Debatte um HitzerekordWie sich Boden-, Luft- und gefühlte Temperatur unterscheiden

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Ein Außenthermometer zeigt eine Lufttemperatur von knapp 40 Grad an. Die Bodentemperatur dürfte angesichts dieser Hitze und der Sonneneinstrahlung noch deutlich höher liegen. (Symbolbild)

Ein Außenthermometer zeigt eine Lufttemperatur von knapp 40 Grad an. Die Bodentemperatur dürfte angesichts dieser Hitze und der Sonneneinstrahlung noch deutlich höher liegen. (Symbolbild)

Wir erklären den Unterschied zwischen Boden-, Luft-, und gefühlter Temperatur. Wie wird gemessen und welche Angaben sind wichtig?

Der Süden Europas ächzt seit Tagen unter extremer Hitze. Wie heiß es in Spanien, Italien oder Griechenland genau sei – oder vielmehr: werden könnte – darüber entbrannte in den vergangenen Tagen eine Debatte. Auslöser waren Artikel von „Spiegel“ und „Tagesschau“ zu neuen Rekordtemperaturen in Europa, die letztlich korrigiert wurden. Sie bezogen sich auf einen Bericht der Weltraumagentur Esa.

Diese hatte in ihrer Prognose zur Hitze in Italien einerseits Vorhersagen zur Luft- andererseits zu Bodentemperaturen gemacht – und damit Verwirrung in gleich mehreren Redaktionen ausgelöst sowie Klimawandelskeptiker auf den Plan gerufen. Das Problem: Sie alle wussten die Angaben nicht sicher zu deuten.

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Deutung von Esa-Prognose löst Debatte um extreme Temperaturen in Italien aus

Bei den prognostizierten 48 Grad auf Sizilien – ein neuer Hitzerekord für Europa wäre bei tatsächlichem Eintreffen der Prognose möglich gewesen – ging es im Esa-Bericht tatsächlich um die erwartete Lufttemperatur auf Sizilien, und nicht wie fälschlicherweise von zahlreichen Medien angenommen „nur“ um die Bodentemperatur. Der Hitzerekord war tatsächlich möglich, die ganze Aufregung der Klimawandelleugner umsonst.

Dass jedoch seriöse Medien die zugegebenermaßen nicht ganz eindeutig formulierten Angaben der Esa nicht zu deuten wissen, führt zur Frage: Was genau ist der Unterschied zwischen Boden- und Lufttemperatur? Wie werden die verschiedenen Angaben gemessen und was sagen sie aus? Und dann gibt es ja noch die „Gefühlte Temperatur“…

Lufttemperatur: Unser Kompass für das Wetter

Zunächst zur Lufttemperatur: Sie ist die uns am meisten vertraute Angabe. Wer sich demnach in der App seines Vertrauens über die Wetterprognose für den kommenden Tag erkundet, findet dort auch Informationen zur erwarteten Lufttemperatur. Sie wird zwei Meter über dem Boden gemessen.

Physikalisch betrachtet ist die sie ein Maß für den Wärmezustand eines Luftvolumens. Dieser wird laut Deutschen Wetterdienst (DWD) „durch die mittlere kinetische Energie der ungeordneten Molekularbewegung in der Luft“ bestimmt. Angegeben wird die Lufttemperatur in der Meteorologie letztlich gemäß dem internationalen Einheitensystem in Kelvin [K], Grad Celsius [°C] oder Grad Fahrenheit [°F]. Celsius ist die weltweit gebräuchlichste Maßeinheit der Temperatur.

Je größer die mittlere Geschwindigkeit aller Moleküle in einem Luftvolumen ist, umso höher ist auch seine Lufttemperatur. Der bisherige Hitzerekord in Europa-Rekord beträgt 48,8 Grad und wurde im Sommer 2021 im sizilianischen Floridia gemessen.

Bodentemperatur: Wie sie gemessen und wovon sie beeinflusst wird

Die Bodentemperatur (auch Erdbodentemperatur genannt) ist die Temperatur in verschiedenen Bodentiefen unterhalb der Bodenoberfläche. Dort sind verschiedene Einflüsse maßgebend für dort gemessenen Werte, unter anderem die Vegetation auf dem Boden, die Strahlungsenergie, Niederschläge und Verdunstungsprozesse. Die Messtiefen für die Bodentemperatur sind laut dem DWD 5, 10, 20, 50, 100 Zentimeter Tiefe.

Die Bodentemperatur wird von der Lufttemperatur beeinflusst. Bodentemperaturen können bei extremer Hitze deutlich höher sein als die gemessene Lufttemperatur. Daraus ergab sich auch der (letztlich falsche) Vorwurf an den Artikeln der Medien, die den Esa-Bericht aufgriffen. Die Kritik: Mit Angaben zur Bodentemperatur werde Panik geschürt, die Lufttemperatur sei ja deutlich niedriger.

Klimawandel auch Bodentemperatur bemerkbar: Kontinuierlicher Anstieg in Köln

Der Boden heizt sich regelmäßig deutlich stärker auf als die Luft, so kam es – auch in Deutschland – bereits dazu, dass Asphalt schmolz. Dies passiert etwa ab einer Bodentemperatur von 50 Grad, die bereits bei einer Lufttemperatur von rund 30 Grad erreicht werden kann.

Die Wärmezufuhr erfolgt fast ausschließlich durch Sonneneinstrahlung, die Bodentemperatur unterliegt deswegen periodischen Schwankungen im Tages- und Jahresverlauf. Höhere Lufttemperaturen und zunehmende Sonnenscheindauer führten in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg der Bodentemperaturen.

Im jährlichen Mittelwert liegt die Bodentemperatur immer etwas höher als die Lufttemperatur. An der Messstation Köln/Bonn lag die Bodentemperatur in 5 beziehungsweise 50 Zentimetern laut dem Klimatlas des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) im Zeitraum 1991 bis 2020 um knapp ein Grad im Durchschnitt über der gemessenen Lufttemperatur.

Gefühlte Temperatur: Warum sie von der tatsächlichen Lufttemperatur so stark abweichen kann

Wer sich mit Wetterprognosen beschäftigt, findet zusätzlich zur Angabe der Lufttemperatur auch noch eine Angabe zur „Gefühlten Temperatur“. Diese kann sich durchaus von der gemessenen Lufttemperatur unterscheiden.

Das Temperaturempfinden des Menschen entspricht laut DWD der herrschenden Lufttemperatur, „aber nur, wenn man sich mit der Temperatur angemessener Kleidung bei mittlerer Luftfeuchtigkeit und Windstille langsam im Schatten bewegt. In der Sonne und bei hohem Wasserdampfgehalt der Luft empfindet man die Temperatur als höher, bei Wind – besonders im Winter – als geringer.“

Die „Gefühlte Temperatur“ steigt unter sommerlichen Bedingungen viel schneller als die Lufttemperatur an. Bei extremer Hitze kann dieser Wert insbesondere für ältere oder kranke Menschen deswegen entscheidend sein. Ist es jedoch kühl bei schwachem bis mäßigem Wind, kann sie auch unter die Lufttemperatur absinken.