„Ich wurde massakriert“Angeklagter wird nach Streit in Waldbröl freigesprochen

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Symbolbild

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Waldbröl – „Ich wurde nicht einfach geschlagen, ich wurde massakriert“, sagte ein 60-Jähriger vor dem Waldbröler Schöffengericht. Noch heute könne er nur zerkleinerte oder pürierte Nahrung zu sich nehmen. Dennoch wurde der 37-Jährige, der im selben Haus wohnt und dem die Staatsanwaltschaft den Angriff zum Teil vorwarf, nach einer rund viereinhalbstündigen Verhandlung jetzt freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihn angeklagt, mit einem weiteren Hausbewohner, der in Polen inhaftiert ist, den 60-Jährigen im Januar zunächst in den Bauch getreten, dann weiter geschlagen und getreten und dadurch schwer verletzt zu haben. Der Angeklagte berichtete, dass der Mann an seiner Tür geklopft habe, weil ihm die Musik zu laut gewesen sei.

Streit wegen Corona-Tests

Gleich darauf habe es Streit wegen eines Corona-Tests gegeben, den der 60-Jährige verweigert habe. Bei der Rangelei habe er ihn in den Bauch getreten, um die Tür schließen zu können. Dann sei er ins Wohnzimmer zurückgekehrt und habe die Musik noch lauter gedreht.

Später habe ihn ein Mitbewohner auf das Blut im Flur aufmerksam gemacht. Da er betrunken gewesen sei, habe er einen anderen geweckt, damit der nachsieht, was passiert ist. Der sagte vor Gericht, er habe den 60-Jährigen im Obergeschoss schnarchen gehört und gedacht, es sei alles in Ordnung.

Vier Monate krankgeschrieben

Der Angeklagte schilderte, dass er Angst vor seinem inhaftierten Mitbewohner habe. Er denke, dass der sich mit dem 60-Jährigen geschlagen habe, während er schon wieder im Wohnzimmer gewesen sei. Zwei Polizistinnen berichteten, dass die ganze Wohnung nach Alkohol gerochen und der 60-Jährige deutliche Verletzungen am Hals und im Gesicht gehabt habe. Wegen mehrerer Frakturen soll er zwei Wochen in einer Bonner Klinik gelegen haben und vier Monate krankgeschrieben gewesen sein.

Ein Gutachter, der den 60-Jährigen am Tag nach dem Vorfall untersucht hatte, berichtete von mehr als zehn Gewalteinwirkungen auf den Kopf, die aufgrund ihrer Intensität teils nur durch Tritte zustande gekommen sein könnten. „Fest steht, dass der Geschädigte schwerste Verletzungen erlitten hat“, sagte die Staatsanwältin. Da sie aber die Tat nicht eindeutig dem Angeklagten zuordnen konnte, plädierte auch sie auf Freispruch.

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Der Vorsitzende Richter Carsten Becker folgte dem Antrag: „Der Hergang war nicht aufzuklären.“ Der Tritt in den Bauch sei unstrittig, doch da habe es keine Verletzungsfolgen gegeben. An den Angeklagten gerichtet sagte er aber: „Es ist ihnen moralisch vorzuwerfen, dass Sie keinen Arzt gerufen haben.“