Arbeitgeberpräsident Dulger„Der Staat muss alles tun, um die Krise abzumildern“

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Rainer Dulger dpa

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger

Herr Dulger, dürfen sich die rund 130 Beschäftigten der BDA auf eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 3000 Euro freuen, die die Regierung ermöglichen will? Dulger: Wir sind uns unserer Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst. Das haben wir auch bei der Corona-Prämie im letzten Jahr gezeigt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es in der angespannten Lage viele Unternehmen gibt, die nur einen Anteil oder auch gar keine Einmalzahlung leisten können. Die 3000 Euro sind kein Selbstläufer. Wir warten aktuell noch auf den Gesetzestext.

Die Krise frisst sich langsam aber stetig voran. Wie tief wird der Abschwung?

Als Unternehmer bin ich grundsätzlich optimistisch, aber es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass wir eine Rezession bekommen werden. Zum einen, weil wir schon ein Quartal mit einer schrumpfenden Wirtschaft erleben. Zum anderen, weil sich wegen der höheren Preise viele Verbraucher bei ihrem Konsum zurückhalten. Wie lange diese Krise anhalten wird, kann niemand seriös vorhersagen.

Müssen wir lernen, auf Urlaube und andere nicht zwingend nötige Ausgaben zu verzichten?

Ich würde die Lösung woanders suchen: Die Bundesregierung muss endlich anfangen, die Ursache der Krise zu bekämpfen und nicht immer weiter an den Symptomen herumdoktern. Das heißt, wir erwarten von der Politik schnelle Entscheidungen für einen umgehenden Ausbau des Stromangebots. Dabei geht es auch darum, den Strompreisanstieg zu begrenzen.

Braucht es wie in der Euro- und Corona-Krise eine „Whatever-it-takes-Signal“?

Ich glaube ja. Es stimmt zwar, dass die Kassen nicht mehr so voll sind wie vor der Corona-Krise, aber wenn wir jetzt nicht handeln, drohen wir Strukturen zu verlieren, die nicht mehr zurückkommen. Kleine Betriebe oder Handwerker machen dann dicht und nie wieder auf. Der Staat muss jetzt alles tun, um diese Krise abzumildern.

Auch, wenn dazu die Schuldenbremse ausgesetzt werden muss?

Das muss die Politik entscheiden.

Und wie ist ihre persönliche Meinung?

Meine persönliche Einschätzung ist nicht entscheidend. Aber viele Unternehmer würden die Austerität nicht als das im Augenblick drängendste Problem sehen. Bisher hat die Schuldenbremse ja auch hinreichend Flexibilität ermöglicht.

Anfang kommenden Jahres soll das neue Bürgergeld eingeführt werden. Sie haben auf dem Arbeitgebertag gesagt, das Bürgergeld sei keine Brücke in Arbeit, sondern in das Sozialtransfer-System. Glauben Sie das angesichts eines Regelsatzes von 502 Euro im Monat tatsächlich?

Ich bin Unternehmer und kein Politiker, weshalb ich mir hin und wieder eine klare Position leiste. Unsere Betriebe suchen derzeit händeringend nach Personal. Und deshalb halte ich es für ein vollkommen falsches Signal, jetzt Regeln zu beschließen, die den Bezug von Transferleistungen angenehmer machen. Das ist kein Zeichen von Fairness und Respekt gegenüber den arbeitenden Menschen in diesem Land.

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Uns ist nicht klar, was an einem Lebensunterhalt von 502 Euro angenehmen sein soll…

Ich habe größtes Verständnis dafür, dass wir ein Auge auf Transferbezieher haben müssen und als Staat und als Gesellschaft in der Pflicht sind, hier unterstützend zu wirken. Aber zu Hause bleiben darf sich nicht mehr lohnen als arbeiten zu gehen. Da verschiebt sich unser Wertesystem! Es kann doch nicht sein, dass jemand, der nicht arbeiten geht und den Regelsatz und Kindergeld und andere Zulagen bekommt, am Ende mehr im Geldbeutel haben kann, als eine hart arbeitende Pflegekraft, die im Schichtdienst arbeitet und ihre Miete selbst zahlen muss.

Das Beispiel würden wir gerne sehen, zumal das Kindergeld auf die Grundsicherung angerechnet wird. Aber vielleicht liegt das Problem auch einfach in der schlechten Bezahlung der Pflegekraft.

Oder es liegt an der hohen Abgabelast auf ihrem Gehalt! Deshalb fordern wir eine Reform der sozialen Sicherungssysteme. Dann würde der Pflegekraft mehr Netto vom Brutto bleiben – das wäre gut.