ImmobilieninvestmentsAnleger sollten bei grünen Fonds genau hinsehen

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Neubau auf grüner Wiese

Gebäude entstehen auf einer grünen Wiese.

Köln – Schon die Bezeichnung „Grüne Immobilienfonds“ klingt zukunftssicher.  Der Megatrend Nachhaltigkeit zieht sich durch sämtliche Branchen und gesellschaftliche Schichten und macht auch vor Anlegern nicht Halt, wie eine Umfrage des Beraterhauses PwC und dem Fondsanalysehaus Morningstar unter 250 Anlegern zeigt: Für 89 Prozent von ihnen ist Nachhaltigkeit kein kurzfristiger Trend, sondern ein langfristiger Systemwechsel.

Immobilienfonds investieren in der Regel in Wohnparks oder Bürogebäude. Sie gelten als sicher, weil die Mietpreise seit Jahren steigen, weil sie nicht abhängig von Kursschwankungen an der Börse sind und Schutz vor Inflation bieten. Die Labels grün oder nachhaltig implizieren, dass die Gebäude in den Fonds mit den sich immer weiter entwickelnden Anforderungen des Gesetzgebers mithalten können, energieeffizient und emissionsarm sind.

Definition von Grün

Ein Potenzial, das Fondsanbieter erkannt haben. Rund 80 Prozent von 42 befragten Vermögensverwaltern wollen dem Analysehaus Scope zufolge in den nächsten zwei Jahren nachhaltige Immobilienprodukte auflegen. Doch die Datenlage ist schwierig, denn über die Definition von Grün wird gestritten.

Dabei ist eine solche Definition aus mehreren Gründen notwendig: Dem Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) zufolge machen der Bau- und Immobiliensektor hierzulande rund 30 Prozent des CO2-Ausstoßes sowie 34 Prozent des Endenergieverbrauchs aus. Außerdem öffnet das Fehlen einer Definition Tür und Tor für Greenwashing, also die Versuche von Unternehmen, sich grüner darzustellen als sie eigentlich sind – für Anleger ein potenzielles Risiko.

Siegel und Zertifizierungen

Möglichkeiten, einen Fonds zu finden, der den gewünschten Forderungen entspricht, gibt es mehrere, wie zum Beispiel das eigenständige Überprüfen der im Fonds vorhandenen Immobilien auf Nachhaltigkeitssiegel und -Zertifizierungen. Zu den bekanntesten hierzulande zählen DGNB der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, das britische BREEAM und das US-amerikanische LEED. Die Institutionen dahinter analysieren nach Auftrag entgeltlich und nach eigenen Maßstäben sowohl Bestands- als auch Neubauten auf Umweltaspekte wie Energieeffizienz, Emissionen oder Dämmung.

Für die Immobilienunternehmer ist das durchaus lukrativ, denn obwohl laut DGNB die Errichtung einer nachhaltigen Immobilie rund ein bis fünf Prozent über den Kosten einer regulären liegt, erhoffen sich die Unternehmer deutlich höhere Renditen. Die Zertifizierungen sind mittlerweile Usus in der Branche, allerdings stehen sie unter Druck.

Für die EU nicht genug

Ein Gebäude, das eine solche Zertifizierung trägt, ist für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch lange nicht qualifiziert, Teil eines nachhaltigen Fonds sein zu dürfen. Branchenteilnehmer erwarten daher, dass die Zertifizierer in Zukunft strengere Kriterien an den Tag legen.

Die BaFin bezieht sich dabei auf eine Definition der Europäischen Union (EU). Im März 2021 führte sie zum Schutz von Anlegern und Umwelt die sogenannte Offenlegungsverordnung ein, wonach Fondsanbieter ihre Finanzprodukte drei Kategorien zuteilen müssen: nicht nachhaltig (Artikel 6), mit ökologischen und sozialen Merkmalen (Artikel 8, auch „Light-Green-Produkte“ genannt) und mit nachhaltigem Investitionsziel (Artikel 9, auch „Dark-Green-Produkte“ genannt).

Diese Einteilungen basieren auf einem ESG-Reporting, worin Anbieter angeben müssen, ob die Produkte alle Merkmale und Ziele erfüllen. Interessenten können diese Nachhaltigkeitsangaben in Verkaufsprospekten, Jahresberichten und der Webseite des Anbieters einsehen.

Zu große Herausforderungen

Erweitert wurde die Offenlegungsverordnung mit dem Jahr 2022 um die EU-Taxonomie. Immobilien müssen dafür „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ gewährleisten können, weitere Ziele (Schutz von Wasser und Meeren, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung sowie Schutz der Ökosysteme) werden derzeit nachgeschärft und sollen ab 2023 gelten.

Doch sowohl Offenlegungsverordnung als auch Taxonomie leiden offenbar unter Definitionsschwierigkeiten, wie eine Umfrage des Beraterhauses EY Real Estate namens „ESG-Snapshot Immobilien – Taxonomie“ belegt: Rund 94 Prozent der befragten Immobilienunternehmen können nicht genau sagen, was eine Immobilie leisten muss, um die Taxonomie erfüllen zu können.

Der Lobbyverband ZIA zum Beispiel begrüßt zwar die neuen Vorgaben, kritisiert aber ebenfalls, dass sie voller offener Fragen und Ungereimtheiten seien. Wegen eines hohen Anforderungsniveaus und mangels verfügbarer Daten aus den Gebäuden selbst wie beispielsweise CO2-Ausstoß, seien nur wenige Gebäude in der Lage, Taxonomie-Konformität herzustellen. „Hier muss es Nachbesserungen geben, damit die Taxonomie die Anreize für die Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige Investitionen wirksam entfalten und die enormen Einsparungspotentiale gerade im Altbestand auch tatsächlich ausschöpfen kann“, so ZIA-Vizepräsident Jochen Schenk.

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Anleger stellt das vor besondere Herausforderungen: Einerseits ist die Auswahl an Produkten daher geringer, als sie eigentlich sein könnte. Außerdem könnten Objekte, die heute als nachhaltig gelten, aufgrund der 2023 kommenden Taxonomie-Kriterien nicht mehr als nachhaltig genug gelten. Anleger sollten daher den Fondsmanager sowie seine Transparenz hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien eigenständig prüfen, manchmal lohnt es sich auch, einzelne Objekte aus dem Angebot herauszupicken und zu recherchieren.