Bundestagswahl – Wir fragen KandidatenSoll es eine Impfpflicht geben?

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Keiner der von uns befragten Direktkandidaten im Bundestagswahlkreis 98 spricht sich für eine Impfpflicht aus.

Rhein-Sieg-Kreis – Die Fragen

Schon mehr als anderthalb Jahre mit Corona: Wird es wieder einmal ein Leben geben ohne Maske und Impfen? Was muss dafür getan werden?

Impfmüdigkeit stellt sich ein, eine Spaltung der Gesellschaft ist nicht mehr unwahrscheinlich – wie kann die verhindert werden?

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Darf der Staat die Menschen zum Impfen zwingen?

Die Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien des Wahlkreises 98 – Rhein-Sieg-Kreis II – antworten: 

Norbert Röttgen, CDU

1. bis 3. Ich halte einen generellen Impfzwang für falsch. Aber Impfungen sind nach dem heutigen Stand von Medizin und Wissenschaft der schnellste und beste Weg zurück zu möglichst viel Normalität. Es gilt deshalb jetzt vor allem, diejenigen zu überzeugen, die bisher noch nicht geimpft sind.

Wenn sich jemand aus freien Stücken gegen eine Impfung entscheidet, ist das zu respektieren. Ich halte es aber für richtig, dass Tests dann selbst bezahlt werden müssen. Diese Kosten der Gemeinschaft aufzubürden wäre nicht zumutbar. Selbstverständlich gilt das nicht für Personen, die aus medizinischen oder anderen relevanten Gründen nicht geimpft werden können.

Masken werden wohl noch über einen längeren Zeitraum in bestimmten Situationen notwendig bleiben. In asiatischen Ländern gehören sie ja schon lange zur Normalität. Unser Ziel sollte es aber sein, die Masken nicht mehr oder nur noch in Ausnahmefällen zu benötigen. Menschen ins Gesicht schauen zu können, auch durch Mimik zu kommunizieren, ist ja ein ganz wesentliches Element menschlichen Miteinanders.

Aber auch dieses Ziel werden wir nur erreichen können, wenn die Gesellschaft durch einen Impfschutz ausreichend immunisiert ist. Viele andere Krankheiten konnten wir bereits durch entsprechende Impfstoffe besiegen.

Es hat immer Impfgegner und Impfgegnerinnen gegeben. Aber allein ihre Motivation erklärt nicht die Demonstrationen, die es in den letzten Wochen und Monaten in Zusammenhang mit Corona-Einschränkungen gegeben hat. Vielen von ihnen geht es ja nicht wirklich um die Impfungen, sondern darum, dass sie sich mit ihren Sorgen und Ängsten nicht ernst genommen fühlen. Dieses Problems müssen wir uns sehr ernsthaft annehmen.

Katja Stoppenbrink, SPD

1. Ohne Maske ja, ohne Impfen wohl kaum. Die Varianten des Virus machen es meines Erachtens erforderlich, dass wir noch mehr Menschen davon überzeugen, dass die Impfung ihrem Schutz und dem Schutz aller dient. Eine Impfpflicht lehne ich ab, aber ich halte es für gerechtfertigt, dass Geimpften mehr Rechte eingeräumt werden als Nicht-Geimpften.

Die Entscheidung liegt bei jedem Einzelnen. Das schließt aber die Verantwortung für die Übernahme finanzieller und ideeller Kosten mit ein. Verzichte ich aufs Impfen, so impliziert das auch den Verzicht auf Theater-, Kino-, Restaurantbesuch – oder aber ich bin bereit, die Kosten für die Tests selbst zu tragen. Das gilt selbstverständlich nur für Personengruppen, denen wir eine Impfung ermöglichen können.

2. Ich sehe keine Spaltung der Gesellschaft. Wie bereits ausgeführt, ist die Übernahme von Verantwortung bei der Corona-Impfung nicht anders als in anderen gesellschaftlichen Bereichen: Es geht um den Schutz anderer – und nicht zu vergessen auch um Selbstschutz. Wer diese Impfung ablehnt, erhält in einem solidarischen Gesundheitssystem auch im Krankheitsfall die notwendige Versorgung. Im alltäglichen Leben muss er oder sie mit Einschränkungen rechnen.

