„Dann haben wir eine Leiter geholt“Anwohner retteten in Essen Kinder aus brennendem Haus – und stellten Tatverdächtigen

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Ein Polizeibeamter patrouilliert am 29. September 2024 vor einem Lebensmittelgeschäft in Essen, wo ein Mann am Vortag einen Lieferwagen gerammt hat.

Ein Polizeibeamter patrouilliert am 29. September 2024 vor einem Lebensmittelgeschäft in Essen, wo ein Mann am Vortag einen Lieferwagen gerammt hat.

31 Menschen werden durch zwei Brandstiftungen in Essen verletzt. Zivilisten verhinderten Schlimmeres.

Die Polizei in Essen setzt ihre Ermittlungen zu den Brandstiftungen vom Samstag fort. Dabei waren nach Feuerwehr-Angaben 31 Menschen verletzt worden, darunter zwei Kleinkinder lebensgefährlich. Ihr gesundheitlicher Zustand sei unverändert ernst, sagte dazu eine Polizeisprecherin. Die Kinder hatten Brandrauch eingeatmet, der ihre Lungen geschädigt hatte.

Wie am Sonntag bekannt wurde, verhinderten Anwohner, dass noch weitere Menschen schwerer oder gar lebensbedrohlich verletzt wurden. Wie der WDR berichtet, stellten schnell reagierende Helfer noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr Bauleitern an die Wände des brennenden Hauses, kletterten hoch und retteten so drei Kinder. „Es war so, dass die Feuerwehr noch nicht vor Ort war, aber das erste Kind schon gerettet war von den Anwohnern“, schilderte Nachbarin Petra Stolarski im WDR Fernsehen. Aufnahmen zeigen, wie verzweifelte Eltern ihre kleinen Kinder zu den Helfern herunterreichten. „Das hat dazu geführt, dass schon Leute an den Fenstern hingen und Kinder rausgehalten haben“, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Essen: Anwohner retten Kinder aus brennenden Häusern

Alles zum Thema Herbert Reul

Den Menschen in den beiden Häusern war der Fluchtweg durch das Treppenhaus nicht mehr möglich, nachdem das Feuer ausgebrochen war, sie waren eingeschlossen. „Da habe ich mir ein paar Kollegen gerufen und dann haben wir eine Leiter geholt“, sagt Helfer Schehmus Mamadu. Er und seine Mithelfer seien hochklettert und hätten die Kinder dann nach unten weitergereicht, schildert er die Rettungsaktion in der „Aktuellen Stunde“ am Sonntag (29. September).

Einen Tag nach dem Ausbruch eines Brandes sind die Spuren des Feuers in dem Gebäude zu sehen.

Einen Tag nach dem Ausbruch eines Brandes sind die Spuren des Feuers in dem Gebäude zu sehen.

Ein 41 Jahre alter Mann soll die Brände in zwei Mehrfamilienhäusern im Norden der Ruhrgebietsstadt gelegt haben. Er sitzt seit Sonntag wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Polizei wollte er durch die Brände Menschen umbringen, die in dem Haus leben und seine Ex-Frau unterstützen. Die Trennung von ihr habe der Mann möglicherweise nicht verkraftet, hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mitgeteilt.

Essen: Zwei Kinder weiterhin in Lebensgefahr

Nachdem der Mann die Brände gelegt hatte, fuhr er nach Polizei-Angaben noch mit einem Lieferwagen gegen zwei Lebensmittelgeschäfte. Anschließend verschwand er mit einer Machete in einem der Läden. 

Auch hier war Zivilcourage entscheidend: Wie auf privaten Videoaufnahmen, die später auch im WDR ausgestrahlt wurden, zu sehen ist, hielten mehrere Männer, teils mit Schaufeln und Stangen in der Hand, den mutmaßlichen Täter in einem Hinterhof in Schach, bis die Polizei eintraf.

Sowohl Reul als auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) lobten das couragierte Verhalten dieser Menschen als auch der Nachbarn, die noch vor Eintreffen der Feuerwehr Bewohner aus dem brennenden Gebäude gerettet hatten.

Der 41-Jährige, der syrischer Staatsbürger ist, ist der Polizei wegen Bedrohung und Sachbeschädigung bereits bekannt. Die innenpolitische Sprecherin der oppositionellen SPD-Fraktion im Landtag NRW, Christina Kampmann, forderte eine detaillierte Aufklärung der Hintergründe. „Um wen genau handelt es sich? Hatte man den Tatverdächtigen auf dem Schirm oder sogar im Visier?“ Das alles müsse jetzt schnell aufgeklärt werden, um die notwendigen Schlüsse aus dem schrecklichen Fall ziehen zu können. (pst mit dpa)