Unpraktisches ModedesignTaschenliebe mit Hindernissen

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Ein Model mit Tasche bei der Mailänder fashion Week für Frühjahr/Sommer 2025

Fashion Week in Mailand: Zu groß, zu klein, zu unhandlich – warum können Designerhandtaschen nicht auch praktisch sein, fragt unsere Kolumnistin. (Symbolbild)

Profane Dinge wie Schlüssel, Handy, Portemonnaie und Taschentücherpackungen sind bei vielen namhaften Designlabels schwer  zu verstauen. Ein Plädoyer für mehr Nutzwert.

Taschen sind die Aushängeschilder von Luxusmarken wie Louis Vuitton, Chanel, Hermès, Gucci oder Dior. Der Erfolg dieser Unternehmen hängt auch maßgeblich mit der Nachfrage nach klassischen beziehungsweise besonders raren und exquisiten Taschenmodellen zusammen. Häufig werden die Accessoires, die nicht selten fünfstellige Beträge kosten, jedoch nicht im Alltag genutzt, sondern als Investment angeschafft. Dann verschwinden sie im Tresor – und werden irgendwann „wie neu“ zu einem noch höheren Preis wieder verkauft.

Doch auch Taschen namhafter Designlabels, die durchaus für den privaten und regelmäßigen Gebrauch gedacht sind, sind nicht immer unbedingt dazu angetan, profane Dinge wie Schlüssel, Handy, Portemonnaie und Taschentücherpackungen darin zu verstauen. Denn entweder sind die Taschen zu klein, zu groß oder insgesamt zu unpraktisch, von mangelnder Zeitlosigkeit ganz zu schweigen.

Losbudenplüschtier zu einem Kissen verarbeitet?

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Dass bei den Fashionweeks in Paris, New York, London oder Mailand mal wirklich komfortable und zu möglichst vielen Outifts passende Taschen präsentiert werden, kommt eher selten vor. Ein Blick auf die aktuelle Herbst- und Winterkollektion offenbart mehr Kurioses als Cooles. Dries Van Noten etwa präsentierte bei der Modenschau in Paris Kunstfellexemplare, die aussahen, als hätte man ein altes Losbudenplüschtier zu einem Kissen verarbeitet.

Wie ein überdimensionaler Kulturbeutel kommt dagegen die sogenannte Maxi Clutch daher, die in dieser Saison angesagt ist. Sie ist in der Regel weder mit Henkel noch Riemen ausgestattet, sondern wird unter den Arm geklemmt, was auf Dauer recht beschwerlich sein dürfte. Zumindest lässt sich in diesem Modell jedoch einiges verstauen. Das andere Extrem sind Mini Bags, in denen kein Mobiltelefon der neuen Generation, sondern allenfalls ein Lippenstift Platz findet.

Nieten: Aufwertung schlichter Outfits oder Achtziger-Jahre-Modeunfall?

Großzügigen Stauraum bieten dagegen XXL-Tote-Bags, in deren weitläufigem Innern man aber garantiert nichts wiederfindet.

Ebenfalls angesagt in dieser Saison sind Taschen mit Nieten. Modefachleute versprechen, dass sich damit auch das schlichteste Outfit aufwerten lässt. Andererseits können metallisch glänzende Applikationen aber auch schnell nach einem Achtziger-Jahre-Modeunfall aussehen.

Geradezu futuristisch kommt im Gegensatz dazu die französische Marke Coperni daher. Sie präsentierte Anfang des Jahres mit der Air Swipe Bag sozusagen eine Wolke fürs Handgelenk: Die kleine Tasche in Himmelblau mit weißen Wölkchen besteht zu 99 Prozent aus Luft und zu einem Prozent aus Glas. Das macht sie gerade mal 33 Gramm leicht. Um den schwebeähnlichen Zustand dieser Tasche nicht zu stören, packt man am besten gar nichts hinein. Das gilt auch für ein anderes Modell von Coperni, das allerdings mit knapp zwei Kilogramm deutlich schwerer ist: die Mini Meteorite Swipe Bag. Sie besteht aus Meteoritengestein und ist damit auch mehr ein Modell für den Tresor oder die Vitrine als für den Alltag.

Die Liebe zur Tasche sollte jedoch nicht so weit gehen, dass sie kaum angerührt und schon gar nicht benutzt werden darf. Modemachende sollten wieder mehr im Blick haben, was eine Tasche eigentlich sein sollte: Ein sowohl schmückendes als auch praktisches Accessoire, das einen durch schlechtes Wetter, zu unangenehmen Terminen, auf tolle Reisen und bei schönen Verabredungen zuverlässig begleitet.


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