3. Es gibt Umstände, unter denen eine Impfpflicht gerechtfertigt ist (etwa bei der verpflichtenden Masernimpfung in Kitas und Schulen). Eine Impfpflicht als Mittel der Corona-Politik halte ich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt für verfehlt.

Nicole Westig, FDP

1. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Gerade darum ist es wichtig, die Impfquote weiter zu steigern. Als Freie Demokraten fordern wir schon länger, dass der Richtwert nicht mehr allein nur die Inzidenz sein kann. Auch die Auslastung der Krankenhäuser sowie die Anzahl der Geimpften einer Region müssen in die Bewertung mit einfließen. Die Freiheitseinschränkungen müssen verhältnismäßig sein.

2. Schon immer wägen viele Menschen Risiko und Nutzen einer Impfung genau ab, dies finde ich durchaus richtig und legitim. Die Menschen sind verunsichert, weil es sich ja um ganz neu entwickelte Impfstoffe handelt. Hier brauchen wir dringend mehr Aufklärung und niederschwellige Beratungsangebote, insbesondere durch aufsuchende Beratung.

Viele schwere und potenziell tödliche Krankheiten wie Polio, Mumps und Masern sind in Deutschland nicht mehr oder kaum noch aufgetreten, seit es eine Impfung dagegen gibt. Deshalb sind die mobilen Impfteams, die in NRW und anderswo unterwegs sind, sehr zu begrüßen. Eine Spaltung der Gesellschaft gilt es selbstverständlich zu verhindern. Daher sollten auch weiterhin Testangebote zur Verfügung stehen, die die Möglichkeit geben, am normalen Leben teilzunehmen.

3. Eine Impfpflicht lehnen wir für Corona ab. Wir gehen davon aus, dass sich jeder Mensch kritisch mit der Impfung auseinandersetzt. Wer sich dann aufgrund von Vorbehalten gegen eine Impfung entscheidet, muss Einschränkungen in Kauf nehmen.

Richard Ralfs, Grüne

1. bis 3. Laut Aussage der Wissenschaft wird das neue Coronavirus nach einer Abfolge von Varianten irgendwann endemisch werden und – wie viele andere Viren – insbesondere saisonal und in Clustern auftraten. Die neuen Erfolge im Bereich Impf- und Wirkstoffentwicklung machen mir Hoffnung, dass wir hier zu einer neuen Normalität kommen können, in der allerdings das Tragen von Masken in bestimmten Zeiten und Bereichen teilweise dazugehören wird.

Konsequentes und breites Impfen ist hier natürlich das A und O, um diese neue Normalität erreichen zu können. Dabei ist eine Impfpflicht genauso wenig mit unseren Freiheitsrechten vereinbar wie das Vorenthalten von Freiheitsrechten für Geimpfte und Genesene, um wenige Impfverweigerer zu schützen. Daraus folgt, dass Impfverweigerer – selbstgewählt – von Einschränkungen betroffen sein werden.

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Genau diese Unannehmlichkeiten für Impfverweigerer und dazu viel Aufklärung werden meiner Ansicht nach allerdings auch dazu führen, dass wir doch noch eine hohe Impfquote bekommen. Dass wir eine umfassende und sichere Digitalisierung der Verwaltung und auch des Gesundheitswesens brauchen, wofür ich mich schon lange einsetze, dürfte spätestens und besonders durch die Pandemie wohl jedem klar geworden sein.

Andreas Danne, Die Linke

1. Die Pandemie ist in unserer globalisierten Welt erst vorbei, wenn sie auf der ganzen Welt überstanden ist. Wir müssen also dafür sorgen, dass alle Menschen weltweit die Möglichkeit haben, sich ausreichend zu schützen und impfen zu lassen. Dies bedeutet, dass die Pharmakonzerne die Patente für die Impfstoffe freigeben müssen und auch die Bundesregierung den Patentschutz aussetzen muss. Nur so können weltweit Impfstoffe produziert werden und nur so können auch die Bevölkerungen ärmerer Länder endlich geschützt werden.

