Brügelmann wird 200Wo Generationen von Kölnern Wäsche und Kleidung kauften

Lesezeit 4 Minuten
Brügelmann 1

Mitarbeiterinnen in der Textilproduktion von Brügelmann im Jahr 1949

Köln – Es ist eines der großen Kölner Traditionsunternehmen und war über viele Jahre eine der gesetzten Adressen für Textilien in der Stadt. Generationen von Menschen in Köln, der Region und ganz Deutschland kauften Bekleidung, Bett- und Tischwäsche bei FW Brügelmann Söhne (FWBS). An die bewegte Geschichte erinnert heute noch ein Detail an der Fassade von „Peters Brauhaus“.

In diesem Jahr feiert die Firma ihr 200-jähriges Jubiläum. Oberbürgermeisterin Henriette Reker lud die Inhaber dazu am Montag zu einem Empfang im Hansesaal des Rathauses. „Die Firma Brügelmann war im 19. Jahrhundert und vor allem beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung in der Kölner Innenstadt“, sagte Reker. Seit dem Wochenende erinnert eine Gedenktafel am ehemaligen Stammsitz des Textilunternehmens von 1833 bis 1976 in der Mühlengasse in der Altstadt an die Geschichte des Unternehmens.

Protestantischer Gründer

Alles zum Thema Henriette Reker

Firmengründer Friedrich Wilhelm Brügelmann (1778-1842) aus Elberfeld gehörte zu den protestantischen Unternehmerfamilien, die nach der französischen Besatzung und dem Beginn der frühindustriellen Revolution nach Köln kamen. „Diese Zuwanderer sorgten gemeinsam mit bereits ansässigen Familien für einen enormen Innovations- und Kreativitätsschub“, sagt Ulrich Soénius, Direktor der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv. „Kontinuität paarte sich mit der stetigen Weiterentwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen. So haben viele Familien ihre Unternehmen geprägt und diese prägten Köln“, so Soénius.

Aus den Anfängen als Baumwollspinnerei entwickelte sich das Unternehmen zu einem Textilgroßhändler und ist bis heute in Familienbesitz. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitete sich der Firmensitz fast auf die gesamte Länge der Nordseite der Mühlengasse aus.

Filialen bundesweit

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs erlebte FWBS eine Hochzeit, seit 1880 war der Umsatz von 168 000 auf 7,7 Millionen Mark gewachsen und stieg bis 1925 auf 33 Millionen Mark, erwirtschaftet von 1269 Beschäftigten. Zusätzliche Erlöse generierte die Firma durch Gründung oder Übernahme von Einzelhandelsgeschäften wie dem Kaufhaus Biergans in unmittelbarer Nachbarschaft am Alter Markt sowie durch Eröffnung von Filialen in mehreren deutschen Städten. In Köln-Deutz entstand ein Fabrikationsgebäude und Zentrallager, hunderte Näherinnen produzierten dort Hemden, Kittel und vieles mehr.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das in Jahrzehnten Geschaffene binnen kurzer Zeit zerstört, nur das Deutzer Werk überstand den Krieg.

Die fünfte Inhabergeneration machte sich an den Wiederaufbau. Neben dem Senior-Chef Otto Brügelmann (1885-1969), von den britischen Militärs als „Mitläufer“ entnazifiziert, waren dies Gerd (1913-1998), Jan (1921-2012) und Jochem Brügelmann (1924-1981), unter deren Leitung FWBS Anfang der 70er-Jahre die erfolgreichste Zeit mit bis zu 3000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 200 Millionen D-Mark erlebte.

Hinter den Kulissen wuchsen die Spannungen

Doch hinter den Kulissen wuchsen die Spannungen. Otto Brügelmann beharrte auf der Wiederherstellung der Vorkriegsstrukturen. Seine jüngeren Mit-Teilhaber erkannten allerdings, dass sich nach dem Krieg mit neuen Warenhäusern und dem modernen Versandhandel die traditionellen Handelswege veränderten und den klassischen Großhandel in seiner Existenz bedrohten. Mit jeder Aufgabe eines Bekleidungsgeschäfts im Kölner Umland musste Brügelmann einen weiteren Kunden von seiner Liste streichen.

Für das Ende des Standortes Mühlengasse sorgte die Motorisierung. „No parking, no busi-ness“, lernten Delegationen von Bügelmann-Managern, die sich in den USA über neue Vertriebswege informierten. Und als die Wohnbebauung rund um Groß St. Martin begann, fielen die Parkplätze der Brügelmann-Kunden weg, ein Ersatz war in der engen Altstadt nicht mög-lich. Seit 1976 ist das ehemalige Bekleidungswerk unweit des Messekreisels in Deutz der neue Firmensitz von FWBS.

Der Großhandel wurde im Jahr 2001 endgültig aufgegeben. Mit Helmut Brügelmann sowie seinen Vettern Thomas sowie Jan W. Brügelmann , der zudem als Journalist viele Jahren in verschiedenen Führungspositionen für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ arbeitete, leitete die sechste Generation nach dem Tod ihrer Väter die Firma.

Erste Geschäftsführerin der Firmengeschichte

FWBS betreut heute Gewerbeimmobilien und Brügelmann Textilien ist tätig als Objektausstatter im Medizin- und Pflegebereich sowie der Hotellerie. Geleitet wird der Bereich von Giovanna Policastro Castiglia (50) als erster Geschäftsführerin in der Firmengeschichte. Zudem wurde mit Lena-Theresa Förster (34) das erste Mitglied der siebten Generation Geschäftsführende Gesellschafterin.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Gebäudekomplex in der Mühlengasse beherbergt heute Wohnungen und Büros. Nur das „B“ in den kunstvoll geschmiedeten Fenstergittern von „Peters Brauhaus“ erinnert noch an die einstigen Inhaber.