ExtremsportSankt Augustiner schwimmt von Mallorca nach Menorca

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Dieser Frachter kam Hans Fuhrmann gefährlich nah.

Sankt Augustin – Die Fähre von Menorca nach Mallorca braucht Diesel für die fünfstündige Überfahrt. Hans Fuhrmann benötigte Kokosöl, um die Strecke mit reiner Muskelkraft zurückzulegen: Der Sankt Augustiner hat als erster männlicher deutscher Freiwasserschwimmer die 37,5 Kilometer zwischen den Ferieninseln bewältigt.

Elf Stunden und 56 Minuten brauchte der 63-Jährige, doch die Zeit sei nebensächlich, sagt der Vermögensberater. So vieles hänge von den Umständen ab, von Wetter und Wellengang und auch vom Alter der Ausdauersportler. Bei solchen extremen Anforderungen müsse vor allem der Kopf mitspielen. „70 Prozent der Leistung ist mental“, glaubt er. Nur 28 Menschen haben den Menorca-Kanal bislang durchschwommen, zuletzt knackte eine junge deutsche Athletin den Rekord der Damen mit neun Stunden und 50 Minuten.

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Flüssignahrung, ausgeklügelt mit der Sporthochschule Köln: Diesmal stoppten Hans Fuhrmann keine Magenprobleme.

Fuhrmann bereitete sich akribisch vor, doch die Corona-Krise erschwerte vieles. Als die Schwimmbäder schlossen, blieb ihm nur das Training im Rotter See, bei Eiseskälte in Neopren.

Das Wasser war 27 Grad warm

Die Wassertemperatur war im Mittelmeer kein Problem: 27 Grad und wenig Wellengang, ideale Bedingungen. Doch auch kälteres Wasser liege ihm, sagt Fuhrmann, der 2019 schon die Ärmelkanalquerung in Angriff genommen hatte – aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Der Magen, durch das Salzwasser gereizt, konnte das isotonische Getränk nicht vertragen.

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Mit Experten der Sporthochschule Köln tüftelte Fuhrmann an einem Ersatz, bei dem die Nährstoffe nach und nach ins Blut abgeben werden, damit der Blutzuckerspiegel nicht wellenförmig auf- und absteigt. „Doch nach sechs, sieben Stunden kann man auch diese Nahrung nicht mehr sehen“, erzählt er. Bananenstückchen sorgten für Abwechslung.

Den Mund spülte sich Fuhrmann anfangs mit Kokosöl aus – das Fett diente auch als Hautschutz –, auch einige Schlückchen Mundspülung halfen als Barriere gegen das Salz. Die Verpflegung reichte Sabine Fuhrmann ihrem Mann ins Wasser, sie saß im Begleitboot.

Ein Frachter kam Fuhrmann bedrohlich nahe

Nicht jeder darf im offenen Meer schwimmen, spezielle Unternehmen holen die Genehmigungen ein und melden eine Querung bei der Küstenwache an. Nur die Besatzung eines Frachters hatte diese Information wohl nicht erreicht. Fuhrmann: „Das Schiff näherte sich uns bedrohlich, hupte, drehte wieder ab und kam erneut näher. Sie dachten wohl, wir hätten eine Panne. Und wir nahmen an, als sie ein Beiboot zu Wasser ließen, dass hier Flüchtlinge ausgesetzt werden.“

Schwimmer-Stau am Ärmelkanal

Die Corona-Pandemie stoppte auch die Kanalschwimmer. Nach seinem ersten, gescheiterten Versuch 2019 wollte Hans Fuhrmann die legendäre Freiwasserquerung zwischen England und Frankreich 2021 wieder in Angriff nehmen. Doch gebe es einen Stau durch die Vielzahl von Interessenten. Er rechne mit frühestens 2023, so der 63-Jährige, der sich auf die Warteliste hat setzen lassen.

Ein weiteres Problem seien die durch die Pandemie eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten. Derzeit ermöglichten ihm die SSF Bonn, das 50-Meter-Becken zu nutzen, doch nach der geplanten Schließung des Bades für zwei Jahre ab dem Jahr 2023 stünden keine Wasserflächen für ein zielgerichtetes Training zur Verfügung. Fuhrmann hofft, auf diesem Wege Kontakt zu einem anderen Verein in der Region aufnehmen zu können. (coh)  

Als er das Ufer bei Cap de Freu ansteuerte, sei ihm nicht nach Feiern zumute gewesen. „Ich habe meine Frau und meinen Trainer zum Abendessen geschickt und mich nach einer Dusche in Bett gelegt. Es hat einige Tage gedauert, bis das im Kopf angekommen ist.“

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Nach 37,5 Kilometern war die Strecke geschafft.

Was bleibt, ist eine Urkunde und der Stolz, etwas Außergewöhnliches geleistet zu haben. Und die Erinnerung an glasklares Wasser. Er habe keinen einzigen Fisch gesehen, nur kurz vor Ankunft einen Schwarm mit winzig kleinen schwarzen. Thunfische und Riesenrochen müsse es dort auch geben – und Haie. „Aber viel tiefer.“