Für mehr sexuelle VielfaltHürther hofft auf mehr Toleranz in der Kirche

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Auf die Reformierbarkeit der Kirche hofft Thomas Spinrath, hier vor der Martinuskirche in Fischenich, in der er Messdiener war. 

Hürth – Thomas Spinrath war schon an dem Punkt, an dem er geglaubt hat, der Kampf für eine offene Kirche, in der sich Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität aufgehoben fühlen können, sei aussichtslos.

Doch dann erinnerte sich der 25-jährige Hürther, der sich viele Jahre lang ehrenamtlich als Gruppenleiter in der Kolpingjugend eingesetzt hat und inzwischen in Flensburg studiert, an die Osterbotschaft: „Karfreitag ist der Tiefpunkt, da scheint alles verloren. Aber Karfreitag ist nicht das Ende.“

Zeichen für sexuelle Vielfalt

Spinrath gehört zu den 125 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der katholischen Kirche, die sich im Januar im Rahmen der Initiative „Out in Church“ als „queer“ geoutet haben und damit ein Zeichen für sexuelle Vielfalt setzen wollten. Sie fordern, dass sich queere Menschen in der Kirche offen zu erkennen geben können und nicht Stigmatisierung, den Ausschluss von kirchlichen Sakramenten oder sogar die Kündigung fürchten müssen.

„Ich persönlich habe in Hürth nie erlebt, dass queerfeindlich gepredigt wurde“, sagt Spinrath, der als Messdiener in der Gemeinde angefangen und später Jugendgruppen, Ferienfreizeiten und Firmvorbereitungen geleitet hat. Aber die offizielle Haltung der Kirche sei allen klar, und deshalb seien queere Menschen in der Gemeinde praktisch nicht zu sehen gewesen, obwohl es sie natürlich gegeben habe. Auch er selbst habe befürchtet, ausgegrenzt zu werden und sich viele Jahre lang versteckt.

Kirchliche Angebote von stereotypen Rollenbildern geprägt

Auch die kirchlichen Angebote seien von stereotypen Rollenbildern geprägt. „Ich würde zwar nicht sagen, dass Regenbogenfamilien vom Familienwochenende ausgeschlossen sind. Sie werden aber auch nicht aktiv eingeladen.“ Das gelte auch für die kirchlichen Jugendgruppen und mache es manchen Kindern und Jugendlichen schwer, sich dort wohlzufühlen.

Inzwischen versteckt sich Spinrath nicht mehr, auch, um den Jugendlichen authentisch ein anderes Rollenbild vorzuleben. Bei seinen Ferienfreizeiten werde nicht mehr „Mädchen gegen Jungs“ gespielt, auch die Zimmer würden nicht mehr rein nach Geschlechtern aufgeteilt. In der Kolpingjugend hat Spinrath in einem Workshop über „queere Geschichten des Christentums“ gesprochen und zahlreiche Stellen aus dem Alten Testament angeführt. „Nirgendwo in der Kirche war das Thema.“ Die kirchliche Lehrmeinung sei queerfeindlich, nicht aber das Christentum selbst. Spinrath: „Jesus hat eine radikale Botschaft der Liebe verkündet.“

Die Basis in den Gemeinden sei weiter als der Vatikan

Hoffnung macht ihm, dass das Echo auf die größere Offenheit in der Jugendarbeit sehr positiv gewesen sei. Auch zur Kampagne „Out in Church“ habe er viele zustimmende Rückmeldungen erhalten. „Ich hätte mit viel mehr Gegenwind gerechnet“, sagt Spinrath. Die Basis in den Gemeinden sei meist viel weiter als die Bischöfe und der Vatikan. Das habe sich auch vor einem Jahr gezeigt, als der Vatikan verlautbart habe, dass homosexuelle Partnerschaften nicht den Plänen Gottes entsprächen – danach wehten auch in Hürth die Regenbogenfahnen von allen Kirchtürmen.

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Dennoch sei es noch ein weiter Weg, bis das Geschlecht keine Rolle in der Kirche mehr spiele und sich auch queere Menschen dort frei entfalten können. Priesterweihe für alle Geschlechter und ein Ende des Pflichtzölibats seien mögliche Zwischenschritte. „Dabei kommen wir nicht darum herum, die alten Machtstrukturen aufzubrechen“, meint Thomas Spinrath. Dann dürfe auch die Kirche auf eine Auferstehung hoffen.