S-BahnUneinigkeit könnte den Bau des zweiten Gleises der S11 in Bergisch Gladbach gefährden

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Eine S-Bahn fährt über den Gleisübergang.

Der Bau des zweiten Gleises für die S11 stellt die Planer vor Herausforderungen.

Warum der Geschäftsführer von Go.Rheinland so skeptisch auf die Kommunalpolitik schaut und was Bergisch Gladbach für das zweite Gleis tun kann.

Was der Stadt Bergisch Gladbach beim geplanten S-Bahn-Ausbau drohen könnte, benennt Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer des zuständigen Zweckverbands Go Rheinland GmbH, beim Pressegespräch mit dieser Zeitung glasklar: „Alle, die nicht geeint auftreten, bei denen können Projekte über Jahre ins Stocken geraten.“

Reinkober meint damit nicht den Ausbau der Gleise; dies wollen alle Entscheider in der Stadt. Es geht um ein Ersatzangebot für den Autoverkehr, wenn der Bahnübergang Tannenbergstraße nach Bau des zweite Gleises geschlossen wird. Wird eine neue Straße in Richtung Stadtmitte gebaut oder ein Tunnel, eine Hochstraße oder noch etwas anderes? Das ist offen bislang.

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 fehlten Millionen an Euro für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, sagt Reinkober. Schon im November habe er den nächsten Gesprächstermin im Anhörungsverfahren mit dem Eisenbahn-Bundesamt. Und bis dahin müsse die Stadt die noch offene Verkehrsfrage entscheiden und sagen, welche alternative Verkehrsplanung sie als Ersatz nach der Schließung des Bahnübergangs an der Tannenbergstraße angehen möchte.

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Norbert Reinkober steht vor einem Bildschirm.

Norbert Reinkober sprach über das Vorgehen bei der S11 mit dieser Zeitung. (Archivfoto)

In einer Sondersitzung des Verkehrsausschuss am 1. Oktober wird Reinkober über Ergebnisse und Vorschläge einer Machbarkeitsstudie zur Bahnübergangsschließung informieren. Es wird eine der wichtigsten Sitzungen dieses Gremiums werden und die Verkehrsplanung der Stadt in den kommenden Jahrzehnten maßgeblich beeinflussen.

Die Stadt in Person des Beigeordneten Ragnar Migenda (Grüne) werde vorab informiert werden über Vorschläge, über Migenda sollen Informationen in Richtung Politik gehen. Notfalls könne auch einige Tage später noch entschieden werden, falls in den Fraktionen beraten werden müsse. Aber im Monat Oktober müsse eine Entscheidung her. Ein Vertagen bedrohe das Gladbacher Bahnprojekt. Ob dabei ideologische Aspekte der Fraktionen bedeutsam werden könnten, wolle er nicht beantworten, so der Geschäftsführer.

Kommunalwahlkampf könnte Gleisbau in die Quere kommen

Reinkobers dringende Mahnung an die Politiker: Sollten sich die Gladbacher Verkehrspolitiker nicht verständigen, könnten andere Verkehrsprojekte in Deutschland an der Kreisstadt vorbeiziehen und der Gleisbau hinten runterfallen. Der Bund werde Prioritäten setzen müssen. Dabei laufe das bisherige Verfahren bislang „sensationell schnell“, auch im Verfahren der Planfeststellung sei das so. Da gebe es wenige Eingaben, und mit den Naturschutzverbänden habe die Bahn vorab intensiv zur Gleisführung durch das Naturschutzgebiet in Thielenbruch gesprochen.

Für Bergisch Gladbach erinnert Reinkober an die jetzige Situation. „Bergisch Gladbach ist eine Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern, und sie hat keinen direkten Anschluss an das überregionale Bahnnetz.“ In der Sondersitzung werde er den Politikern die Machbarkeitsstudie erläutern und auch die Vorschläge, die die Planer ausgearbeitet hätten. Auf Nachfrage sagt Reinkober, dass er zunächst mit der Politik über die Studie sprechen wolle. Aber er befürchte, dass im anstehenden Kommunalwahlkampf 2025 das Projekt in politisch gefährliche Fahrwasser kommen könnte.

Bergisch Gladbachs Politik könnte Gleisbau blockieren

Ein mögliches Szenario: Die eine Seite für eine Ersatzstraße, die anderen dagegen – auf diese Weise könnte es tatsächlich zu einer politischen Blockade kommen und die Stadt plötzlich mit leeren Händen dastehen. Reinkober selbst betont mehrmals im Pressegespräch, dass das Projekt bei keiner Verständigung auf der Kippe stehen könnte.

Andere offene Fragen beim Bau des zweiten Gleises sind für den Geschäftsführer weniger schwierig. Die Frage, wo nachts die in Bergisch Gladbach übernachtenden S-Bahnen abgestellt werden- dies sei zu lösen. Der über mehr als ein Jahr andauernde Schienenersatzverkehr mit Bussen nach Dellbrück nach Baubeginn – auch keine entscheiden Hürde. Logistikflächen in Köln in Nähe des Musical Domes am Bahnhofs – machbar für die Beteiligten. Entscheidend sei die Botschaft, die an die Entscheider beim Eisenbahn-Bundesamt gehe. Ohne eine Verständigung, fraktionsübergreifend, könnte das Projekt in schwierige Fahrwasser geraten.

Niemand weiß, wie lange der Gleisbau dauern wird

Eine andere Frage ist die nach der Zeit. Wie lange es mit dem zweiten Gleis dauere, könne niemand verlässlich sagen, auch er nicht. Sobald das Eisenbahn-Bundesamt die Verfahren zur Planfeststellung abgeschlossen habe, sei eine wichtige Etappe genommen. Dann erst könne er möglicherweise eine Jahreszahl benennen.

In Bergisch Gladbach wird seit über drei Jahren debattiert, wie die Schließung des Bahnübergangs an der Tannenbergstraße kompensiert werden kann. Ein erster Beschluss sah vor, eine neue Erschließungsstraße ab Buchholz-/Mülheimer Straße über das Gewerbegebiet Gleisdreieck/Am Kuhlerbusch in die Stadtmitte zu führen.

Die neue Machbarkeitsstudie stellt diesen Beschluss auf den Prüfstand und sucht nach anderen Lösungen: mit verstärktem Blick auf den ÖPNV und die Nutzung des Stadttunnels. In einem Gutachten der Deutschen Bahn zur Verkehrssituation empfahlen Planer, eine Fußgängerampel an der Stationsstraße aufzubauen, schon dies sorge für besseren Fluss der Verkehre; dies wies die Stadt als untauglich zurück. Unbestritten ist, dass eine verkehrliche Ergänzung kommen muss. Ansonsten stehe die Stadt in wenigen Jahr im Dauerstau, der Verkehr werde zum Erliegen kommen.