WM-Titel im ApnoetauchenTroisdorferin taucht über fünf Minuten, ohne Luft zu holen

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Eine Frau mit kurzen grauen Haaren steht in ihrem Garten. Sie hat drei Goldmedaillen um den Hals hängen; im rechten Arm trägt sie Schwimmflossen. In der linken Hand hält sie eine bunte Trophäe von der Weltmeisterschaft

Ute Weinrich aus Oberlar ist mit drei Goldmedaillen von der WM im Apnoetauchen in Kuwait zurückgekommen.

Die 61-jährige Ute Weinrich aus Troisdorf-Oberlar hat sich dem Apnoetauchen verschrieben, dem Tauchen ohne Sauerstoffflaschen.

Fünf Minuten braucht die Stadtbahn der Linie 66 für die Strecke von Sankt Augustin-Kloster bis zum Bahnhof Siegburg. Noch länger kann Ute Weinrich aus Oberlar unter Wasser die Luft anhalten: Bei 5,38 Minuten liegt ihre Bestzeit im Apnoe-Tauchen, erzielt bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig im November 2022. Von den Weltmeisterschaften in Kuwait kehrte die 61-Jährige im Mai mit drei Goldmedaillen in ihrer Altersklasse zurück.

Früher hat die Troisdorferin Tischtennis gespielt

Früher hat Ute Weinrich Tischtennis gespielt, bis der Rücken streikte. Dann begann sie mit dem Tauchen, mehr als 25 Jahre vor allem mit Gerät, also Sauerstoff. „Das ist bestimmt gut fürs Tauchen“, dachte sie daher auch, als eine Bekannte sie zum Apnoetraining mitnahm. Es wurde mehr: „Es hat mich gepackt, ich bin dabei geblieben.“

Mit der Sauerstoffflasche geht Ute Weinrich heute nur noch im Urlaub ins Wasser. Was sie so fasziniert hat? „Es ist still unter Wasser“, während man beim Gerätetauchen stets den eigenen Atem höre. So komme man im Freiwasser näher an Fische heran. Nicht zuletzt müsse man viel weniger Gepäck mit sich herumschleppen.

„Man muss ruhig werden“, beschreibt die Sportlerin die Herausforderung ihrer Disziplin. „Früher habe ich mich schnell aufgeregt“, der Sport habe ihr geholfen, gelassener zu werden. Zugleich sei man aber gerade bei der als „Statik“ bezeichneten Disziplin am Beckenrand allein mit seinen Gedanken. „Und dann kommt der Atemreiz“, den auch Ute Weinrich kennt. „Es ist schwierig, darüber wegzugehen.“ Ein Kampf, wie sie einräumt. „Aber Marathonläufer müssen ja auch kämpfen.“

Man muss ruhig werden. Früher habe ich mich schnell aufgeregt
Ute Weinrich, Apnoetaucherin

2016 bestritt Weinrich in Wiesbaden ihren ersten Wettkampf, über die getauchte Strecke von 60 Metern war sie damals „ein bisschen enttäuscht“; in der „Statik“ stand aber schon eine Zeit von 5,03 Minuten. „Das habe ich später eine ganze Weile nicht mehr geschafft.“

Zwei bis drei Mal wöchentlich geht sie zum Training, vom Tauchclub TSG Porz wechselte sie vor zweieinhalb Jahren zu den Schwimm- und Sportfreunden (SSF) Bonn. Inzwischen liegt ihre beste Weite bei 135 Metern mit und bei 95 Metern ohne Flossen.

Die größte Tiefe erreichte sie bei 38 Metern

Vor allem unter Wasser findet das Training statt. Bis zu achtmal 50 Meter muss sie beispielsweise gleiten, häufiger kurze Strecken tauchen oder immer kürzere Atempausen einlegen. Hinzu kommen Ausdauersport, Dehnen und Atemübungen, manchmal auch Technik: Ute Weinrich nimmt am Streckentauchen in den Disziplinen „Bi-Fins“ und „No Fin“ teil, mit zwei Flossen oder ganz ohne.

„Wo sollte ich trainieren?“ beantwortet sie die Frage nach dem Tieftauchen, einer weiteren Disziplin. Die hiesigen Tauchgewässer seien dunkel und kalt, und im Ausland schaue sie lieber nach den Fischen. Auf eine Rekordtiefe von 38 Meter kommt sie aber dennoch.

Vor allem im heimischen Wohnzimmer trainiert die Zahntechnikermeisterin für die Statik. „Ich habe im Moment keinen Buddy“, den Partner, ohne den im Apnoesport nichts läuft: Er coacht während des Wettkampfs, steht im Becken unmittelbar daneben und ruft verabredete Zeichen ab, um sicherzustellen, dass es der Athletin gut geht.

Man muss dem Körper auch Zeit geben, den Sauerstoff aufzunehmen
Ute Weinrich, Apnoetaucherin

„Atmen, Ute, atmen“ hört man Weinrichs „Buddy“ auf dem Video zur Bestzeit nach dem Auftauchen rufen. „Man kann sofort wieder atmen“, erklärt sie. Aber: „Man muss dem Körper auch Zeit geben, den Sauerstoff aufzunehmen.“ Und dafür dürfe man nicht zu schnell wieder ausatmen.

Beim Streckentauchen ist auf jeder Bahn ein Sicherheitstaucher dabei, am Beckenrand begleiten Schiedsrichter und Helfer die Tauchenden. Ohne Risiko ist es dennoch nicht. Möglich ist ein „Blackout“, eine kurze Bewusstlosigkeit.

Erfahrene Begleiter greifen im Notfall sofort ein

Die erfahrenen Begleiter reagieren sofort, ohne Hilfe wäre so ein Zwischenfall wohl tödlich. Dauerhafte Schäden ziehe das aber nicht nach sich, betont Weinrich – wenn es nicht zu oft geschehe.

Seit 2022 ist Ute Weinrich auch international am Start. In Belgrad war sie Teil des deutschen WM-Teams, in diesem Frühjahr reiste die Mannschaft nach Kuwait. Dabei bezahlen die Sportlerinnen und Sportler fast alles selbst: „Wir haben keine Lobby.“