Shoppen vor LadenschlussViele Siegburger nutzten den letzten Tag vor dem Lockdown

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Einkauf per Video-Anruf: Absolute Design möchte mit der Kundschaft auch bei geschlossener Tür in Kontakt bleiben.

Einkauf per Video-Anruf: Absolute Design möchte mit der Kundschaft auch bei geschlossener Tür in Kontakt bleiben.

Siegburg – Weihnachtsstress kann wunderbar sein: Zwei Tage lang verpackte Mona Vassiliadis am laufenden Band Glitzerkerzen und Sterne, und, so früh wie nie, Last-Minute-Geschenke. „So viel Andrang hatten wir bei Absolut Design nur im Advent 2019“, sagt Sissi Vassiliadis. Doch auch wenn er neun Tage vor Heiligabend die Türen schließen muss, will er keine Katerstimmung aufkommen lassen und Kontakt zu den Kunden halten: „Wir beraten und zeigen unsere Ware per Video-Anruf.“

Abholen und ausliefern, das geht auch im Lockdown. Vassiliadis, Vorsitzender des Siegburger Verkehrsvereins, rechnet trotzdem mit Umsatzeinbrüchen, sieht eine düstere Zukunft für den Einzelhandel in den Innenstädten: „Die Politik müsste den Onlinehandel mit einer Extrasteuer belegen.“ Leid tue es ihm für seine Angestellten, die erneut in Kurzarbeit müssten, für die studentischen Aushilfen, die ihren Job verlieren: „Davon zahlen viele ihre Miete.“ Was macht das Paar mit der unverkauften Weihnachtsdeko? Einpacken fürs nächste Jahr.

Schlange stehen im Regen

Schon vor Ladenöffnung standen die Kundinnen gestern auch im Regen Schlange vor der Parfümerie von Petra Leuchtenberg-Breuer. Noch schnell ein duftendes Geschenk besorgen, noch rasch eine Gesichtscreme, einen Pflegetermin wolle sie „im Januar vereinbaren“, kündigt eine Dame an.

Petra Lichtenberg-Breuer will Pflegeprodukte auf Bestellung verkaufen.

Petra Lichtenberg-Breuer will Pflegeprodukte auf Bestellung verkaufen.

„Hoffentlich klappt das“, sagt die Inhaberin, sie führt das Geschäft, das ihre Eltern vor 70 Jahren eröffneten, seit 37 Jahren. Corona bringe schon seit März eine Schieflage, weil die Kosmetikbehandlung als wichtiges Standbein wegbrach. Die Produkte sind weiterhin über die Bestellhotline zu haben und werden kostenlos ins Haus gebracht. Anruf oder Whatsapp genügt.

Last-Minute-Run

Wer darf noch öffnen, wer muss dicht machen? „Viele Kunden sind verunsichert“, sagt Eve Deckert, die kürzlich erst mit ihrem Partner Franceso Rosso ein Feinkost- und Weingeschäft am Markt eröffnet hat und nicht schließen muss.

Sie erlebten trotzdem einen zweitägigen Last-Minute-Run in ihrem Laden in bester Lage – die ihnen aber wenig nützt, wenn in der Fußgängerzone gähnende Leere herrscht. Corona senke immerhin das Risiko: Die Ladenmieten in Siegburg werden niedriger.

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Viele Aufträge noch im Labor

Ein schönes Familienfoto, ein passender Rahmen dazu: Durch den Lockdown sind dem Fotografen Guido Bach etliche Aufträge weggebrochen. Keine Chance, Termine zu verlegen: Im Minutentakt kommt Kundschaft in sein Studio am Markt. Die Arbeit wird ihn trotzdem begleiten. Viele Aufträge lägen noch im Labor.

Kurz vor der kurzfristigen Schließungsverfügung, sagt der 53-Jährige, habe er noch Ware geordert. Die Maßnahmen gegen die Pandemie sieht er dennoch als vernünftig an, er sei auch sehr vorsichtig. Bach hofft auf ebenso unbürokratische, schnelle Hilfe wie im Frühjahr: „Drei Tage nach Antragstellung war das Geld da.“

Platzproblem im Frühjahr

Nur einzeln darf Stefanie Hiller die Kundinnen in ihr Modelädchen an der Mühlenstraße einlassen, dazwischen lüftet sie gründlich. Dem Lockdown sieht die 54-Jährige gelassen entgegen: „Unsere Gesundheit geht vor.“

Ihr Vermieter sei ihr ein Stück weit entgegen gekommen, ihre Mode sei zeitlos. Wenn allerdings die neue Ware komme im Frühjahr, drohe ein Platzproblem: „Wir haben kaum Lagerkapazitäten.“

Sorgen um die Mutter

Den Ruhetag am Montag hat Friseurin Marion Alemeier gestrichen und von morgens bis abends Haare geschnitten an der Holzgasse. Das „Berufsverbot“ ärgert sie: Sie führe ihren Salon, der im ersten Stock liegt, allein, habe immer nur einen Kunden: „Es müsste der Einzelfall geprüft werden.“

Eve Deckert und Francesco Rosso rechnen mit einer leeren City.

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Mehr Sorgen mache sie sich indes um Kunst und Kultur – und um ihre Mutter, die in einem Altenheim im Erftkreis lebt. „Völlig isoliert, wir dürfen sie nicht besuchen. Das ist wirklich schlimm.“