Mediziner über die vierte Welle„Wir haben es selbst in der Hand“

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Corona Beatmungsgerät

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Berlin – Während laut Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland die vierte Corona-Welle läuft, warnen Intensivmediziner und Hausärzte davor, dass sich bereits heute vor allem junge und ungeimpfte Menschen infizieren.

„Wir sehen eine ganz klare Verschiebung in der Altersstruktur der Infizierten“, sagte Uwe Janssens, Präsidiumsmitglied der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Nur 13 Prozent der hospitalisierten Patienten sind über 80, rund 40 Prozent gehören inzwischen zur Altersgruppe der 35 bis 39-Jährigen.“

Auch mehr junge Menschen in Krankenhäusern

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Auch im RKI-Bericht heißt es, dass inzwischen vor allem jüngere Menschen betroffen seien: „Damit zeigt sich nun deutlich der Beginn der vierten Welle, die insbesondere durch Infektionen innerhalb der jungen erwachsenen Bevölkerung an Fahrt aufnimmt.“ Auch aus dieser Gruppe kommen Covid-19-Patienten in die Krankenhäuser.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte am Freitag: „Die aktuellen Zahlen des RKI machen deutlich, dass es aktuell vorwiegend jüngere und nicht geimpfte Personen sind, die sich infizieren und dann auch im Krankenhaus behandelt werden müssen. Lag der Median der hospitalisierten Patienten in der zweiten Welle noch bei 77 Jahre, liegt er nun bei 48 Jahren. Das heißt, die Hälfte der Krankenhauspatienten ist nun jünger als 48 Jahre.“

Mehr Informationen und Angebot gefordert

Die aktuellen Zahlen zeigten aber auch, dass die hohe Impfquote bei den über 60-jährigen sehr gut wirke und die Menschen vor schweren Verläufen schützt, so die DIVI und die DKG. „Gleichzeitig sehen wir, dass jüngere Menschen ohne Impfschutz ein reales Risiko haben, sehr schwer zu erkranken. Wir appellieren deshalb dringend an alle Bürgerinnen und Bürger, sich impfen zu lassen“, sagte DKG-Chef Gaß. Es brauche mehr Informationen und mehr niedrigschwelligen Impf-Angebote.

Ähnlich äußerte sich DIVI-Mitglied Janssen: „Wir müssen jetzt so viel impfen wie möglich.“ Es sei wichtig, denjenigen, die sich noch nicht dafür entschieden hätten, die Ängste im persönlichen Gespräch zu nehmen. Hier seien die Hausärzte gefragt.

Der Hausärzteverband äußerte sich am Freitag positiv dazu: „In den kinderärztlichen Praxen und solchen, die Impfungen für Jugendliche anbieten, nimmt das Impftempo zu“, erklärte Verbandschef Ulrich Weigeldt.

„Wir haben es in der Hand“

Mit Blick auf mögliche Einschränkungen im Herbst sagte DKG-Chef Gaß: „Wir haben es selbst in der Hand, deutliche Einschränkungen im öffentlichen Leben im Herbst und Winter zu vermeiden. Aktuell sind wir noch von einer Überlastung des Gesundheitssystems entfernt und bei weiter steigender Impfquote, bin ich auch sehr zuversichtlich, dass eine solche Überlastung nicht eintreten wird.“

Auch der Hausärzteverband betonte: „Wir sehen keinen Grund für zusätzliche Beschränkungen, zumal die Belastung des Gesundheitswesens und der Krankenhäuser nicht wesentlich über das normal Maß hinausgeht.“ Weigeldt kündigte an, dass der Verband der Empfehlung der Ständigen Impfkommission folgen werde, wonach alte und gefährdete Menschen sechs Monate nach ihrer zweiten Impfung eine Auffrischung bekommen sollen.

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Insgesamt haben derzeit rund 64 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens eine Corona-Impfung bekommen. Mehr als 58 Prozent sind vollständig geimpft. Der Anstieg der Inzidenzen hat aber bereits Folgen: Der zuletzt abnehmende Trend von Covid-19-Patienten in Kliniken setzt sich laut RKI zurzeit nicht fort. Die Zahlen befänden sich noch auf niedrigem Niveau, stiegen aber sichtbar an - auch bei jungen Erwachsenen. (mit dpa)