„Alles sehr schmutzig hier“Göttingerin beneidet die Kölner um nichts

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Müll Pappbecher

Auf Kölns Straßen liegt zu viel Müll, findet die Göttingerin Astrid Krengel.

  • Unsere Serie „Zwei Kaffee, bitte“: Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?

Köln – Auf dem Weg zu einem meiner Lieblings-Kaffeeorte, „The Coffee Gang“ auf der Neusser Straße, begegne ich dieser Frau, die sich gerne für ein halbes Stündchen von ihrem Ziel fernhalten lässt. Astrid Krengel ist für eine Woche in Köln, um ihren Sohn und dessen kleine Familie ein wenig beim Umzug zu unterstützen. Glücklicherweise findet der Wohnungswechsel innerhalb des Hauses statt.

Krengel lebt in Göttingen und kommt etwa sechs Mal im Jahr, insbesondere um ihre beiden Enkel (drei und fünf) zu sehen. Beim dritten Enkelkind sei dies nicht ohne Weiteres möglich, weil ihr anderer Sohn nebst Familie in Mexico-City lebe. Aber zum Glück lasse sich die Distanz via Skype überbrücken.

Köln erinnert Krengel negativ an ihre Heimatstadt Hagen

Es gebe sicherlich vergnüglichere Besuchs-Anlässe als Umzüge, stelle ich fest, was Astrid Krengel anders sieht. „Es ist ganz schön, wenn man das Gefühl hat, wirklich gebraucht zu werden. Und wenn man spürt, dass es gut ist, wenn man da ist.“ Da stimme ich ihr zu.

Astrid Krengel

Astrid Krengel

„Kennen Sie viel von Köln?“, frage ich, nachdem unser bildschöner Cappuccino an den Tisch gebracht worden ist. Sie habe schon mal eine Stadtführung gemacht, eine unterirdische, kenne ein paar Sehenswürdigkeiten „wie den Dom natürlich“, den Rhein an verschiedenen Stellen und sei in ein paar Konzerten gewesen.

„Furchtbare“ Radwege

„Gibt es etwas, worum Sie die Kölner beneiden?“ – „Nö“, entgegnet die 66-Jährige, die bis vor einem Jahr als Grundschullehrerin in einem Brennpunktgebiet tätig war. „Gar nicht, muss ich sagen.“ In Göttingen seien die Bedingungen für Familien mit Kindern viel besser. „Es gibt bei uns viel mehr nahbares Grün, viel Wasser und Seen, in denen man wirklich was machen kann, baden und Kanu fahren zum Beispiel.“

Ich überlege, in welchem Kölner Gewässer man offiziell schwimmen darf und wage keinen Widerspruch.

Krengel nennt die Spielplatzsuche in dieser Stadt „unbequem“ und beklagt die vielfach unattraktiven Angebote. „Das ist hier doch alles sehr schmutzig.“ Hausfassaden und Straßen erinnerten sie stark an ihre Heimatstadt Hagen und daran, wie froh sie damals gewesen sei, dort wegzukommen.

Göttingen, wo sie seit ihrem Studium lebe, erscheine ihr insgesamt „bequemer und gemütlicher“. Sie sei dort grundsätzlich nur mit dem Fahrrad unterwegs, die Stadt verfüge über ein tolles Netz, und man könne wunderbar an der Weser entlang fahren. Hier hingegen seien die Radwege „ganz furchtbar“.

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Zwar habe Köln einen Dom, „ein tolles Monument“. Aber wenn man aus dem Bahnhof komme und das Drumherum sehe, frage man sich: „Wie kann man dem das antun?“

Ich finde, jetzt ist es an der Zeit, einen echten Joker auszuspielen. „Dafür haben wir hier etwas, was Sie definitiv nicht haben“, sage ich mit Blick auf die fünfte Jahreszeit. Krengel hat sofort verstanden, worauf ich hinaus will, und stellt fest: Da beneide ich Sie auch nicht drum!“