Zu wenig Rastplätze in NRWIllegal geparkte Lkw werden zur Gefahr auf Autobahnen

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Dicht an dicht stehen Lastwagen an einer Raststätte.

  • Weil es immer mehr Lastwagen gibt, reichen die Parkplätze an Raststätten in NRW nicht mehr aus.
  • Auch rund um Köln wächst der Druck für die Lastwagenfahrer, die stundenlang nach einem Parkplatz suchen oder gleich illegal auf dem Autobahn-Standstreifen parken.
  • Sind Lösungen in Sicht?

Köln – In kurzer Hose, T-Shirt und Sandalen steht Filip Zdenek (64) im strömenden Regen vor seinem Truck auf dem Rasthof Remscheid, den er millimetergenau an die Leitplanke gequetscht hat, damit die Kollegen noch durchkommen. Ruhezeit einhalten. „Eine Katastrophe ist das mit dem Parken“, brüllt er gegen den Autobahnlärm an.

„Das war die letzte Möglichkeit. Ich habe eine Stunde gesucht. Jetzt kann ich nur wählen zwischen Falschparken oder Lenkzeit überschreiten.“ 40 Jahre macht Zdenek diesen Job und dabei täglich die gleichen Erfahrungen wie sein Kollege Detlef Eschwege (63), der jenseits der Tankstelle in der Zufahrt zur Autobahn parken muss. „Rund um Köln ist das reine Glückssache. Durch die vielen Baustellen und Staus kann man die Fahrzeiten nicht mehr kalkulieren. Und die Rastplätze sind alle überfüllt.“

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Filip Zdenek vor seinem Lkw auf der Raststätte Remscheid

Die Klagen der Lkw-Fahrer kommen nicht von ungefähr. Laut einer neuen Studie der IHK Köln fehlen auf den zehn Autobahnen im Rheinland jeden Tag durchschnitt 695 Lkw-Parkplätze. Zwar plant der Landesbetrieb Straßen in den kommenden Jahren den Bau von zusätzlichen 685 Stellflächen an den Rastanlagen. Ob der Plan so umgesetzt wird, ist noch unklar.

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Lastwagen haben kaum noch Platz auf den Rasthöfen

Im Mai 2019 haben das NRW-Verkehrsministerium und die Autobahngesellschaft – begleitet von Protesten der Städte Leverkusen und Burscheid – das Ergebnis einer Standortuntersuchung für zwei neue Lkw-Rastanlagen an der A 1 zwischen Köln und Wuppertal vorgestellt. Sie sollen in Höhe Dürscheid-Hahnensiefen (Richtung Köln) und in Höhe Lützenkirchen (Richtung Wuppertal) entstehen. Sollten keine Einwendungen oder Klagen kommen, könnten sie 2026 fertig sein. Sehr wahrscheinlich ist das nicht.

Verkehr steigt bis 2030 um 52 Prozent

Der Parkdruck im Rheinland ist enorm. „Die geplanten Rastplätze legalisieren so gerade den Bestand an bereits heute parkenden Lkw“, sagt Ulrich Soénius, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der IHK Köln. Der Lkw-Verkehr werde aber deutlich zunehmen. Einer Studie der IHK Rheinland zufolge werde der Transitverkehr auf den Autobahnen im Rheinland bis 2030 gegenüber dem Jahr 2010 um 52 Prozent steigen. „Der Lkw wird auf absehbare Zeit das dominante Transportmittel bleiben“, sagt Soénius.

Was die Verkehrsforscher des Instituts für Transportsysteme und Logistik der Universität Duisburg-Essen auf den zehn Autobahnen rund um Köln vorgefunden haben, ist erschreckend. Die insgesamt 810 Lkw-Stellplätze an den 35 Rastanlagen sind im Durchschnitt in Spitzenzeiten zu 186 Prozent ausgelastet. Bei den kostenpflichtigen Autohöfen Mundorf in Frechen (115 Plätze) und SVG in Köln-Eifeltor (65 Plätze) hat man auf die Angaben der Betreiber zurückgegriffen.

Nachts an Wochentagen alles voll

Die Verkehrsexperten haben an allen anderen Rastplätzen in drei Nächten an Wochentagen zwischen 22 und fünf Uhr morgens in den Monaten Januar und März die Lkw gezählt. Ergebnis: Nur an fünf Klein-Rastanlagen gab es ein paar wenige freie Stellplätze – vier von ihnen liegen an der Autobahn 4 zwischen Olpe und Köln. Die Folge dieser Entwickelung: Fahrer sind gezwungen, ihre Lkw parallel zu den Fahrspuren abzustellen, die Flächen für Pkw und Busse zu nutzen, in den Zu- und Ausfahrten zu Servicestationen und Tankstellen zu parken.

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„Zu Zeiten maximaler Belegung stehen dann auf nahezu allen Rastplätzen Lkw bis in die Ab- und Auffahrten der Autobahnen hinein“, betonen die Verkehrsexperten. So seien beispielsweise an der Raststätte Bedburger Land an einem Tag im März gleich vier Lkw gezählt worden, die auf der Beschleunigungsspur zur A 61 abgestellt wurden. „Gesichtet wurden auch Lkw auf Standstreifen ohne Warnblinker oder Rücklicht und nur kenntlich gemacht mit reflektierenden Warnwesten“, heißt es weiter in dem Bericht.

Abhilfe durch Telematiksysteme

Besonders krass ist die Lage auf der Ostseite des Rastplatzes Bedburger Land. Dort lag die Auslastung in der Spitze bei 383 Prozent, also parkten nahezu vier Lkw pro ausgewiesenem Stellplatz. An mehreren Zähltagen habe man auf der A 1 aus Richtung Wuppertal auf dem überbreiten aber unbeleuchteten Standstreifen kurz vor dem Kreuz Leverkusen zwischen drei und fünf abgestellte Lkw entdeckt.

„Der zeitliche Aufwand für die Suche nach Parkraum ist zu groß“, sagt IHK-Bereichsleiter Soénius. „Mittlerweile müssen die Fahrer dafür bis zu eine Stunde einplanen.“ Zur Lösung des Problems empfehlen die Verkehrsexperten neben dem schnellen Ausbau mehr private Autohöfe abseits der Autobahnen sowie Parkleit- und Telematiksysteme für eine bessere Nutzung der vorhandenen Flächen. Damit Fahrer wie Filip Zdenek nicht länger im Regen stehen.