SiegburgSchuldnerberatung hilft Menschen, sich ihren Verbindlichkeiten zu stellen

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Alexa Fierlings ist die Fachbereichsleiterin der Schuldnerberatung des SKM in Siegburg.

Alexa Fierlings ist die Fachbereichsleiterin der Schuldnerberatung des SKM in Siegburg.

Rhein-Sieg-Kreis – Manchmal genügt ein kurzes Gespräch, manchmal werden die Ratsuchenden über Monate oder sogar Jahre begleitet: Die Schuldnerberatung des Katholischen Vereins für Soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis (SKM) hilft Menschen, die finanziell gestrauchelt sind, wieder auf die Beine zu kommen. Auch und gerade in Zeiten der Pandemie.

Nur kurz war im vergangenen Frühjahr die Beratungsstelle geschlossen, schnell hätten die Fachleute wieder begonnen zu beraten, berichtet Alexa Fierlings, zuständige Fachbereichsleiterin beim SKM. „Anstrengend für die Klienten und für uns“ sei das Gespräch häufig; hinter den Masken gehe die Mimik verloren, dabei sei die so wichtig, um zu sehen, ob etwas verstanden wurde. Nach einem ruhigeren Sommer hat in der zweiten Jahreshälfte die Nachfrage wieder zugenommen: Insgesamt 622 laufende oder neue Privatinsolvenzen begleitete das Team im vergangenen Jahr.

150 Anträge auf Privatinsolvenz zum Jahreswechsel

Zur Jahreswende lagen 150 Anträge auf Privatinsolvenz bei Fierlings und ihren für das Linksrheinische zuständigen Kollegen Ralf Braun auf dem Schreibtisch. „Auf Eis“, weil nach der Ankündigung im Spätsommer noch niemand die Details der neuen gesetzlichen Bedingungen kannte. Seit Januar ist das Gesetz in Kraft, rückwirkend zum Oktober (siehe Infokasten). „Die Anträge arbeiten wir derzeit wie wild ab“, sagt Fierlings.

Geändert hat sich in den zurückliegenden Monaten die Zusammensetzung der Klienten. Senioren mit kleinen Renten oder Grundsicherungsproblemen, die in den vergangen zwei Jahren deutlich häufiger Hilfe suchten, blieben nun eher zuhause, haben Fierlings und ihre Kolleginnen bemerkt. Zu den 1800 Menschen, die 2020 insgesamt die Schuldnerberatung aufsuchten, zählten dafür umso mehr Selbstständige und Angestellte, die in der Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben. 90 Prozent der Gespräche führten die Expertinnen seit Jahresbeginn mit nunmehr Arbeitslosen.

Die Rechtslage

Das neue Insolvenzrecht verkürzt die Laufzeit eines Verfahrens von bisher sechs auf nur noch drei Jahre. Dem Schuldner verbleibt in dieser Zeit ein Selbstbehalt, der nicht gepfändet werden kann.

Maßgebend ist die Lohnpfändungstabelle, die auch die Unterhaltspflichten des Schuldners berücksichtigt. Frühestens nach drei Jahren muss der Schuldner die Verfahrenskosten übernehmen. Diese kann er in Raten abtragen.

Grundsätzlich wird ein Insolvenzverfahren nur auf Antrag und nach dem Scheitern eines außergerichtlichen Verfahrens eröffnet. Bei manchen Menschen, die durch Ratenzahlungen in Schwierigkeiten gekommen sind, ist nach Angaben der Schuldnerberaterin Alexa Fierlings die Verschuldung oft gar nicht so hoch, dass sich angesichts der Verfahrenskosten ein Insolvenzverfahren lohnt. Das kann auch der Fall sein, wenn eine neue Arbeitsstelle in Aussicht steht. (dk)

Jobverlust ist „immer noch der Hauptgrund“ für den Weg zur Schuldnerberatung. Auch Trennung oder Scheidung bringen das finanzielle Gerüst schnell ins Wanken. Viele Klienten hätten ihr Haushaltsbudget so aufgestellt, dass sie auch kurze Phasen der Arbeitslosigkeit nicht überbrücken könnten, sagt Alexa Fierlings, die seit 13 Jahren beim SKM in der Schuldnerberatung arbeitet. „Fünf Prozent Puffer sind zu wenig.“

Auch längerer Krankenstand treibe viele Beschäftige in Not. „Einzelne öffnen keine Post mehr“, berichtet Fierlings. Andere reagierten in ihrer Verzweiflung vollkommen unorganisiert auf Mahnschreiben oder ähnliche Post. „Sie zahlen einfach, statt zu reden“ – und geraten immer weiter in die Schuldenspirale.

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„Die Angst vor dem Papier nehmen“ ist daher stets der erste Schritt. „Wir raten dazu, sich Zeit zu nehmen“, sagt Alexa Fierlings, schließlich sei die Konfrontation mit den Schulden sehr belastend. Wer lange keine Post geöffnet habe, schaffe es auch eher nicht, gleich alles zu sortieren. Also beginnt man mit 20 oder 30 Minuten am Tag. „In der Regel sind diese Klienten auch nicht pfändbar.“

Ein „nüchternes miteinander Arbeiten“ prägt den Kontakt zu Inkassounternehmen, die in der Regel digital organisiert Mahnungen versenden. Von einer „richtig guten Zusammenarbeit“ spricht Alexa Fierlings, wenn nur zwei oder drei Gläubiger befriedigt werden müssen. „Wir stehen hinter den Ratsuchenden“, betont sie. Verständnis für Vermieter oder Handwerker, deren Rechnungen nicht bezahlt wurden, habe sie gleichwohl.