Wichtige BundesstraßeWarum die Stadt Köln Tempo 30 auf der Luxemburger Straße einführen will

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Viele Autos fahren auf der Luxemburger Straße.

Auf der Luxemburger Straße soll bald Tempo 30 statt Tempo 50 gelten.

Verkehrsdezernent Ascan Egerer hat überraschend angekündigt, das Tempo zu reduzieren. Teile der Politik fühlen sich übergangen.

Die Stadt Köln wird die Höchstgeschwindigkeit auf der Luxemburger Straße vorübergehend von Tempo 50 auf Tempo 30 reduzieren. „Das ist die aktuell einfachste und am schnellsten umzusetzende Reaktion auf eine Gefahrenlage“, sagte Verkehrsdezernent Ascan Egerer am Montag. Sechs verschiedene Anwohnerinnen und Anwohner hatten seit März dieses Jahres beim Verwaltungsgericht jeweils eigene Klagen gegen die Stadt Köln eingereicht, weil die Grenzwerte für Lärm auf der Luxemburger Straße überschritten werden.

Die Luxemburger Straße ist Teil der Bundesstraße 265 und gehört zu den wichtigsten Ein- und Ausfallstraßen Kölns. Das Verkehrsdezernat hatte vor wenigen Wochen ein Grundnetz präsentiert, in dem die Luxemburger Straße zu den Straßen in der Stadt gehört, auf denen das Auto auch weiterhin Vorrang vor anderen Verkehrsmitteln haben soll.

Stadt Köln stellt 50 neue Verkehrsschilder auf

Wie zu erfahren war, liegen die für die Temporeduzierung notwendigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen bereits vor. Die Umsetzung soll demnach innerhalb der nächsten fünf Wochen erfolgen. Die Stadtverwaltung muss dafür insgesamt 50 neue Verkehrsschilder montieren, für einige sind neue Pfosten nötig. Das Verkehrsdezernat will außerdem die Ampelschaltungen auf das neue Tempo anpassen. So soll sichergestellt werden, dass der Verkehr trotz der Veränderung fließt.

Betroffen sind in beiden Fahrtrichtungen die Bereiche zwischen Militärring und Weißhausstraße sowie zwischen Eifelwall und Barbarossaplatz. Zwischen Weißhausstraße und Eifelwall soll hingegen auch weiterhin Tempo 50 gelten. 

Aus Reihen der Politik gibt es deutliche Kritik an dem Vorgang. „Die Vorgehensweise wirft durchaus Fragen auf. Warum zum Beispiel wurde die Politik bei einem Vorhaben mit solch einer Tragweite weder informiert noch eingebunden“, sagt Teresa de Bellis-Olinger (CDU). Gleichzeitig konterkariere eine solche Entscheidung den ganzheitlichen Ansatz für das Grundnetz für den motorisierten Individualverkehr. Auch hier stelle sich die Frage, ob Tempo 30 mit einer leistungsfähigen Trasse vereinbar sei. „Bei allem Verständnis für die unterschiedlichen Interessen, dürfen wir eine Millionenstadt wie Köln nicht komplett lahmlegen“, sagt de Bellis-Olinger.

„Verkehrsdezernent Egerer hätte gut daran getan, die Politik am Dienstag im Ausschuss mündlich über die Temporeduzierung zu informieren“, sagt Lukas Lorenz (SPD). Offenbar habe das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt die Kontrolle über ihre Stadtverwaltung verloren, anders seien die „ständigen Alleingänge“ kaum zu erklären. Gesundheits- und Lärmschutz seien gute Gründe für die Einführung von Tempo 30 auf der Luxemburger Straße. „Allerdings müssen diese nachvollziehbar belegt werden, wie zum Beispiel bei der Bergisch Gladbacher Straße“, so Lorenz.  Es sei sehr ärgerlich, dass dies nach der Mülheimer Brücke und dem Ehrenfeld-Gürtel jetzt der dritte Versuch der Stadtverwaltung sei, das eigene Grundnetz zu torpedieren.

