Fabrikgelände PleistalwerkGericht spricht Betretungsverbot aus

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Das Gebäude ist in die Jahre gekommen. Noch ist seine Zukunft unklar.

Sankt Augustin – Betreten verboten! Gegen den Verein „Umweltbildungszentrum Pleistalwerk“ hat das Siegburger Amtsgericht eine einstweilige Verfügung erlassen. Demnach darf kein Vereinsmitglied sich auf dem alten Fabrikgelände aufhalten und erst recht nicht zu Führungen einladen.

Geklagt hatte der Besitzer des Areals, der Kölner Kameramann Klaus Brüning. Er hatte im Jahr 2008 das knapp 6,8 Hektar große Areal zwischen Schmerbroich und Birlinghoven in einer Zwangsversteigerung erworben. Und zwar, wie diese Zeitung exklusiv berichtete, zum Schnäppchenpreis von 375.000 Euro; der Verkehrswert lag damals bei 1,1 Millionen (die Altlastensanierung war mit 28.000 Euro beziffert).

Dornröschenschlaf

Dass der 2011 gegründete Verein „Umweltbildung Pleistalwerk“ Pläne schmiedet für ein Gelände, das ihm nicht gehört, ist nicht ungesetzlich. „Das könnte ich auch für das Grundstück meines Nachbarn machen“, erläuterte Richter Dirk Oberhäuser im Zivilverfahren.

Ähnliches hatte die Stadt Sankt Augustin bereits im Jahr 2010 mit einer Machbarkeitsstudie getan: Der Erste Beigeordnete sah hier den richtigen Ort für Forschungseinrichtungen und ein Museum.

Der Flächennutzungsplan weist die Fläche als Sondergebiet zum Beispiel für eine Klinik oder Kureinrichtung aus. Nach Schließung des Pleistalwerks hätte die Familie Geerling gern Wohnbebauung realisiert. Doch die Stadt war dagegen. Anfang der 70er Jahre waren ein Hotel und die Ansiedlung des Instituts der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Gespräch. Ein Thermalbad scheiterte am Widerstand der Kommunalpolitik. Man befürchtete zu viel Verkehr. Aus den Plänen für eine Neurologische Klinik wurde ebenfalls nichts.

Seit Jahrzehnten befindet sich das Gelände im Dornröschenschlaf. Tatsächlich werde aber derzeit an Plänen für die Nutzung gearbeitet, versicherte der Kölner Kameramann Rolf Brüning im Gespräch mit dieser Zeitung. (coh)

Der Nachfahre des letzten Fabrikbesitzers, der Architekt Heinrich Geerling, hatte kein Gebot abgegeben, skizzierte aber schon damals auf Nachfrage gegenüber der Presse seine Pläne für ein Ökotechnikzentrum auf dem Gelände, zu dem neben der Ruine und den Tongruben auch ein Teich und Wald und Wiesen gehören.

Verfallene Werkshallen

Im Zivilverfahren vor dem Amtsgericht vertrat Geerling als zweiter Vorsitzender den beklagten Verein „Umweltbildungszentrum Pleistalwerk“. Einen ersten Vorsitzenden gebe es nicht, sagte er auf die Frage von Richter Dirk Oberhäuser. Der Architekt und Besitzer der früheren Fabrikantenvilla, die er 2001 in einer Zwangsversteigerung erwarb, hatte sich in der Vergangenheit nachweislich in den verfallenen Werkshallen aufgehalten – unter anderem für Fotos, die auch dem Richter vorlagen.

Außerdem lud der Verein für Februar zu einer Mitgliederversammlung mit öffentlicher „Führung“ zum Pleistalwerk ein, wohl auch, um weitere Unterstützer zu werben. Den Einwand Geerlings, es sei an diesem Nachmittag nur um die Besichtigung der Villa gegangen, ließ der Richter nicht gelten. Jeder Unbeteiligte habe davon ausgehen müssen, dass das Privatgrundstück Brünings Ziel der Führung sei, sagte Richter Oberhäuser. Rechtlich werde das als „objektiver Erfahrungshorizont“ gefasst, „das lernen Jurastudenten im ersten Semester“.

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Ein Blick in die ehemaligen Werkshallen.

Auf der Homepage des Umweltbildungszentrums finden sich zudem die ausführlichen Planungen für das Privatgelände mitsamt Kartenmaterial; die Villa sei zum Großteil zu Wohnzwecken vermietet, so der Richter weiter, der Verein habe dort offensichtlich nur eine Postadresse. Das Gericht hatte die einstweilige Verfügung zunächst ohne mündliche Verhandlung beschlossen, der Verein dagegen Widerspruch eingelegt, so dass sich die Parteien nun vor Gericht trafen. Er rate Geerling, im Sinne des Vereins den Widerspruch zurückzuziehen, sonst werde es teuer, sagte Oberhäuser.

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Teuer könnte es auch für den Architekten selbst werden, wenn dieser sich weiterhin über das Betretungsverbot hinwegsetze, kündigte der Anwalt der Klägerseite an: „Sie fühlen sich als Eigentümer.“