Statistik aus NRWIn zwei Dutzend Schulklassen haben alle Kinder Migrationshintergrund

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Ein Schüler greift nach einem Stift aus seiner Stiftemappe mit einem Zettel mit den Buchstaben des Alphabets in einer 2. Klasse in der Grundschule Hasselbrook. Die Bundeskanzlerin berät in einer Video-Konferenz mit den Ministerpräsidenten über weitere Corona-Beschränkungen. Schulen und Kitas sollen aber offen bleiben. +++ dpa-Bildfunk +++

Das Ministerium hat aufgelistet, wo der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund besonders hoch ist.

Schulministerin Dorothee Feller will allen Schülerinnen und Schülern eine gute Schulbildung mit auf ihren Weg geben, sagte sie.

In NRW gibt es rund zwei Dutzend Schulklassen, die komplett aus Kindern oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund bestehen. An einer Grundschule in Aachen ist es sogar jede Klasse. Das geht aus einer Auflistung des Schulministeriums für den Landtag hervor.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, man solle „alles daran setzen, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern eine gute Schulbildung mit auf ihren Weg geben. Und dabei spielt es keine Rolle, woher jemand kommt oder welche Hautfarbe er hat.“

Statistik beinhaltet keine Herkunftsländer

„Gleichwohl dürfen wir die Augen nicht vor den Herausforderungen verschließen“, sagte Feller: „Wir haben gegenwärtig rund 100.000 neu zugewanderte Kinder und Jugendliche in der schulischen Erstförderung. Viele von ihnen sind aus der Ukraine geflüchtet, nachdem Russland ihr Land angegriffen hat.“ Die Statistik für den Landtag – beantragt von der AfD-Fraktion – beinhaltet keine Herkunftsländer. Sie schlüsselt aber für rund 2800 Grundschulen, zudem Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien den Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund für jede Klassenstufe auf.

Migrationshintergrund hat ein Schüler laut Ministerium, wenn er im Ausland geboren wurde oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde oder „die Verkehrssprache in der Familie nicht Deutsch ist.“ Durch die Eltern ist der Begriff Migrationshintergrund in NRW weiter gefasst als der Beschluss der Kultusministerkonferenz. Laut dieser hat man entweder keinen deutschen Pass oder ein nichtdeutsches Geburtsland – oder eine nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie. Von daher sind die NRW-Zahlen mit anderen Bundesländern nicht vergleichbar – und teilweise hoch.

Aachener Grundschule hat 100 Prozent Schüler mit Migrationshintergrund

So gibt es laut dem Papier des Ministeriums an Grundschulen in Ahlen, Dortmund, Duisburg, Hamm und Lüdenscheid jeweils mindestens eine Klasse mit einem hundertprozentigen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Auch in Düsseldorf wird eine Klasse aufgeführt – allerdings an einer jüdischen Grundschule. Zahlreiche Grundschulen haben laut der Statistik einen Gesamtanteil von über 90 Prozent, eine Grundschule in Aachen hat 100 Prozent Schüler mit Migrationshintergrund.

Die Statistik weist auch eine virtuelle Klassenstufe («E3») auf, in der alle Grundschulkinder zusammengefasst sind, die die zweite Klasse wiederholen. Hier sind es mehr als 250 Einträge, bei denen 100 Prozent steht. Bei Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen gibt es insgesamt ein gutes Dutzend Klassen, die nur aus Schülern mit Migrationshintergrund bestehen. An Gymnasien gar nicht.

Für Köln werden 149 Grundschulen aufgelistet, von denen nur rund eine Handvoll eine einstellige Quote beim Migrationshintergrund aufweist. Aber: Nicht mal jede zehnte Grundschule liegt über 80 Prozent. Drei Schulen liegen in Köln bei über 90 Prozent – in Duisburg sind das zum Beispiel 15 Schulen.

Verbandschef kritisiert die Personalplanung des Landes

Stefan Behlau, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) in NRW, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, es sei „hilfreich, zu wissen, wie heterogen unsere Schülerschaft ist. Ebenso hilfreich sind die Daten der Geburten, vorausgesetzt, sie werden konstruktiv genutzt. Grundsätzlich ist es essenziell, dass unsere Landespolitik darauf reagiert.“

Kindertagesstätten und Schulen seien „die effektivsten Orte für Integration“, so Behlau: „Das Problem ist die fehlerhafte Personalplanung vieler Landesregierungen.“ Der Verbandschef betonte: „Das Potenzial für nachhaltige Integrationsarbeit ist enorm, jedoch erschweren die Bedingungen vielerorts die Arbeit. Eine Stärkung der Bildung käme allen zugute.“

Schulministerin Feller beteuerte, dass die Regierung die Schulen und Kommunen bei der Aufnahme von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen unterstütze: „Wir haben mehrere tausend zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt und wollen allen Schülerinnen und Schülern gute Bildungschancen eröffnen.“