2. Die Ursache für die drohende Spaltung der Gesellschaft ist nicht die Corona-Impfung. Es sind die sozialen Ungleichheiten in der Einkommens- und Vermögensverteilung und die immer weiter auseinander klaffende Schere zwischen arm und reich sowie die Tatsache, dass sich immer mehr Menschen im Stich gelassen fühlen und kein Vertrauen mehr in den Staat haben, die zur Spaltung der Gesellschaft führen.

Wir müssen die soziale Ungleichheit wirksam bekämpfen, das heißt den Reichtum umverteilen und in die soziale Sicherheit und in die öffentliche Daseinsvorsorge investieren. Wenn wir das schaffen, verhindern wir auch eine Spaltung der Gesellschaft.

3. Nein, ich bin ganz klar gegen eine staatlich vorgeschriebene Impfpflicht. Wir müssen andere Wege finden, um diejenigen Menschen, die momentan noch unsicher sind oder die Impfung bisher ablehnen, von deren Nutzen zu überzeugen. Die Abschaffung von kostenlosen Coronatests ist für mich dabei absolut kontraproduktiv, um die Impfbereitschaft zu erhöhen.

Das ist vielmehr unsozial und riskant, denn Besorgnis und Unsicherheit lassen sich nicht mit Druck überwinden. Ein so entstandener indirekter Impfzwang fördert das Misstrauen eher noch weiter.

Roger Beckamp, AfD

1. Das Problem ist, dass man inzwischen selbst als gutgläubiger und gutwilliger Mensch längst mit der Geduld am Ende ist. Die Menschen haben in ihrer Mehrzahl bei allen Einschränkungen brav mitgemacht. Doch aus den angekündigten Wochen wurden erst Monate und schließlich eineinhalb Jahre! Wann sollen wir eigentlich unsere Freiheit zurückbekommen?

Der Bundestags-Wahlkreis 98

Der Bundestags-Wahlkreis 98 (Rhein-Sieg-Kreis II) umfasst die Kommunen Alfter, Bad Honnef, Bornheim, Königswinter, Meckenheim, Rheinbach, Sankt Augustin, Swisttal und Wachtberg.

Auf dieser Seite stellen wir die Direktkandidatinnen und -kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien vor. Weitere Bewerber sind Marcel Klingenstein, Künstlername Bratwurst (Die Partei), Michael Stehr (Freie Wähler), Nathalie Sandra Sanchez Friedrich (Die Basis), Jörg Drenkelfort (LKR), Philipp Prause (Volt) und Andreas Frick (Volksabstimmung).

Länder wie England oder Dänemark – und mit Abstrichen auch unser Nachbar Holland – machen es erfolgreich vor. Dort wurden die staatlichen Verbote und Verordnungen jetzt auf ein Minimum reduziert und die Bürger nach einem Impfangebot für alle wieder in die selbstverantwortliche Mündigkeit entlassen. Und auch in diesen Ländern hat kein Zusammenbruch des Gesundheitssystems stattgefunden!

Grundrechte dürfen nur in extremen Ausnahmefällen für sehr kurze Zeit eingeschränkt werden. Diese Rechtfertigungsgrundlage ist bei Corona meiner Ansicht nach schon längst entfallen.

2. Auf jeden Fall nicht durch noch mehr Druck und Ausgrenzung von Ungeimpften! Das führt doch nur zum Gegenteil. Zudem sind die geforderten und teils schon umgesetzten Diskriminierungen von Ungeimpften in verfassungsrechtlicher Hinsicht höchst bedenklich!

Eine Impfung ist wie jede medizinische Behandlung aus gutem Grund eine individuelle Entscheidung. Jeder soll Risiko und Nutzen für sich selbst frei abwägen dürfen. Bei mir fiel diese Abwägung bei Corona übrigens für die Impfung aus, aber ich respektiere ausdrücklich jede andere Entscheidung.

3. Ganz klar nein! Weder direkt noch indirekt. Wobei zahlreiche politischen Maßnahmen der Regierungsparteien meines Erachtens schon jetzt einen indirekten Impfzwang darstellen Geradezu kriminell wird es aber, wenn nun auch noch die Stiko solange politisch unter Druck gesetzt wurde, bis sie die Kinderimpfung ab zwölf Jahren grundsätzlich empfahl und dieses System der Nötigung auch noch auf unsere Kinder ausgeweitet wird.