„Aus diesem besonderen Anlass“Altkanzler Schröder und Ehefrau offenbar bei Vereidigung und Feier von Erdogan

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Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau So-yeon Schröder-Kim sitzen bei einer Veranstaltung.

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau Soyeon Schröder-Kim sitzen bei einer Veranstaltung. Am vergangenen Samstag waren sie offenbar als Gäste bei der Vereidigung des türkischen Präsidenten Erdogan geladen. (Archivbild)

Der türkische Präsident wurde am Samstag vereidigt. Auf der Gästeliste stand wohl auch der Erdogan-Freund Schröder, der zuletzt in die Kritik geriet.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat am Samstag seine dritte Amtszeit angetreten. Nach seiner Vereidigung im Parlament und einem Gala-Diner im Präsidentenpalast mit knapp 80 Staats- und Regierungschefs stellte Erdogan am späten Abend sein neues Kabinett vor. Überraschend auf der Gästeliste standen offenbar auch Altkanzler Gerhard Schröder und Ehefrau Soyeon Schröder-Kim, die auch ihren Geburtstag in Ankara feierte.

Altkanzler Gerhard Schröder und Ehefrau Soyeon Schröder Kim grüßen aus Ankara

Schröder-Kim, die am Samstag, 3. Juni – dem Tag von Erdogans Vereidigung – ihren 55. Geburtstag feierte, teilte am Sonntag ein Foto bei Instagram. Zu sehen sind sie und ihr Ehemann, Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), wie sie offenbar im Präsidenten-Palast in Ankara stehen. Schröder-Kim kommentierte den Beitrag mit Worten, die Raum für Interpretation lassen: „Herzliche Grüße aus Ankara. Das erste Mal meine Geburtstagsfeier in der Türkei und dann aus diesem besonderen Anlass!“ 

Unter den politischen Geladenen fanden sich hochkarätige Gäste wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan sowie Ungarns Regierungschef Victor Orban. Laut „Spiegel“ sind Altkanzler Schröder und Erdogan eng verbunden, und pflegen auch nach Ende der Kanzlerschaft 2005 den Kontakt. Schon 2018 reiste Schröder zur Präsidentenwahl Erdogans, damals sogar noch als Gratulant der Bundesregierung.

Seitdem hat sich das öffentliche Bild von Gerhard Schröder aber gewandelt: Der Altkanzler steht spätestens seit der russischen Invasion auf die Ukraine in der Kritik wegen seiner Nähe zu Wladimir Putin, dem Kreml und seinen Verstrickungen in Russland-Geschäften. Die SPD regte einen Parteiausschluss an, der aber zuletzt abgelehnt wurde. Der jetzige Besuch geht wohl eher auf die persönliche Verbundenheit zwischen Schröder und Erdogan zurück, nicht um einen Auftrag aus Deutschland.

Auch Soyeon Schröder-Kim war in die Kritik geraten: Die NRW-eigene Gesellschaft „NRW.Global Business“ hat sich von Soyeon Schröder-Kim getrennt. Die Gattin des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) war für das NRW-Unternehmen als Repräsentantin in Südkorea angestellt.

Vereidigung Erdogans: Große Zeremonie und Gesten mit Protesten der Opposition

Nach der Vereidigung und dem Festakt, legte der türkische Präsident Erdogan sein neues Kabinett fest: Neuer Außenminister wird demnach Geheimdienstchef Hakan Fidan, der angesehene Ökonom Mehmet Simsek wird Finanzminister.

Nach einem aggressiven Wahlkampf hatte sich Erdogan in der Stichwahl am vergangenen Sonntag mit 52 Prozent der Stimmen gegen den sozialdemokratischen Oppositionskandidaten Kemal Kilicdaroglu durchgesetzt. Bei seiner live vom Fernsehen übertragenen Vereidigung im Parlament schwor er am Samstag, seine Pflicht „unparteiisch zu erfüllen“.

Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan versammeln sich vor dem Präsidentenpalast, um den Wahlsieg zu feiern.

Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan versammeln sich vor dem Präsidentenpalast, um den Wahlsieg zu feiern.

Bei einer anschließenden Zeremonie im Präsidentenpalast rief er seine Gegner zur Versöhnung auf. Erdogan versprach bei der Vereidigung, nicht von der Rechtsstaatlichkeit und den säkularen Grundsätzen der vor 100 Jahren vom ersten Staatspräsidenten Mustafa Kemal Atatürk gegründeten Republik abzuweichen. Seine Anhänger erhoben sich nach der Vereidigung und applaudierten minutenlang. Einige Oppositionsabgeordnete weigerten sich hingegen, aufzustehen.

Türkischer Präsident Erdogan verspricht schnelle Hilfen für Opfer der verheerenden Erdbeben

Bei strömendem Regen begab sich Erdogan vom Parlament zum Mausoleum des Republikgründers Atatürk, wo er eine „neuen Ära“ ausrief und versprach, die nach dem verheerenden Erdbeben vom 6. Februar aus der betroffenen Region geflohenen Menschen „so schnell wie möglich nach Hause zu bringen“.

In seinem gigantischen Präsidentenpalast auf einem Hügel in Ankara hielt Erdogan anschließend eine überraschend versöhnliche Rede. „Lassen Sie uns die Ressentiments und den Ärger des Wahlkampfs beiseite legen“, sagte der Präsident. Er erwarte von der Opposition, „dass sie mit Verantwortungsbewusstsein für das Wohlergehen und die Demokratie der Türkei eintritt“. Erdogan forderte „die Parteien“, aber auch „Journalisten, Schriftsteller, die Zivilgesellschaft und Künstler“ auf, „sich mit dem nationalen Willen zu versöhnen“.

Die zehntausende Vertreter dieser Gruppen, die derzeit im Gefängnis sitzen, erwähnte er nicht. Mit seiner Frau Emine an seiner Seite versprach der 69-jährige islamisch-konservative Staatschef weiter, alle 85 Millionen Einwohner der „Türkei zu umarmen, unabhängig von ihren politischen Ansichten, ihrer Herkunft und ihrem Glauben (...)“. „Die Türkei braucht Einigkeit und Solidarität mehr denn je“, fügte Erdogan hinzu. (mab/afp)