StatistikAn diesen Oberberger Schulen fällt der meiste Unterricht aus

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Die Landtagsfraktion der SPD beklagt den Ausfall von Unterricht, unter anderem an der Waldbröler Gesamtschule. (Symbolbild)

Die Landtagsfraktion der SPD beklagt den Ausfall von Unterricht, unter anderem an der Waldbröler Gesamtschule. (Symbolbild)

Oberberg – „An den Schulen im ländlichen Raum fällt deutlich zu viel Unterricht aus“. Zu diesem Schluss kommt die Landtagsfraktion der SPD nach einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung zum Ausfall von Unterricht in den beiden Schuljahren 2018/2019 und 2019/2020.

Die Antwort darauf haben die Sozialdemokraten jetzt landesweit aufgearbeitet, Absender für Oberberg ist der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sven Wolf (Wahlkreis Remscheid/Oberbergischer Kreis III).

Statistik auf Grundlage von zweimal zehn Tagen

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„Wenn etwa an einer Hauptschule 8,1 Prozent des Unterrichts ersatzlos ausfällt, dann heißt das: Hat eine Schülerin oder ein Schüler 30 Stunden Unterricht in der Woche, fallen im Schnitt zwei Stunden aus“, nennt Wolf ein Beispiel. „Wie sollen da Lernziele erreicht werden?“ Jede Stunde, die wegfalle, sei eine Stunde zu viel, sagt die SPD, die für den Kreis weiterführende Schulen mit einer Ausfallquote von mehr als fünf Prozent hervorhebt: Dazu gehören in den beiden Zeiträumen von insgesamt 28 weiterführenden Schulen fünf.

Dazu zählt mit einer Quote von 6,8 Prozent im Schuljahr 2019/2020 die städtische Gesamtschule in Waldbröl, deren Leiterin Kirstin Walbaum-Buchholz verärgert ist, weil der Statistik für 2019/2020 zwei Erhebungsphasen von jeweils zehn Tagen zugrunde lägen, die alles andere als repräsentativ seien. „In der einen Woche standen vor den Ferien die Zeugniskonferenzen an, da haben wir die Schultage verkürzt“, sagt sie.

Mitteilung zu diesem Zeitpunkt besonders schädlich

„In der anderen Wochen waren Klassen- und Jahrgangsstufenfahrten, sodass für die verbliebenen Kurse und Klassen natürlich weniger Kollegen zur Verfügung standen.“ Wirklichen Ausfall habe es nur 2018/2019 geben – im Fach Religion. „Was nicht heißt, dass wir die Kinder nach Hause geschickt hätten, im Gegenteil.“

Einen Lehrkräftemangel gebe es am Höhenweg übrigens nicht, sagt Wallbaum-Buchholz: „Wir sind mit Personal vollausgestattet und kommen bestens hin.“ Sie kritisiert die Landes-SPD: „Ausgerechnet in der Zeit der Neuanmeldungen eine solche Mitteilung auf den Weg zu bringen, ist mehr als leichtfertig, das fügt den Schulen Schaden zu.“

Referendare eingerechnet, auch wenn keine da sind

Ebenfalls Erwähnung findet die Waldbröler Realschule mit Quoten von 7,2 und 7,5 Prozent. „Das kommentiere ich nicht“, stellt Leiterin Christa Sostmann klar. Und mit zunächst 8,1 und zuletzt 7,5 Prozent ist zudem die Marienheider Gesamtschule erfasst. Leiter Wolfgang Krug macht fehlende Lehrkräfte dafür verantwortlich: „Um 100 Prozent Leistung liefern zu können, müssen wir bei der Lehrerausstattung über 100 Prozent hinauskommen.“

Seit langer Zeit liege seine Schule knapp über 100 Prozent, den Personalbestand für die ausgewerteten Jahre beziffert er auf höchstens 99 Prozent. Hinzu komme, dass Referendarinnen und Referendare pauschal in den Bestand hineingerechnet würden – egal, ob sie da sind oder nicht, „also egal, ob es gerade Referendare an der Schule gibt, oder nicht“.

Hollenberg-Gymnasium Waldbröl nur knapp über Grenzwert

Ein weiterer Makel an der Statistik sei, so Krug, dass zusätzliche Stellen, die Schulen als Mittel gegen Ausfälle zugewiesen werden, bei der Berechnung der 100 Prozent keine Anrechnung finden. In Marienheide waren das laut Krug zweieinhalb Stellen, was etwa drei Prozent des Bedarfs entspreche. „Uns ist die Stundentafel heilig: Selbst wenn Reduzierungen nötig wären, sehen wir davon ab. Aber dann ist die Personaldecke sehr kurz, häufen sich Krankheitsfälle.“

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Frank Bohlscheid, Direktor des Hollenberg-Gymnasiums in Waldbröl, rät ebenso dazu, dieses Zahlenwerk mit Vorsicht zu betrachten. Seine Schule dokumentiere Ausfälle mit größter Sorgfalt. „Doch fußen unsere Werte ebenfalls auf einem ungünstigen Zeitraum“, bestätigt er seine Kollegin Wallbaum-Buchholz von der Gesamtschule. Das Gymnasium liegt mit einer Quote von 5,1 Prozent für das Schuljahr 2019/2020 nur einmal leicht über dem von der SPD deklarierten Grenzwert. „Ursache dafür ist der Mangel an Kollegen: Wir sind nicht vollbesetzt.“

Schulen erfassen Ausfälle wöchentlich

Die Schulen sind verpflichtet, Ausfallzeiten wöchentlich zu erfassen, ohne die Gründe dafür festzuhalten. Zweimal im Schuljahr, jeweils für zehn zufällig zugeteilte Tage, müssen sie solche Ausfälle nicht nur registrieren, sondern auch genau dokumentieren.

Nur diese Dokumentationen sind wohl als Grundlage für die Erhebung genutzt worden. Von 28 weiterführenden Schulen insgesamt lagen fünf in beiden Jahren über dem „Grenzwert“ der SPD, 17 lagen in keinem der Zeiträume über fünf Prozent.

Insgesamt sind in NRW nach Angaben von SPD-Mann Sven Wolf 2018/2019, also im letzten Schuljahr vor der Corona-Krise, rund 3,3 Millionen Stunden ausgefallen. „Für die besonders kritische Pandemie-Zeit liegen uns keine Daten vor.“ Doch zeige das vorliegende Datenmaterial bereits, dass die schwarz-gelbe Landesregierung mit dem Versprechen einer Unterrichtsgarantie gescheitert sei.