Bayer-Trainer stellt sich vorGerardo Seoane verspricht dem Werksklub das Maximum

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Gerardo Seoane spricht zu seinen Spielern

Leverkusen – Über den Fußball-Trainer Gerardo Seoane ist in Deutschland wenig bekannt. Dass er mit Young Boys Bern dreimal in Folge Meister der Schweiz wurde, spanische Wurzeln hat und lange Zeit im Nachwuchsleistungszentrum des FC Luzern arbeitete, kann man überall nachlesen. Seine respektable Profi-Karriere mit mehr als 300 Spielen in der Schweiz und Spanien (La Coruna B) ebenfalls.

Andere Dinge, die Aussprache seines Namens zum Beispiel, musste der 42-Jährige bei seinem ersten Medienauftritt am Dienstag in Leverkusen schon selbst erklären. Das letzte -e wird nicht verschluckt. Seoane – gesprochen wie geschrieben. Damit war das schon einmal klar.

Wieder andere Dinge konnten bei dieser ersten Gelegenheit nur umrissen werden. „Es muss ein Gefühl entstehen, dass es unangenehm ist, gegen Leverkusen zu spielen. Mit und ohne Ball“ erklärt der Trainer in seiner ruhigen Art.  „Ich möchte mich nicht auf Resultatsziele festlegen. Erstes Ziel ist es, der Mannschaft ein Gesicht zu geben. Nicht nur fußballerisch, sondern vom gesamten Auftreten her.“

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Zuvor hatte er mit seinem Team die erste Trainingseinheit neben der Bay-Arena geleitet. 20 Feldspieler, drei Torhüter, Hütchen, Hürden und ein halbes Dutzend Mini-Tore verteilten sich gleichmäßig über den Trainingsplatz, damit die Basisübungen des Profi-Fußballs abgearbeitet werden konnten. „Wenn Spieler fünf Wochen im Urlaub waren, dauert es zwei, drei Tage, bis die Automatismen wieder da sind“, erklärt der Trainer, dem am ersten Arbeitstag auf dem Platz elf wichtige Spieler fehlten, die bei verschiedenen Kontinentalturnieren im Einsatz waren oder noch sind. Darunter die Argentinier Exequiel Palacios und Lucas Alario, der Chilene Charles Aranguiz, der Jamaikaner Leon Bailey, der Tscheche Patrik Schick, Torhüter Lukas Hradecky (Finnland), Edmond Tapsoba (Burkina Faso) und der Österreicher Julian Baumgartlinger. „Das sind Spieler von hoher Qualität“, sagt Seoane, dessen Kader nach dem Karriereende der Bender-Zwillinge und dem Wechsel von Aleksandar Dragovic zu Roter Stern Belgrad noch größere Lücken aufweist, die mit Transfers vor allem im Defensivbereich gefüllt werden sollen.

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Sportdirektor Simon Rolfes und Gerardo Seoane

Mit dem Rest des Kaders hat sich der Schweizer schon einmal bekannt gemacht. Durch seine Multilingualität werden die Übersetzer unter dem Bayer-Kreuz erst einmal arbeitslos. Die drei Schweizer Nationalsprachen Deutsch, Französisch und Italienisch spricht der Sohn galizischer Einwanderer ebenso fließend wie Spanisch, Portugiesisch und Englisch. Damit deckt er den gesamten Sprachbereich des internationalen Fußballs ab. Einen ebenso großen Eindruck wie die Sprachen-Palette hat auf die Bayer-Verantwortlichen fraglos gemacht, dass Seoane Bayer 04 im März mit dem individuell deutlich unterlegenen Kader von Young Boys Bern aus der Europa League befördert hat. Sportdirektor Simon Rolfes gibt zu, dass er beeindruckt davon war, wie sehr der Trainer dabei vom Dominanzfußball aus der Schweizer Meisterschaft  abgewichen sei, um den Favoriten aus einer kompakten Deckung heraus mit überfallartigen Angriffen in beiden Spielen zu schlagen. „Solche Flexibilität wollen wir haben“, sagt Rolfes.

Gerardo Seoane formuliert die Demut, die man aus deutscher Sicht von einem Schweizer Trainer erwartet, freundlich, aber nicht unterwürfig: „Wir schauen alle auf die Bundesliga, sie ist für uns der potenziell nächste Schritt. In der Super League gibt es zehn Mannschaften, die viermal im Jahr gegeneinander spielen. Da kennt man sich. In der Bundesliga ist alles viel größer und es existiert so viel Qualität, dass jede Mannschaft die Möglichkeit hat, jede andere zu schlagen.“

Deshalb, erklärt Seoane, könne er als Abo-Meister der letzten drei Jahre den Leverkusenern keine Garantien für die Erfüllung ihrer Titelsehnsucht geben: „Man kann die Schwierigkeit solcher Aufgaben nicht miteinander vergleichen. Meine Aufgabe ist es, das Maximum aus den Ressourcen zu holen.“ Das ist anspruchsvoll genug, denn es hat sich schon lange nicht mehr so angefühlt, als sei das einem Trainer bei Bayer 04 gelungen.