Geschlagen und gefesseltNiederkasslerin erkennt nach Raub Angeklagten auf Phantombild

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Das Gesetzbuch zum Strafrecht (Symbolbild)

Das Gesetzbuch zum Strafrecht (Symbolbild)

Siegburg/Niederkassel – Es war eine Szene wie aus einem Thriller: Eine Geschäftsfrau aus Niederkassel wird nachts in ihrem Schlafzimmer überfallen, geschlagen, gefesselt und bedroht. Sie muss den Tresor öffnen, einer der drei Täter zieht ihr am Ende einen Kissenbezug über den Kopf. Als die 63-Jährige das vor dem Siegburger Schöffengericht schildert, versagt ihr kurz die Stimme: „Das macht man mit Gefangenen, bevor sie getötet werden.“ Der Angeklagte schaut ungerührt. Das Opfer hält ihn für den Haupttäter. Der 31-Jährige schweigt zu den Vorwürfen.

31-Jähriger stellte sich späterem Opfer als Gärtner vor

Der Angeklagte und die Geschäftsfrau waren sich vier Wochen vor der Tat erstmals begegnet. Sie suchte einen Gärtner für ihr großes Villengrundstück, er stellte sich auf Empfehlung eines Bauunternehmers vor. Der ist mit dem Bruder der 63-Jährigen gut bekannt und erledigte für diesen und dessen Schwester immer mal wieder Reparaturen und Fliesenarbeiten.

In einer warmen Augustnacht geschah der Überfall. Die Täter drangen durch ein auf Kipp stehendes Fenster ins Schlafzimmer der allen Lebenden ein, einer schlug der Frau mit der Faust ins Gesicht, befahl ihr, nicht aufzuschauen. Sie habe niemanden erkannt, sagte das Opfer in der ersten polizeilichen Vernehmung noch in dieser Nacht.

Als sie einige Tage später auf der Wache in Siegburg mit einem LKA-Beamten ein Phantombild fertigte, habe sie darin am Ende den Haupttäter erkannt. Das gab sie in einer weiteren Vernehmung zu Protokoll. Es sei zwar dunkel im Zimmer gewesen, doch sei das Mondlicht und der Schein von Straßenlaternen hineingefallen. Sie habe vor dem ersten Schlag sein Gesicht gesehen und später, als er ihre Füße fesselte, sein Profil.

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Doch wurde ihre Erinnerung beeinflusst durch ein Foto, das sie zuvor gesehen hatte? Ihr Bruder hatte den Bauunternehmer nach dem Überfall kontaktiert und gebeten, ihm Kopien der Ausweispapiere der bei ihm beschäftigten Männer, überwiegend Südosteuropäer, zu schicken. Darunter war auch das Bild des Angeklagten. Doch noch etwas war der Geschädigten aufgefallen. Der Haupttäter wiederholte seine kurzen Befehle immer, Beispiel: „Mach das! Mach das!“ Genauso habe der junge Mann gesprochen, der den Job als Gärtner haben wollte.

Fünf Jahre liegt der Raub schon zurück. Der 31-Jährige lebte zwischenzeitlich nach Angaben des Vorsitzenden Richters Ulrich Wilbrand überwiegend in seinem Heimatland, bei der Einreise nach Deutschland vor einigen Wochen wurde der mit Haftbefehl Gesuchte gefasst. Es war wohl nicht sein erster Grenzübertritt, er wohnt aktuell in Bayern, wo er einen Job als Lagerarbeiter hat; zum Gerichtstermin begleiteten ihn seine Frau und sein achtjähriger Sohn.

Frau litt unter Schock und Todesangst

Uhren und Schmuck im Wert von mehr als 100.000 Euro hatten die Täter damals erbeutet. Die Versicherung habe lediglich den Zeitwert ersetzt, etwa 65.000 Euro, berichtete die Zeugin. Schwerer wogen aber der Schock und die Todesangst, monatelang übernachtete die Mutter eines erwachsenen Sohnes nicht in ihrem Haus, sondern bei ihrem Bruder. Sie schreckte bei jedem Geräusch auf, ihre Firma geriet ins Trudeln.

Das Gericht sprach noch kein Urteil. Zwei wichtige Zeugen hatte die Vorladung der Justiz ignoriert und waren über die Festtage zum Familienbesuch ins Ausland gereist. Der Prozess wird fortgesetzt.