Arbeiten in der PandemieWarum das Homeoffice eine dauerhafte Lösung sein kann

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Homeofice Symbol

(Symbolbild)

Die Cafeteria vermisst Hannes Ametsreiter dann doch. „Führung wird schwieriger, wenn man kaum jemanden zufällig an der Kaffeemaschine trifft“, sagt der Chef von Vodafone Deutschland über die Arbeit im Homeoffice. Ins Büro zurückkehren müssen seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotzdem nicht. Vodafone überlässt es ihnen, von wo aus sie arbeiten - und setzt womöglich Maßstäbe, was hybrides Arbeiten anbelangt.

Damit gemeint ist ein Mix aus Präsenzarbeit und Homeoffice. An letzterem führt kein Weg vorbei, wie so ziemlich alle Untersuchungen zur Zukunft der Arbeitswelt zuletzt zeigten: Viele Beschäftigte haben während der Pandemie die Arbeit zuhause zu schätzen gelernt. „Die letzten Monate haben gezeigt, dass es bei mindestens 21 Millionen Erwerbstätigen auch geht“, sagt Ole Wintermann, Experte für mobiles Arbeiten bei der Bertelsmann-Stiftung.

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Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter (l.).

Microsoft hat zuletzt allerdings 100.000 Angestellte in Industrienationen befragt. Immerhin 30.000 wollten durchaus dauerhaft an den Arbeitsplatz zurückkehren. Die Ansprüche klaffen also auseinander: Eltern etwa schätzen die dank Homeoffice wegfallenden Wegezeiten, junge und ambitionierte Beschäftigte netzwerken tendenziell lieber im Büro. Das Gebot der Stunde sei deshalb Flexibilität seitens der Arbeitgeber, ist Wintermann überzeugt.

Vodafone-Chef: Maximale Flexibilität ist das Ziel

Ametsreiter ist damit schon vertraut, unter seiner Ägide hat das Unternehmen schon früh großzügige Homeofficeregelungen auf den Weg gebracht. Doch die Pandemie hat gezeigt, dass noch mehr drin ist. Und Ametsreiter ist überzeugt, dass die Veränderungen bleiben: „Die Welt wird nicht mehr so, wie so vorher war.“

Auf die in vielen Unternehmen gängige Homeofficequote verzichtet Vodafone deshalb ganz. „Wir versuchen, so individuelle Systeme zu schaffen, wie es irgendwie geht“, erklärt Ametsreiter. Die etwa 15.000 Beschäftigten bei Vodafone in Deutschland können ihren Arbeitsort frei wählen, bis zu 20 Tage im Jahr dürfen sie auch vom europäischen Ausland aus arbeiten. Die einzige Einschränkung beim sogenannten „Full Flex Office“: „Wenn ein Team im Videocall nicht vorankommt, muss man es an einem Ort zusammenbringen“, sagt Ametsreiter.

Homeoffice: Leistungsprinzip statt Präsenzkultur

Das heißt freilich nicht, dass Vodafone-Beschäftigten machen können, was sie wollen. Im Gegenteil, statt Stunden abzusitzen wird Leistung wichtiger. „Es ist egal, wo Mitarbeiter sind, solange die Resultate stimmen“, so Ametsreiter. Erfahrungsgemäß sei die Produktivität im Homeoffice aber hoch, ebenso wie die Pünktlichkeit.

Manch Aspekt, der Wintermann zufolge anderswo noch für Streit sorgt, ist bei Vodafone außerdem längst geregelt: Vodafone stellt die Ausrüstung fürs Homeoffice, erfasst die Arbeitszeiten umfänglich, übernimmt die Kosten für Internetanschlüsse und sorgt für einen ordentlichen Versicherungsschutz. „Es läuft wirklich sehr gut“, bilanziert denn auch Werner Rogsch, Betriebsratsvorsitzender bei Vodafone in Berlin.

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Wie Ametsreiter berichtet er, dass der Betriebsrat und die Unternehmensführung bei der Entwicklung des Full Flex Offices eng zusammengearbeitet haben. Auch die Erreichbarkeit des Betriebsrats über die nun wichtiger werdenden digitalen Kommunikationskanäle sei gewährleistet, so Rogsch.

„Die zusätzliche Flexibilität hat bei vielen zu einer neuen Verbundenheit mit Vodafone geführt,“ schildert Rogsch außerdem - was in Ametsreiters Ohren wie Musik klingen dürfte. Denn Vodafone hofft, dank der neuen Flexibilität einen Vorsprung im Kampf um die besten Talente zu haben. „Wir wollen eins der modernsten Unternehmen in Deutschland sein“, formuliert Vodafone-Chef Ametsreiter seinen Anspruch.

Neue Arbeitsformen: Ein Trend, der an Bedeutung gewinnt

Der könnte auch anderen Unternehmen gut zu Gesicht stehen, meint Wintermann. In den USA gebe es gerade eine große, „The Great Resignation“ getaufte, Kündigungswelle. „Wir sehen, dass dort die Menschen in Firmen wechseln, die mehr Flexibilität bieten. Ich bin sicher, dass das auch zu uns rüberschwappt“, sagt der Fachmann für mobiles Arbeiten. 100 Prozent Flexibilität müssen indes aus Wintermanns Sicht nicht sofort sein: „Hauptsache ist, dass Flexibilität weiterhin ein Thema ist.“

„Wir wollen aber keine reine Homeoffice-Company sein“, betont Ametsreiter allerdings. „Denn im Büro spüren die Kolleginnen und Kollegen die Unternehmenskultur und den Spirit von Vodafone“. Gänzlich ausgedient hat dabei auch die Kaffeemaschine nicht: Vor allem jüngere Mitarbeiter träfen sich durchaus gern in der Cafeteria, berichtet Ametsreiter. Andere will er künftig unter anderem mit Veranstaltungen auf den Vodafone-Campus in Düsseldorf locken: „Wenn wir eine gute Band an den Campus einladen, kommen alle,“ weiß der Unternehmenslenker aus Erfahrung.