Drogen, Erpressung, AuftragsmordeMafia-Pate macht Erdogan schwer zu schaffen

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Offenbar befeuert die anhaltende Wirtschafts- und Währungskrise in der Türkei, den Wunsch auszuwandern, meinen Experten.

Drogengeschäfte, Erpressung, Auftragsmorde: Seit Wochen bringt der flüchtige türkische Mafia-Boss Sedat Peker mit YouTube-Videos über angebliche Verflechtungen zwischen Politik und organisiertem Verbrechen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan in immer größere Erklärungsnot.

Peker, der in Dubai vermutet wird, nimmt vor allem Innenminister Süleyman Soylu aufs Korn. Soylu habe ihn früher protegiert und auf die kriminellen Dienste seiner Bande zurückgegriffen, ihn dann aber fallengelassen, behauptet der Unterwelt-Boss.

Auslöser für die Enthüllungen, die Anfang Mai begannen, scheint eine Razzia in Pekers Istanbuler Haus im April gewesen zu sein. Bei der Durchsuchung soll die Polizei Pekers Frau und Tochter unsanft angefasst haben. Pekers YouTube-Serie umfasst inzwischen acht rund einstündige Video-Monologe. Der Mafioso hat 832 000 Abonnenten. Sein siebtes Video wurde bisher mehr als zwölf Millionen mal aufgerufen – Quoten, von denen viele Influencer träumen. Auch Folge 8, seit Sonntagmorgen online, dürfte ein Hit werden, denn da berichtet Peker von konspirativen türkischen Waffenlieferungen an die islamistische Terrororganisation al-Nusra.

Staatschef Erdogan schwieg wochenlang zu den Vorwürfen, bevor er vergangene Woche seinen Innenminister verteidigte – wohl auch, um sich selbst zu schützen, wie Beobachter meinen. Denn Soylu gilt dank seiner Kontrolle über den Polizeiapparat und diverse Geheimdienste als zweitmächtigster Mann der Türkei nach Erdogan.

Erdogan vermutet hinter Pekers Enthüllungen die Opposition. Sie instrumentalisiere den Mafia-Boss, um die Regierung in Misskredit zu bringen. Führende Oppositionspolitiker spüren nun wachsenden Druck. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft für Ekrem Imamoglu, den populären Istanbuler Oberbürgermeister, der als möglicher Gegenkandidat Erdogans bei der nächsten Präsidentenwahl gilt. Sein „Verbrechen“: Er soll Mitglieder einer Wahlbehörde öffentlich beleidigt haben. Selahattin Demirtas, kurdischer Oppositionspolitiker, der 2014 bei der Präsidentenwahl gegen Erdogan antrat, wurde am vergangenen Freitag wegen Beleidigung eines Staatsanwaltes zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Demirtas sitzt wegen Terrorvorwürfen bereits seit 2016 in Untersuchungshaft.

Aber Erdogan bekommt Gegenwind. Nicht nur vom Mafia-Boss Peker. Vor allem die ökonomischen Probleme beginnen dem Präsidenten über den Kopf zu wachsen. Inflation und Arbeitslosigkeit treiben immer mehr Menschen in die Armut. Das statistische Pro-Kopf-Einkommen der Türkei fiel seit 2016 von 10 000 auf 7500 Euro. Vergangene Woche sackte die türkische Lira auf ein neues Rekordtief.