Weitgehend unbekannt in KölnWas von der mittelalterlichen Stadtmauer am Rhein übrig geblieben ist

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Zu sehen ist die Zollpforte am Kölner Thurnmarkt.

Die Zollpforte am Kölner Thurnmarkt.

Die mittelalterliche Festungsanlage entlang des Rheins war ein äußerst malerisches Gebilde.

Das Ende ihrer mittelalterlichen Stadtmauer läuteten die Kölner am 11. Juni 1881 mit einem Knall an der Ecke Gereonshof/ Von-Werth-Straße ein. „Gespannte Erwartung malte sich auf allen Zügen“, schrieb die Kölnische Zeitung: „Ein Hornsignal ertönte, dann wieder eins, und ein dumpfes donnerartiges Rollen verkündete, daß die erste Mine explodiert war.“ Der Stadterweiterung sollte nichts mehr im Weg stehen: In kurzer Zeit wurde das 700 Jahre alte Bollwerk bis auf wenige Ausnahmen beseitigt, um die Neustadt zu errichten.

Zu ist eine gezeichnete Darstellung der rheinseitigen Stadtmauer mit Frankenturm (links, gelb hervorgehoben) und Trankgassenpforte.

Darstellung der rheinseitigen Stadtmauer mit Frankenturm (links, gelb hervorgehoben) und Trankgassenpforte.

Wenig musste hingegen am Rheinufer weggesprengt werden, denn hier war die Stadtmauer bereits größtenteils nicht mehr vorhanden. Eines der wenigen Relikte kann heute zwischen Deutzer Brücke und Rheinauhafen betrachtet werden. Es handelt sich um die so genannte Zollpforte, ein öffentlicher Zugang vom Rheinufer zum Thurnmarkt, der 1964 zufällig unter einem Abbruchhaus entdeckt wurde, als die Rheinuferstraße erweitert werden sollte.

Der Durchgang samt Mauerresten aus Basalt wurde unweit von der Fundstelle auf dem Thurnmarkt platziert, wo er heute einen etwas vergessenen, verwitterten Eindruck macht. Der Verein „Fortis Colonia“ möchte die Überreste deshalb zum 60. Jahrestag der Wiederentdeckung sanieren und stärker ins Bewusstsein heben. Geldgeber werden noch gesucht.

Festungsanlage bot Sicherheit

Bei einem Vortrag in der „Residenz am Dom“ machten Henriette Meynen und Alexander Hess von Fortis Colonia deutlich, dass mit der rheinseitigen Stadtmauer ein ganz besonderes Kapitel Kölner Festungsgeschichte untergegangen ist. Wie vielgestaltig diese Wehranlage war, hat der Künstler Anton Woensam im 16. Jahrhundert mit einem Holzschnitt detailliert überliefert. Die Darstellung zeigt: Städtisches Leben und Mauer waren nicht voneinander zu trennen.

Die Festungsanlage entlang des Rheins wurde ab dem 13. Jahrhundert aus Basalt und Tuffstein gebaut und war ein äußert malerisches Gebilde. Die Kölner schienen sich von dieser Seite der Stadt kaum bedroht gefühlt zu haben. Sonst hätten sie die rund drei Kilometer lange Mauer nicht mit zahlreichen „Schlupfpforten“ und Toren durchlöchert und sogar Vorgärten und Terrassen angelegt. „Hier konnte man nichts erwarten“, so Henriette Meynen, frühere stellvertretende Stadtkonservatorin Kölns. Wurfgeschosse von Deutz aus seien nicht bis ins Linksrheinische vorgedrungen, feindliche Schiffe frühzeitig abgefangen worden.

Straßennamen aus dem Mittelalter

Massive Doppelturmanlagen, wie es sie an der Landseite gab, waren am Rhein nicht zu finden. Hier gab es stattdessen mal kleine, mal große Türme, die mal eckig und mal rund waren. Dazu kamen vor allem in der Nähe von Märkten rund 25 Tore, die sich auf den Bereich zwischen den Kirchen St. Maria in Lyskirchen und St. Kunibert konzentrierten. Oberhalb der Tore befanden sich oft Heiligenfiguren oder Wappen sowie Gebäude aus Fachwerk.

Durchgänge in Türmen gab es kaum. Ausnahmen bildeten der Frankenturm und die Trankgassenpforte, die den optischen Höhepunkt der Rheinfront bildeten. Noch heute tragen zum Rhein führende Straßen die Namen mittelalterlicher Pforten, so etwa die Holzgasse, der Filzengraben oder die Markmannsgasse.

Bauwerke erinnern noch heute an rheinseitige Stadtmauer

Ebenso vielseitig zeigten sich die Häuser, die mit der Zeit auf die Mauer gesetzt wurden. „Stein- oder Fachwerkbauten kragten zum Teil über die Mauer“, so Henriette Meynen. Anders als in anderen Städten seien die höchsten und kostspieligsten Bauten am Rhein zu finden gewesen. Unmerklich hätten die Giebel der Hausaufbauten zu denjenigen abseits der Mauer übergeleitet und so Mauer und Stadt miteinander verschmolzen: „Somit bildet die Stadtmauer mit dem „Heiligen Köln“ eine repräsentative Einheit.“

Davon ist kaum noch etwas übriggeblieben. Neben der Zollpforte zeugen noch der so genannte Weckschnapp-Turm und der Bayenturm von der rheinseitigen Stadtmauer. Ihr Niedergang setzte laut Alexander Hess schon in den 1820er Jahren ein, als Dampfschifffahrtsgesellschaften Landungsbrücken anlegten und sich in der Folge am Rhein Hotels ansiedelten.

In den 1840er Jahren ersetzten die Preußen die als veraltet betrachtete Stadtmauer im Bereich des Rheinauhafens durch eine Backstein-Variante mit Gittertoren. Immer größere Teile des wundersamen Bauwerks verschwanden. 1884 wurde mit der Rheingassenpforte auch das letzte Tor der Rheinbefestigung niedergerissen. Hier wurde anschließend ein Gemüsemarkt eingerichtet.