für Jagdszenen im Film aufgezogen – „aber keiner geschossen“ –, für eine Brennnesselsuppe 60 Pflanzen mitten im Winter auf einem Biohof in Süddeutschland gesetzt. Aus Zucker sind die Perlen, die von einer zerrissenen Kette in die Suppe fallen; die Teller sind mit Püree gefüllt und nur dünn mit Suppe bedeckt, damit die Perlen nicht versinken.

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Für festliche Essen bestellte Christoph Kappes kiloweise Hummer oder 60 Hirschrücken; nur dank tatkräftiger Hilfe des Sankt Augustiner Metro-Marktleiters gelang es, von Freitag bis Sonntag eine Pyramide aus 1500 Macarons zu bauen. „Egg Benedict“ – pochierte Eier in einem Toastnest – sind so unverzichtbarer Teil des royalen Frühstücks, dass Kappes dazu überging, den Toast mit einem Bohraufsatz auszuhöhlen.

Einzelexemplare der Speisen gab es nämlich nur in seltenen Ausnahmefällen. „Sie hat mich gerettet“, sagt Christoph Kappes über seine Frau Anja, die am englischsprachigen Set an seiner Seite war und unter anderem jeden Teller fotografierte, um alles identisch wieder produzieren zu können und bei einer Wiederholung der Szene keinen Fehler im logischen Anschluss zu haben. Bis hin zu den Pommes, die für die Mahlzeit in einem Rasthaus stets gezählt wurden, wenn die Klappe fiel.