Verkehrsdezernent Ascan Egerer beruft sich auf Gefahrenabwehr

„Das ist ein völlig kopfloses Vorpreschen des Verkehrsdezernenten. Im Schweinsgalopp soll Egerers Personal innerhalb von sechs Wochen die gesamte Luxemburger Straße zu einer Tempo-30-Zone machen“, sagt Ulrich Breite (FDP). Dass der Verkehrsausschuss nicht informiert wurde, obwohl dieser erst am Dienstag der vergangenen Woche tagte, zeige das Demokratieverständnis und die Abgehobenheit des Verkehrsdezernenten. „Hier wird bewusst an den demokratisch legitimierten Gremien des Rates vorbei regiert“, sagt Breite.

Egerer berief sich am Montag darauf, dass eine Gefahrenabwehr in Bezug auf den Gesundheitsschutz ein laufendes Geschäft der Verwaltung sei. Da es sich um eine vorübergehende Temporeduzierung handele, werde die Politik selbstverständlich in die dauerhafte Lösung des Problems einbezogen. Egerer kündigte an, parallel alternative Maßnahmen untersuchen zu lassen, wie etwa den Einbau eines Flüsterasphalts. Der Verkehrsausschuss sollte ursprünglich in einer Sondersitzung am 24. Juni über die vorübergehende Temporeduzierung informiert werden, so der Verkehrsdezernent. Er könne nichts dafür, wenn das Thema vorher ungewollt auf anderem Wege in die Öffentlichkeit gerate.

Stadt kommt Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zuvor

Dass Egerer einem Urteil des Verwaltungsgerichts zuvorkommt, dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Stadt Köln bei Verfahren wegen Lärms bislang oftmals den Kürzeren gezogen hat. Bei sämtlichen Klagen in den vergangenen Jahren kam es entweder zu Urteilen gegen die Stadt oder zu Einstellungsbescheiden, nachdem die Stadt zuvor freiwillig Tempo 30 erlassen hatte. Das geht aus einer Antwort der Verwaltung auf Anfrage der Volt-Fraktion hervor.

Die Interessengemeinschaft (IG) Lebenswerte Lux zeigte sich am Montag erfreut über die Absicht der Stadt Köln, Tempo 30 einzuführen. „Bei Grenzwertüberschreitungen ist der Schutz der Anwohnenden keine verkehrspolitische Entscheidung mehr“, sagte Sprecher Dominik Kerl. Entsprechende Maßnahmen müssten von Rechtswegen her erfolgen. „Ein Abwarten der laufenden Klageverfahren würde die Anwohnenden weiter unnötig gefährden und zusätzlich Steuergelder kosten“, so Kerl.

Anwohnerinnen und Anwohner sehen Pläne als positives Zeichen

Die IG Lebenswerte Lux habe neben den 60 Antragsstellenden für mehr Lärmschutz auch sieben Anwohnerinnen und Anwohner auf dem Abschnitt zwischen Weißhausstraße und Scherfginstraße gefunden, die in das Verfahren eingestiegen seien. Sechs davon haben ihre Untätigkeitsklagen bereits eingereicht. „Die Anordnung von Verkehrsdezernent Herrn Egerer ist somit ganz klar im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, die bisher durch das laufende Klageverfahren eine hohe finanzielle Belastung eingehen“, so Kerl. Es handele sich um ein „positives Zeichen“ seitens der Stadt.

In Zukunft wird es für Kommunen einfacher sein, Tempo-30-Zonen einzuführen. Bund und Länder hatten sich in der vergangenen Woche im Vermittlungsausschuss zur Reform des Straßenverkehrsgesetzes auf einen Kompromiss verständigt, um das zu erleichtern. Demnach sollen künftig auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, wenn es darum geht, Tempo 30 zu erlassen.