NitratbelastungMaßnahmen zeigen erste Erfolge im Wasserschutzgebiet

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Landwirte im Rhein-Sieg-Kreis wollen den Nitratgehalt im Boden ihrer Felder langfristig senken. 

Landwirte im Rhein-Sieg-Kreis wollen den Nitratgehalt im Boden ihrer Felder langfristig senken. 

Bornheim – Die Nitratwerte auf den Feldern bei Hersel sind zwar noch doppelt so hoch wie in einem Wasserschutzgebiet zulässig, doch die Bemühungen der vergangenen beiden Jahrzehnte zeigen Wirkung: „Alle unsere Messstellen weisen eine negative Tendenz auf“, stellt Peter-Werner Decker fest. Er unterhält mit seiner Familie in Hersel einen großen Gemüseanbaubetrieb und beobachtet seit zwei Jahrzehnten die Nitratmengen, die dort im Boden nachweisbar sind. Denn dieser Stickstoff könnte so ins Grundwasser gelangen. Als Vorsitzender der Wasserschutzkooperation GLWU ist Decker an den Fachgesprächen des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes beteiligt, zu denen jedes Mal die Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg einlädt. „Es geht nicht von heute auf morgen, aber wir sind auf einem guten Weg: Es hat also schon etwas gebracht“, resümierte Decker seine Arbeit.

Der Leiter der Stabsstelle der Landwirtschaftskammer, die für die Kontrollen der Düngung zuständig ist, Franz-Josef Schockemöhle, war dabei, als Decker am Montagnachmittag über seine Erfahrungen und die Messungen auf seinen Äckern sprach. Schon vor 20 Jahren hatte er das Ziel, den Stickstoffgehalt im Boden und im Grundwasser zu reduzieren. Auch Bornheims Bürgermeister Christoph Becker, Johannes Brünker und Konstantin Pauly von der Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg, Kreislandwirt Dietmar Tüschenbönner sowie Ulrich Timmer als Geschäftsführer der Kreisstelle Rhein-Sieg waren dabei, ebenso Wolfgang Paulus, Amtsleiter des Umwelt- und Grünflächenamtes der Stadt Bornheim, sowie Vertreter des Wasserbeschaffungsverbandes Wesseling-Hersel.

Das Gremium

Der Arbeitskreis für Gartenbau, Landwirtschaft und Wasserschutz im Wasserschutzgebiet Urfeld (GLWU) ist 1997 gegründet und im Mai 1999 anerkannt worden. Das Wasserschutzgebiet umfasst eine Fläche von knapp 2300 Hektar, wovon 810 Hektar landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzt werden. Hauptakteure des GLWU sind der Wasserbeschaffungsverband Wesseling-Hersel, 36 landwirtschaftliche Betriebe, die im Wasserschutzgebiet wirtschaften und die Landwirtschaftskammer NRW. Ziel der Kooperation ist eine Verbesserung der Trinkwasserqualität. Es geht um die Entwicklung von Strategien, die zu einer Minimierung der Düngung auf den Feldern und Wiesen führen und somit den Nitrateintrag senken sollen.

Die Nitratwerte

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist im GLWU-Gebiet der Nitratgehalt des Grundwassers von rund 220 Milligramm pro Liter auf etwa 100 Milligramm gesunken. Das langfristige Ziel hat sich nicht verändert: Nach wie vor soll der Wert auf 50 Milligramm pro Liter gesenkt werden. Dies entspricht dem, was die Nitratrichtlinie der EU für Wasserschutzgebiete vorgibt. Hier soll es aber flächendeckend erreicht werden, betonte Tim Kollath, Berater der Wasserkooperation GWLU. In den 70er Jahren, als Decker seine Ausbildung machte, sei die Landwirtschaft viel großzügiger mit Düngemitteln umgegangen als heute: „Damals hat man es nicht besser gewusst“, sagt Kollrath.

Kontrollen

Rund 1300 Betriebe kontrolliert die Landwirtschaftskammer NRW jährlich – manche stichprobenartig, andere anlassbezogen, also nach einer konkreten Beschwerde, sagt Franz-Josef Schockemöhle. Für die Betriebe sei dies ein enormer bürokratischer Aufwand: „Da müssen sie sich schon mal durch ein 36 Seiten starkes PDF-Dokument durcharbeiten“, erklärte Tim Kollath.

Das größte Problem sowohl für die Kammer als auch für die Landwirte seien jedoch die häufigen Änderungen von Vorgaben durch die Politik: „Wir fordern, nicht jedes Jahr eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, sondern ein System über vielleicht fünf Jahre einzuführen um danach in Ruhe auswerten zu können, was wir anschließend nach Brüssel melden“, so der Appell Schockemöhles. Landwirte arbeiteten trotz fortschreitender Technik und Digitalisierung immer noch mit der Natur: „Wenn ich Obst und Gemüse in einer Halle anbaue, kann ich den Nitratgehalt milligrammgenau berechnen. Draußen geht das noch nicht.“

Schutzmaßnahmen

Bei dem Fachgespräch in Hersel stellte Tim Kollath Maßnahmen vor, mit denen der GLWU das Grundwasser vor Nitraten schützt. „Besonders erfolgreich ist der Anbau von Zwischenfrüchten und Zwischenreihenbegrünungen. Dadurch kann in der Phase, in der sich Grundwasser neu bildet, die Nitratauswaschung entscheidend reduziert werden.“ Ein weiterer Ansatz ist die Extensivierung der Landwirtschaft, also möglichst der Verzicht auf den Einsatz von Düngemitteln. Zudem setze die GLWU darauf, dass die Bauern möglichst exakt berechnen, welche Menge Dünger für die jeweilige Kulturpflanze benötigt wird. Fachleute nehmen Bodenproben, analysieren sie und können somit sagen, wie viel Stickstoff im Boden bereits für die Pflanzen verfügbar ist. So lässt sich Dünger schon in der Planung einsparen. „Die Wasserschutzkooperation hat den Anspruch, Pionierarbeit zu leisten“, betont Kollath. Darum werden unterschiedliche Verfahren zur Einsparung von Dünger bei bestimmten Betrieben in der Praxis ausprobiert.

Verbraucher und Handel

„Können wir nicht einfach Produkte kaufen, die nicht so schön aussehen, wie wir es gewohnt sind?“, wollte Bornheims Bürgermeister Christoph Becker wissen. Der Kreisbauernvorsitzende Johannes Brünker findet das schwierig umzusetzen: „Der Verbraucher möchte das schöne, bunte Gemüse kaufen, auch wenn eher blass aussehendes Gemüse genauso schmackhaft ist und die gleichen Nährstoffe enthält.“ Gerade wegen der Optik verwenden Bauern oft deutlich mehr Dünger. Peter-Werner Decker sieht die großen Handelsketten in der Pflicht: „Der Verbraucher ist gar nicht so kritisch. Der Handel bestimmt, was in die Geschäfte kommt. Es geht nur darum, den Preis zu drücken.“ Laut Brünker bestimmen die großen Ketten 80 Prozent des Marktes.